Wer heute auf öffentliche Transferleistungen angewiesen ist, lebt häufig im Streit mit den Behörden. Im Duisburger Sozialgericht beschäftigen sich neun Kammern mit den Klagen von HartzIV-Betroffenen. Mal wurde zu wenig gezahlt, mal das Gesetz falsch interpretiert. Über 70 000 Duisburger, darunter über 22 000 Kinder und Jugendliche, sind auf staatliche Hilfe angewiesen. Dabei hat das Bundessozialgericht festgestellt, dass die Regelsätze für Kinder verfassungswidrig sind. Ob dies tatsächlich so ist, wird das Bundesverfassungsgericht vermutlich im Frühjahr entscheiden.
Für Michaela Winkler (Name geändert, d. Red.) steht längst fest, dass das Geld nicht ausreicht. Die 33-Jährige ist alleinerziehend, muss für ihre beiden Kinder (zwei und acht Jahre alt) sorgen. „Als ich Geld noch in Mark erhielt, hatte ich am 15. eines Monats noch 100 Mark übrig. Jetzt muss ich mich mitunter schon zur Monatsmitte durchschnorren oder Geld leihen.” Eine Lehre zur Arzthelferin hat Michaela Winkler kurz vor Schluss abgebrochen, danach im Einzelhandel gearbeitet, ehe sie arbeitslos wurde.
„Ich kann mit den Kindern nicht mal in den Zoo oder in andere Freizeitstätten.” Der ARGE wirft sie vor, nicht korrekt zu arbeiten. „Mal haben sie mir den Mehrbedarf als Alleinerziehende teilweise abgezogen, dann wieder gezahlt, dann die Heizkosten gekürzt. Ich musste eine Skizze der Räume in alle Himmelsrichtungen anfertigen, die Höhe der Decke messen, die Anzahl der Mietparteien angeben.” Die Mietleistung sei schließlich um zwölf Euro gekürzt worden.
Die Begründung der ARGE-Sachbearbeiterin brachte die 33-Jährige auf die Palme. Die Wohnung sei mit 59 qm zu klein, deshalb werde der Betrag gekürzt. Winkler: „Ziehe ich in eine größere Wohnung, müsste die ARGE doch noch mehr bezahlen. Die Logik kann ich nicht verstehen.”
626 Euro bleiben den dreien monatlich. Davon müssen sie Kosten für Ernährung, Strom, Wasser, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Telefon, Windeln bestreiten. In „vertretbarem Umfang” sind im Regelbedarf auch Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben vorgesehen. „Mit welchem Geld soll das gehen?” fragt die 33-Jährige.
Sozialdezernent Reinhold Spaniel geht davon aus, dass die Stadt bei den Kosten der Unterkunft demnächst weiter draufsatteln muss: „Wir haben in diesem Jahr 140 Mio € ausgegeben, 2010 werden es schon150 Mio € sein. Und wenn nach Ende der Kurzarbeit viele arbeitslos werden sollten, wird uns danach eine weitere Bugwelle erreichen.”