Duisburg. Zwei Wohnungen kommen unter den Hammer. Die Mindestgebote: 2000 bzw. 5000 €. Es sind keine Zwangsversteigerungen. Das steckt hinter den Preisen.

Immer wieder schweift der Blick ungläubig auf den Preis. 2000 Euro stehen da einmal, und 5000 Euro ein anderes Mal, und immer wieder kommt man auf die Frage, ob da hintendran nicht doch noch eine Null fehlt. Aber die vierstelligen Zahlen, sie passen schon. Sie stammen aus einem Versteigerungskatalog und sind die Mindestgebote für zwei Wohnungen in Duisburg-Marxloh. Gemeint ist nicht etwa pro Quadratmeter, sondern – nochmal hinschauen – pro Wohnung. Am Mittwoch, 29. Mai, kommen sie in Berlin unter den Hammer.

Aber wie bei fast allen optisch billigen Dingen gibt es Schönheitsfehler und hohe Risiken. Auf sie wird in den Exposés deutlich hingewiesen, in der Quintessenz kann man beide Objekte derzeit nicht so nutzen, wie man es bei einer gekauften Wohnung sonst tun würde:

Verkauf zum Höchstgebot: Wohnungen in Duisburg-Marxloh werden in Berlin versteigert

Die eine Eigentumswohnung in der Hagedornstraße 1a, Mindestgebot 5000 Euro, liegt in einem leerstehenden Haus aus den 1950ern, vom einem rohbaulichen Zustand ist die Rede. Aber immerhin findet eine Art Wirtschaftsbetrieb statt. Die Wohnungseigentümergemeinschaft trifft sich, auch Hausgelder werden gezahlt.

Das Mehrfamilienhaus an der Hagedornstraße 1a in Marxloh.
Das Mehrfamilienhaus an der Hagedornstraße 1a in Marxloh. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Aber Marxloher und auch viele Duisburger wissen: Die Hagedornstraße war seit den 10er-Jahren Duisburgs bekannteste Adresse für Schrottimmobilien. Zwischen alteingesessenen Anwohnern und den oft problematisch untergebrachten neuen Nachbarn aus Bulgarien und Rumänien gab es viele Konflikte, die städtische Taskforce Problemimmobilien war hier häufig im Einsatz, erklärte mehrere Gebäude für unbewohnbar. Zuletzt wurde aber auch auf der Hagedornstraße ein 2020 geräumtes Mehrfamilienhaus wieder freigegeben (wir berichteten).

Zweite Wohnung liegt in 2019 geräumter Immobilie

Eine andere Wohnung, nicht weit entfernt, in der Kaiser-Wilhelm-Straße 270-272, soll sogar nur 2000 Euro kosten. Das Wohn- und Geschäftshaus war im Mai 2019 von der Stadt geräumt worden. Der Grund: „gravierende brandschutzrechtliche Mängel, aber auch andere wohnungsaufsichtsrechtliche Missstände und Ausstattungsdefizite“.

Das Wohn- und Geschäftshaus an der Kaiser-Wilhelm-Straße 270-272.
Das Wohn- und Geschäftshaus an der Kaiser-Wilhelm-Straße 270-272. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

In den elf Wohnungen waren damals 87 Personen polizeilich gemeldet, darunter 55 unter 18 Jahren. Müll vor dem Haus und im Keller, lebendige und tote Ratten, gekaperte und selbst gebastelte Stromleitungen, Spülen und Wäschetrocknen auf dem Flachdach, zugestellte Rettungswege – die Feuerwehr sprach von einer akut lebensbedrohlichen Gefahrenlage. Die Folgen des Zuzugs von Südosteuropäern in billige Quartiere Deutschlands wurden sichtbar. Die Nutzungsuntersagung für die Wohnung gilt bis heute.

Direkt nebenan, an der Kaiser-Wilhelm-Straße 253, ließ die Stadt Anfang 2020 die erste der Problemimmobilien abreißen, die sie über ihre städtische Tochtergesellschaft gekauft hatte.

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Verkauf zum Höchstgebot: Zuletzt eine Wohnung für 12.000 Euro versteigert

Um Zwangsversteigerungen, wie man im ersten Moment denken könnte, handelt es sich bei der Versteigerung der beiden Duisburger Wohnungen aber nicht. Es ist stattdessen das weithin unbekannte Gegenstück: freiwilliger Verkauf zum Höchstgebot.

Dabei liefern Eigentümer bei Auktionshäusern, meist in Berlin gelegen, Immobilien ein, die sie gern verkaufen lassen würden. Die Duisburger Wohnungen kommen am 29. Mai mit 30 anderen Objekten beim Auktionshaus Plettner&Becht unter den Hammer.

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Es ist nicht das erste Mal, dass Marxloher Wohnungen in der Hauptstadt neue Eigentümer suchen und vermutlich auch finden. Vor einigen Jahren gab es einen kleinen Angebots-Boom. Die Vorzeichen waren ähnlich wie heute: Das Mindestgebot lag im vierstelligen oder unteren fünfstelligen Bereich, der Zuschlag erfolgte etwas höher.

Verkauft wurden viele Wohnungen, manche aber kamen zurück und drehten beim Auktionshaus eine weitere Runde. Zuletzt war vor einem Jahr eine (andere) Wohnung in der Hagedornstraße 1a erfolgreich versteigert worden. 12.000 Euro plus Gebühren bezahlte ein Erwerber. Der Mindestpreis hatte bei 5000 Euro gelegen. Wie jetzt auch wieder.

Stadt hält sich zurück – alles hängt an Plänen der Eigentümer

Aber was denkt eigentlich die Duisburger Stadtverwaltung über die Versteigerungen? Ambitionen mitzubieten habe man nicht, teilte Pressesprecher Sebastian Hiedels mit. Generell sei es wünschenswert, wenn die Immobilien in der Hand von privaten Eigentümern verbleiben und durch diese fachgerecht unterhalten und gegebenenfalls modernisiert werden. Quartier-Architekten und die Task Force Problemimmobilen beraten dazu.

Selbst ankaufen und sanieren will die Stadt in den aktuellen Fällen allerdings nicht. Ein Ankauf plus Abriss könnte bei einigen ausgewählten, nicht mehr sanierungsfähigen Immobilien erfolgen. Denkbar seien dann Pocket Parks oder auch neue Sozialwohnungen.

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Wichtig seien für die Stadt die Pläne neuer Eigentümer. Wenn sie die Gebäude unterhalten und gegebenenfalls sanieren, sei dies zu begrüßen. Dadurch könnte der Sozialraum nachhaltig gestärkt und die Wohn- und Aufenthaltsqualität des Umfeldes gesteigert werden, heißt es in der Antwort. Im Blick hat Hiedels die positive Entwicklung in der Ruhrorter Straße.

Anders sehe es allerdings aus, wenn solche Häuser weiter veräußert und bewirtschaftet werden, ohne dass der Erhalt der Immobilie beabsichtigt ist. Sofern daraus eine Gefahr für Leib und Leben der Bewohner entsteht, setze die Arbeit der Task-Force Problemimmobilien an.

Stadt: So viele Immobilien in Marxloh stehen leer

Bei etwa 63 Prozent der Immobilien in Duisburg-Marxloh konnte die Stadt augenscheinlich keinen Leerstand feststellen, bei weiteren knapp 20 Prozent nur eine geringe Leerstandsquote (bis 25 Prozent). 5,5 Prozent der betrachteten Gebäude wiesen eine Leerstandsquote von 75 bis 100 Prozent aus. Für das gesamte Stadtgebiet werde der Leerstand statistisch nicht erfasst.