Duisburg. Die Schülerzahlen an den Förderschulen explodieren. Eltern und Lehrer sind in Sorge. Wie die Stadt Duisburg jetzt kurzfristig reagieren will.
Die Situation an den Förderschulen in Duisburg ist mehr als prekär, deshalb sieht ein Schulentwicklungsplan Erweiterungen und Neubauten vor. Aber das dauert. Binnen acht Jahren stieg die Zahl der Schülerinnen und Schüler von 2267 (Schuljahr 2016/2017) auf aktuell 2843 Kinder, Tendenz weiter rasant steigend. Um 576 zusätzliche Schüler im kommenden Schuljahr unterzubringen, wird mit Zweigstellen improvisiert und mit Klassencontainern gearbeitet.
Insbesondere der Anteil jener Kinder, die einen Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“ haben, ist stark gestiegen. Nach Angaben des Schulträgers ging es von 0,93 auf 1,38 Prozent der Schülerschaft.
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Deshalb sollen schon zum kommenden Schuljahr zwei Teilstandorte für jeweils 60 Kinder aufgemacht werden, um die Lage zu entzerren. So ist zum einen geplant, eine Dependance der Friedrich-Fröbel-Schule an der Grundschule Ottostraße zu eröffnen. Dagegen hat es bereits Elternproteste gegeben. Außerdem soll die Grundschule Am Mattlerbusch den Platz, der bislang von Schülern des Sophie-Scholl-Berufskollegs beansprucht wurde, nun mit Schülern der Förderschule Am Rönsbergshof teilen.
Förderschulen am Limit: Stadt Duisburg will kurzfristig helfen
Die Beecker Schule hat in den vergangenen Jahren häufiger Schlagzeilen gemacht, weil sie schon lange unter einer extrem schlechten Lehrerversorgungsquote leidet. Schulleiterin Sirka Justus erklärt auf Nachfrage, dass durch die Bezirksregierung Düsseldorf inzwischen viele Abordnungen gekommen seien und die Stadt ihrer Aufgabe, Schulraum zu schaffen, mit den Dependancen nachkomme.
An die Grundschule Mattlerbusch werde der 3. bis 5. Schulbesuchsjahrgang wechseln, durch die ähnliche Altersstruktur könnten sich Möglichkeiten für Kooperationen ergeben. Justus ist froh, „dass wir dort mit offenen Armen empfangen werden“. Das freut auch die Schulpflegschaftsvorsitzende Jennifer Fischer, vor allem mit Blick auf die Elternproteste in Homberg.
Schule „Am Rönsbergshof“ mit einer Lehrerversorgungsquote von 55 Prozent
Die Situation an der Schule „Am Rönsbergshof“ sei aber weiter herausfordernd. Aktuell müssten die Kinder am Hauptstandort „gestapelt werden“, acht Klassen werden in Containern unterrichtet „und auf dem Schulhof ist kaum noch Platz“.
Auch der Besuch der Schulministerin habe in Summe nicht viel gebracht. Zusammen mit den abgeordneten Lehrerinnen und Lehrern erreiche das Kollegium aktuell eine Versorgungsquote von 55 Prozent.
Mit so einem Personalschlüssel lässt sich die Ganztagsschule schon lange nur halbtags öffnen. Wie eine Schule, die an ihrem Hauptstandort schon ein prekäres Dasein fristet, einen zweiten Standort bewirtschaften soll, werde spannend. Die Zweigstelle ist sieben Kilometer entfernt, sagt Fischer, und sei für kurzfristige Vertretungslösungen zu weit weg.
Vielen Lehrern gehe es schlecht, weil pädagogisch wichtige Doppelbesetzungen in den Klassen kaum möglich seien, berichtet Fischer. Die Mutter fürchtet aufgrund der hohen Belastung weitere Ausfälle durch Krankheiten.
