Duisburg. Der ägyptische Student Mohammed Shehab verfolgt die Revolution in Kairo über das Internet. Eigentlich müsste er für Klausuren lernen, doch die Geschehnisse lassen ihm kaum Ruhe. Er macht sich Sorgen um seine Großmutter, die mitten in Kairo wohnt.
Mohammed Shehab sitzt im Studentenwohnheim an der Ruhrorter Straße. Die Wände seines Zimmers zieren Papyrus-Bilder, eine Ägyptenkarte klebt daneben. Ununterbrochen verfolgt er den Live-Stream von Al-Dshasira. Gleichzeitig tippt er Nachrichten bei Facebook, um seine Online-Freunde über die neueren Entwicklungen zu informieren. Shehab ist in Abu Dhabi aufgewachsen, hat aber einen ägyptischen Pass. In zehn Tagen schreibt der angehende Ingenieur Klausuren. Eigentlich sollte er lernen. Doch konzentrieren kann er sich kaum.
"Ich würde auch auf die Straße gehen."
„Es ist eine sehr schwierige Zeit“, erklärt der 20-Jährige, der vor drei Semestern nach Duisburg kam, weil der Studiengang teilweise auf Deutsch und Englisch angeboten wird. Seine Familie wohnt in Abu Dhabi, doch seine Schwester machte gerade Urlaub in Ägypten, als die Unruhen begannen. Seine Großmutter wohnt direkt im Zentrum von Kairo. „Ich mache mir Sorgen.“ Doch die alte Dame möchte nicht weichen, nicht, wenn so etwas Historisches vor ihren Augen passiert. „Die Nachbarn schauen regelmäßig nach, wie es ihr geht und die Menschen tun sich zusammen, um die Häuser zu bewachen, vor Plünderern zu schützen.“ Er ist sich sicher: „Wäre ich jetzt in Ägypten, würde ich auch auf die Straße gehen.“
Diskussionen via Facebook
Mit seinen Freunden aus aller Welt, führt er via Facebook Diskussionen, was in der Situation jetzt zu tun ist. Es gebe kaum jemanden, der für Mubarak sei, ist der Student, der sich gut vorstellen kann, nach seinem Ingenieurstudium noch einmal ein paar Semester Politikwissenschaften dran zu hängen, überzeugt. „Die, die für Mubarak auf die Straße gehen, wurden bezahlt, damit sie Chaos anrichten“, vermutet Mohammed Shehab. Doch es gebe immer wieder Bekannte, die nun Mitleid mit dem Noch-Präsidenten haben und ihm die acht Monate Zeit geben wollen, um sich von seinem Amt zu verabschieden. „Mubarak hatte all die Jahr kein Mitleid mit den Menschen in Ägypten. Es gibt so viele arme Menschen, die unter der Situation im Land leiden. Er muss sofort gehen und die Revolution wird so lange dauern, bis er weg ist.“ Er hat viele Diskussionen geführt und sich von einigen, die Mubarak doch noch die Treue halten, distanziert.
Die nächsten Klausuren stehen an
Mit den deutschen Kommilitonen spricht er nur selten über die Konflikte in Ägypten. „Ich habe einige deutsche Freunde, aber momentan geh’ ich kaum noch raus. Wenn ich nicht lerne, halte ich übers Internet den Kontakt zu Bekannten in Ägypten.“ Die nächsten Klausuren muss er auf Deutsch schreiben. Der Professor will ihn zu Mikroprozessoren prüfen. Dabei interessiert ihn die Weltpolitik gerade so viel mehr. Es hilft nichts, also paukt er stur auswendig.
Für gewöhnlich fliegt Mohammed Shehab zweimal im Jahr nach Ägypten. Im März soll es wieder so weit sein. Von diesen Plänen will er auch nicht abrücken. „Die nächste Zeit wird hart für Ägypten. Aber wenn Mubarak erstmal weg ist, können wir wieder bei Null anfangen.“