Duisburg. .
Fast vier Jahre nach den brutalen Mafia-Morden von Duisburg ist der mutmaßliche Drahtzieher Giovanni Strangio zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. Holger Haufmann, der die Ermittlungen leitete, ist erleichtert über das Urteil.
Es war wohl die Kombination aus deutscher Gründlichkeit, fantasievollen Ermittlern und der Härte italienischer Rechtsprechung, die Giovanni Strangio als den Hauptverantwortlichen der Duisburger Mafia-Morde jetzt lebenslang hinter Gitter brachte. Frühestens nach 20 Jahren kann er mit Hafterleichterung rechnen, jedoch nach zehn Jahren den Prozess überprüfen lassen, heißt es in Italien.
Erleichtert über das Urteil in Italien zeigte sich am Dienstag auch Kriminaldirektor Holger Haufmann, der die Ermittlungen leitete. Er kann sich noch gut an die Reaktionen erinnern, als er sich schon kurz nach den Morden optimistisch zeigte: „Viele haben damals geschmunzelt, als ich sagte: Wir werden sie kriegen.“
So einfach, wie das heute klingt, war es nicht. Aufzuklären, was in der Nacht zum 15. August in der Einfahrt neben dem Restaurant „Da Bruno“ geschehen war, wer die Täter waren und welche Hintergründe das hatte, war die Aufgabe von rund 100 Ermittlern. Unterstützung kam aus Italien, wo den Behörden sehr schnell die Hintergründe klar waren: Eine seit Jahren schwelende Familienfehde zweier verfeindeter Clans aus San Luca. Und beide Seiten waren Mitglieder der Mafia-Organisation ‘Ndrangheta.
Im Clio wurden Schmauchspuren und DNA gefunden
„Der Wendepunkt bei den Ermittlungen kam, als wir wussten, welches Tatfahrzeug benutzt worden war.“ Die Videos einer Überwachungskamera zeigte ein Auto, das kurz hintereinander zur Tatzeit zweimal die Danziger Straße befuhr. „Aber es war nur schemenhaft zu erkennen.“ Die Ermittlungen schienen in eine Sackgasse zu geraten. „Bis ein Kollege einen phänomenalen Einfall hatte“, erinnert sich Haufmann.
So wurde nachts die Danziger Straße gesperrt. Mit allen Fahrzeugen, die dem Schemen ähnelten, wurde mit gleicher Geschwindigkeit an der Kamera vorbeigefahren. Die Aufnahmen wurden verglichen. Schließlich brachte der Hinweis eines Scheinwerfer-Herstellers die Beamten auf die richtige Spur: „Einen solchen Scheinwerfer-Kegel produzieren nur ausländische Fahrzeuge.“
Am Ende kamen nur ein Alfa A 147 oder ein neuer Renault Clio in Frage. „Und so ein Fahrzeug hatte sich Giovanni Strangio vor der Tat geliehen.“ Gefunden wurde er einige Monate später im belgischen Gent. Die Spurensicherung fand, was nun als Indiz vor Gericht den Ausschlag gegeben habe: „DNA von Giovanni Strangio sowie Schmauchspuren. Von da an hatten wir keinen Zweifel mehr.“ Zusammen mit allen anderen Indizien reichte es den Richtern in Italien für das Urteil „Lebenslang“.
Erstes Opfer 1985
Mit den Morden von Duisburg wurde eine Familienfehde innerhalb der ‘Ndrangheta erstmals außerhalb von Italien fortgeführt. Den Berichten nach begannen die Streitigkeiten mit einer eigentlichen harmlosen Auseinandersetzung. Es waren nicht die ersten Todesopfer der Mafia: 1985 wurde der Gaststättenbesitzer Rudolf M. im Auftrag des als „Engelsgesicht“ bekannt gewordenen Mafia-Mörders Giorgio Basile geknebelt, gefesselt und beraubt, in dessen Folge er starb.
Strangio verbringt die ersten drei Jahre in Isolationshaft
Die beiden Schwestern Strangios sind wegen Unterstützung der Mafia bereits zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Ein Arbeitskollege von Strangio aus der Pizzeria in Kaarst wurde zu 15 Jahren verurteilt, weil bei ihm eine Waffe – nicht die Tatwaffe – gefunden worden war. Der junge Mann, der wenige Wochen nach der Tat in Oberhausen festgenommen worden war, ist laut Holger Haufmann freigesprochen worden. Strangio wird die ersten drei Jahre seiner Strafe in Isolationshaft verbringen. Gegen zwei weitere mutmaßliche Duisburger Täter wird noch verhandelt.
„Ich bin stolz auf alle Kollegen. Sie haben phänomenal durchgehalten“, sagt Holger Haufmann, der die Bezeichnung „Chefermittler“ nicht mag.