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Zwei weitere Förderschulen in Planung
Ohnehin werden die 120 zusätzlichen Schulplätze nicht reichen, weil die Zahl der Erstklässler in den kommenden Jahren massiv steigt. Das Amt für schulische Bildung geht von rund 75 Schülern mit einem GG-Förderbedarf aus. Platz ist kaum für die Hälfte, weshalb weitere Förderschulen gegründet werden sollen. Unter anderem soll am Standort Hitzestraße eine Förderschule entstehen. Im Duisburger Norden, wo der Bedarf am größten ist, will die Stadt ein geeignetes Gebäude oder eine Fläche suchen.
In Hochfeld könnte auf einem ehemaligen Sportplatz eine Förderschule gebaut werden. Und schließlich ist die ehemalige Waldorfschule in Ungelsheim potenzieller Kandidat für einen Schulstandort. Die Schule steht allerdings unter Denkmalschutz, hat ein marodes Heizungssystem, Einfachverglasung und viele weitere Probleme, sodass es kurzfristig nicht erschlossen werden könnte, wie aus Schulkreisen zu erfahren ist.
Mit Interesse verfolgen Barbara Wedekind und Rebecca Petermann die weitere Entwicklung. Die beiden leiten die Buchholzer Waldschule, an der rund 160 Kinder mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung unterrichtet werden. Drei Kleinbusse bringen täglich Schüler aus dem Duisburger Norden in den Süden. Kinder, die eigentlich im Einzugsbereich der Beecker Schule am Rönsbergshof wohnen.
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Schulleiter fordern schnellere und konkretere Planungen
Die Pläne der Stadt gehen in die richtige Richtung, sagen die Lehrerinnen, aber mit Blick auf die nicht nur in Duisburg rasant steigenden Bedarfszahlen müssten Planung und Bau neuer Schulen „erheblich schneller und sehr viel konkreter“ ablaufen. Förderschulen wie jene Am Rönsbergshof mit über 340 Kindern „sind aus fachlicher Sicht nicht mehr zielführend“, betont Wedekind.
Die Containeranlage, die im letzten August in Buchholz Luft verschaffen sollte, etwa für Differenzierungsräume, ist schon jetzt fest eingeplant: „Im kommenden Schuljahr ist jeder Raum ein Klassenraum.“
Michael Rösch von der Schulaufsicht berichtete im letzten Schulausschuss von Schulen mit Aufnahmestopp, von Schulen an ihren Grenzen, von einer Dramaturgie, die Sorgen bereite, die Duisburg zu einer Mangelregion mache: „Wir müssen aufpassen, dass das System nicht kippt.“
Eine Darstellung, die Schulformsprecher Torsten Marienfeld teilt: „Wir sind alle mit Containern zugepflastert, erleben eine fast 100-prozentige Steigerung bei den Schülerzahlen, da braucht es eine bestmögliche Förderung und weitsichtige Planung.“
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>> FÖRDERSCHWERPUNKT GEISTIGE ENTWICKLUNG IN DUISBURG
- In Duisburg gibt es Förderschulen mit verschiedenen Schwerpunkten: Lernen, Sprache, Sehen, Emotionale und soziale Entwicklung, Geistige Entwicklung sowie körperliche und motorische Entwicklung.
- Vor allem der Bedarf an Schulplätzen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung steigt landesweit kontinuierlich.
- Kinder mit diesem Schwerpunkt sind in ihren kognitiven Fähigkeiten und in der Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit dauerhaft und hochgradig beeinträchtigt. Viele dieser Kinder werden auch nach dem Ende der Schulzeit nicht zu einer selbstständigen Lebensführung in der Lage sein.
- Die Ursachen sieht die Schulaufsicht in „Chromosomenanomalien, genetischen, metabolischen oder neurologischen Störungen, Komplikationen beziehungsweise Schädigungen durch Infektionen oder mit schädlichen Substanzen (Alkohol, Medikamente) während der Schwangerschaft“.