Duisburg. .
Fünf Millionen Stürze von älteren Menschen ereignen sich jährlich bundesweit. Das Gemeinschaftsprojekt "Sicher und mobil in Duisburg" bietet in Kooperation mit den Sportvereinen der Stadt nun Koordinationkurse an, um diesen vorzubeugen.
Die Damen und Herren marschieren im Sitzen. Vom Band läuft beschwingte Musik. Und Kursleiterin Irene Dammrose mahnt: „Die Füße ein bisschen höher“.
In der Turnhalle des Altenzentrums St. Elisabeth wird nicht einfach nur geturnt. Hier geht es um die Förderung von Sicherheit, Selbstständigkeit und Mobilität, vor allem um die Verhinderung von Stürzen. Und geschwitzt wird auch, obwohl die Teilnehmer weniger Ballonseide denn Seidenstrümpfe tragen.
Zwölfstündiger Schnupperkurs
Das Gemeinschaftsprojekt „Sicher und mobil in Duisburg“ des Stadtsportbundes und der Novitas BKK in Kooperation mit Duisburger Sportvereinen will sukzessive Senioren im ganzen Stadtgebiet erreichen. Mit Kursen, die genau auf diese Zielgruppe abgestimmt sind. Ein zwölfstündiger Schnupperkurs in den jeweiligen Einrichtungen zeigt Bewohnern und Mitarbeitern, welche Übungen wichtig sind, damit die Gruppen später allein oder mit den Sportvereinen vor Ort weiter üben können.
Verena Kieren, Diplom-Sozialpädagogin im Meidericher Altenzentrum, ist sicher, dass man mit einer gestärkten Muskulatur, einem besseren Koordinations- und Balancegefühl Stürze verhindern kann. Im Alter sei die Angst vor dem Fallen ein großes Thema, „deshalb war es auch nicht schwer, die Bewohner für das Angebot zu gewinnen“. Im Rhythmus der Musik tanzen die Füße über einen Ring am Boden - Koordinationstraining für Körper und Geist.
Für Holger Frank Russ von der BKK Novitas ist es schon ein Gewinn, wenn ein Teilnehmer wieder allein aufstehen kann, oder nicht mehr automatisch in den Aufzug steigt, sondern die Treppe benutzt. „Die Übungen sollen im Alltag funktionieren und übernommen werden“, erklärt er.
Mit einem Pappteller halten die Teilnehmer einen Luftballon in der Luft, schlagen ihn sich gegenseitig zu, nehmen auch mal als Kopfball an. Und Irene Dammrose lobt: „So, jetzt seid ihr lecker warm.“
Jährlich rund fünf Millionen Stürze
Im Kurs sitzen Mitglieder aller Kassen. Die Investition der BKK Novitas lässt sich nicht in unmittelbaren Gewinn umrechnen. „Es rechnet sich aber für den Einzelnen“, sagt Russ. In Deutschland würden sich jährlich rund fünf Millionen unbeabsichtigte Stürze von älteren Menschen ereignen. 200 000 bis 250 000 Menschen erlitten dabei einen Knochenbruch. Die Kosten der Behandlung einschließlich der oft resultierenden Pflegebedürftigkeit wird in Studien auf zwei Milliarden Euro geschätzt. Dagegen nehmen sich die Kosten für Sturzprophylaxe-Kurse gering aus. Der Spaßfaktor ist ohnehin höher.
Das bestätigt auch Marianne Rüping. Die 72-Jährige fühlt sich gut: „Es macht viel aus, fit zu sein und rege im Kopf.“ Da nickt Reiner Döritz (63), der gegen seine Behinderung fast täglich mit Gymnastik aktiv angeht. Elisabeth Retza (83) und Elsbeth Hesselmann (85) passen sich gegenseitig den Ballon zu und lachen sich dabei fast schlapp. Ob sie sich gleich ganz entspannt auf ein Tässchen Kaffee freuen? „Nix da, wir gehen erst zur Krimilesung“, sagt Frau Hesselmann und fischt den Ballon vom Boden auf. Weiter geht’s!