Duisburg. .
Nach der Katastrophe auf der Loveparade fordern Politiker den Rücktritt des Duisburger OB Sauerland (CDU) und des Ordnungsdezernenten Rabe. Die CDU will eine Untersuchungskommission. Sauerland selbst lehnt einen Rücktritt derzeit ab.
Politiker der Partei Die LInke und der Grünen forderten am Montag den Rücktritt des Duisburger Oberbürgermeisters Adolf Sauerland und seines Sicherheitsdezernenten Wolfgang Rabe als Konsequenz aus der Loveparade-Katastrophe. Bei einer Massenpanik am Rande des Festivalgeländes waren am Samstag und Sonntag 19 Menschen gestorben, mehr als 500 wurden zum Teil schwer verletzt. Am Montagabend bestätigte die Polizei ein weiteres Todesopfer. Deren Zahl erhöht sich somit auf 20. Sauerland selbst wandte sich am Nachmittag in einer Erklärung an die Öffentlichkeit. Darin bedauert er den Vorfall, spricht den Familien der Opfer sein Beileid aus und versichert, dass die Stadt alles tun werde, um die Tragödie aufzuklären: „Wenn sich die Stadt etwas vorzuwerfen hat, dann werden wir Verantwortung übernehmen.“ Zunächst, so Sauerland, seien jedoch noch Ermittlungen nötig. Die Forderungen nach seinem Rücktritt als persönliche Konsequenz könne er zwar verstehen: „Und dennoch müssen wir uns die Zeit nehmen dürfen, zunächst die schrecklichen Geschehnisse aufzuarbeiten.“
Gleichzeitig zieht sich der Duisburger OB momentan ein stückweit aus der Öffentlichkeit zurück. Im Rathaus habe er sich am Montag ziemlich verschanzt, berichten Mitarbeiter. Und wer Sauerlands Internetseite aufruft, blickt momentan nur noch auf einen schwarzen Bildschirm. Eine Google-Suche nach dem Namen des Stadtoberhaupts verspricht zwar noch, der Duisburger Oberbürgermeister „stellt sich vor und informiert über die Ziele seiner Politik“. Nach dem Klick bleibt aber nur der Blick ins Pechschwarze: http://www.adolf-sauerland.de/
„Ohne geeignetes Konzept“
Der Grünen-Bezirksverband Ruhr begründet seine Rücktrittsforderung mit offenkundigen Mängeln bei der Organisation des Techno-Festivals: „Es ist unübersehbar, dass die Loveparade ohne ein geeignetes Sicherheitskonzept durchgeführt worden ist“, heißt es. Und weiter: „Oberbürgermeister Sauerland und Ordnungsdezernent Rabe tragen die politische und moralische Verantwortung. Ein weiterer Verbleib beider im Amt ist für uns nicht vorstellbar.“
Darüber hinaus fordern die Grünen eine „rückhaltlose politische Aufklärung“ aller Geschehnisse im Vorfeld, während und nach der Loveparade. Das müsse „die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ergänzen, die die Geschehnisse allein juristisch aufarbeiten können.“ Als weiter reichende Konsequenz aus der Tragödie vom Wochenende regen sie eine Diskussion an, die Erarbeitung eines Sicherheitskonzepts und die Genehmigung großer Veranstaltungen verbindlich an die Zustimmung der Polizei zu knüpfen. Der Duisburger Sprecher der Grünen, Matthias Schneider, sagte: „Wir können uns nicht vorstellen, dass Adolf Sauerland und Wolfgang Rabe in ihren Ämtern bleiben.“
Massive Kritik an Planung
Auch die Duisburger Landtagsabgeordnete Anna Conrads und Marc Mulia, Mitglied im NRW-Landesvorstand der Partei Die Linke, fordern in einer gemeinsamen Erklärung Sauerland und Rabe zum Rücktritt auf. Sie trügen die politische Verantwortung für das Sicherheitskonzept, das Conrads und Mulia massiv kritisieren: Erstens fasse das Gelände am alten Güterbahnhof bestenfalls 500.000 Gäste, laut Planungsdezernent Jürgen Dressler habe sogar nur eine Genehmigung für 250.000 Besucher vorgelegen – während jedoch schon seit Wochen mindestens eine Million Menschen erwartet worden seien. Zweitens hätte im Vorfeld klar sein müssen, dass es zu riskant gewesen sei, Besucher von beiden Seiten durch den Tunnel an der Karl-Lehr-Straße vom und gleichzeitig zum Gelände zu schleusen. „Es ist uns unverständlich, warum dieser Weg gewählt wurde, obwohl es einen weitaus einfacheren Weg direkt vom Hauptbahnhof auf das Gelände gibt.“
Ferner hätten aber auch Veranstalter und Einsatzleitung „offenbar nicht angemessen reagiert“, als sich abzeichnete, dass es großes Gedränge im Tunnel und an der Rampe zum Gelände gab. Vielmehr hätten Augenzeugen berichtet, dass die Polizei und Ordner hilflos mit angesehen hätten, wie sich die Situation weiter zuspitzte.
CDU fordert Untersuchungskommission
Der Duisburger CDU-Kreisvorsitzende Thomas Mahlberg verlangt eine schonungslose und rückhaltslose Aufklärung der Tragödie von Samstag. „Das sind wir allen schuldig.“ Er begrüßt den Vorschlag seiner Bundestagsfraktion, eine unabhängige Untersuchungskommission zu den Vorfällen einzusetzen. CDU-Fraktionsvorsitzende Petra Vogt dankte in einer Presseerklärung den Einsatzkräften von Polizei, Stadt und Feuerwehr sowie der Hilfsdienste, aber auch den Besuchern, die vor Ort erste Hilfe geleistet haben und so möglicherweise weiteres Unglück verhindern konnten.
Die Duisburger SPD reagierte ebenfalls. Mit Blick auf die Geschehnisse betonten Parteichef Ralf Jäger, MdB Hans Pflug und der stellv. Fraktionsvorsitzende Jürgen C.Brandt, dass man fassungslos und bestürzt sei. Herbert Eickmanns und Elke Patz, beide stellv. Fraktionsvorsitzende, forderten die lücken- und rücksichtslose Aufklärung der Vorgänge und Verantwortlichkeiten. „Insbesondere die Gerüchte um vermeintliche vorherige Warnungen wollen wir aufgeklärt wissen.“ Beide betonen, dass sie kaum zu glauben vermögen, dass solche Warnungen aus Sicherheitskreisen nicht beachtet worden wären. „Für uns wäre das ein Skandal.“ SPD-Bundestagsabgeordneter Johannes Pflug, Mitglied des Polizeibeirates, hat umgehend eine Sondersitzung des Duisburger Polizeibeirates beantragt. Für die Sozialdemokraten ist klar, dass die Aufklärungsarbeiten umfangreich sein werden. Hektik sei fehl am Platz, aber es gebe keine Akzeptanz für monate- oder jahrelange Untersuchungen.