Duisburg. Ihre Stiche hinterlassen schmerzende Beulen: Im Duisburger Süden klagen Menschen über aggressive Riesenmücken. Experten stehen vor einem Rätsel.

Die Sonne lacht und schon in den frühen Morgenstunden herrschen angenehme Temperaturen. Also Türen und Fenster auf und den Sommer ins Haus lassen. Aber bitte nicht im Duisburger Süden! Hier surrt, schwirrt und sticht es nämlich schon gewaltig: Durch die großen Regenmengen in den letzten Monate stehen große Waldgebiete an der Sechs-Seen-Platte und rund um den Dickelsbach noch komplett unter Wasser.

Beste Bedingungen für die Entwicklung großer, stechfreudiger Riesenmücken.

Wettrennen gegen die Mücken: Größer und stechfreudiger als herkömmliche Mücken

Wer also in der Nähe der Sechs-Seen-Platte oder an der Grenze zum Waldgebiet Grindsmark wohnt, tut gerade gut daran, die Fenster nur zu öffnen, wenn sie mit Fliegengittern geschützt sind. Steht die Haustür länger als nötig auf, haben die Plagegeister schon den Weg in die Wohnung gefunden.

Ohne Mückenschutz in den Wald, auf den Tennisplatz oder in den Garten? Besser nicht. „Das Wettrennen hat begonnen. Wer nicht schnell genug ist, wird gestochen“, sagt eine Großenbaumerin. „Und das ist erst der Anfang.“

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„Die Mücken sind in diesem Jahr auf jeden Fall früher dran“, sagt Karl-Heinz Jelinek, Insekten-Experte beim NABU NRW. „Die Wärme in den letzten Tagen und die extreme Feuchtigkeit in den Böden bieten ideale Brutbedingungen für die Mücken.“ Die Plagegeister mögen es nämlich feucht und warm.

Anders als herkömmliche Mücken sind die Biester, die im Duisburger Süden auf Blutjagd gehen, viel größer und aggressiver. Selbst durch Kleidung stechen sie. Zurück bleiben oft ähnlich große Beulen wie sie sonst nach Bremsenstichen eher üblich sind.

Ohne Fliegengitter geht nichts: Die großen Mücken lassen sich nur schwer abschrecken.
Ohne Fliegengitter geht nichts: Die großen Mücken lassen sich nur schwer abschrecken. © kb

„Wir haben schon im letzten Jahr eine Flut an Beschwerden bekommen“, sagt Randolph Kricke, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde in Duisburg. „Aber wenn ich ehrlich bin, haben wir die ersten Hilferufe in Sachen Mücken nicht ganz so ernst genommen. Erst mit der Zeit haben wir realisiert: Das ist eine ganz neue Qualität.“

Was aber kann man gegen die Mückenplage unternehmen? „Wir sind da noch recht ratlos“, gibt Kricke zu. Wichtig sei es jetzt, genau zu bestimmen, um welche Art und welchen Ursprung es sich bei den Mücken handelt. „Ich halte es nicht für sinnvoll, großflächig mit biologischen Giften wie dem Bacillus thuringiensis vorzugehen, wenn wir nichts Genaues über die Mücken und deren natürlichen Feinde wissen.“ Schließlich könne es ja durchaus möglich sein, dass die „Mücke eine exotische Art ohne hier ansässige Beutegegner“ ist.

Ohne Einsprühen mit Mückenschutz ist der Gang in den Wald zur Mückenzeit kaum möglich.
Ohne Einsprühen mit Mückenschutz ist der Gang in den Wald zur Mückenzeit kaum möglich. © Lars Heidrich / FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Um die Mückenart zu bestimmen, setzt das Umweltamt auf die Mithilfe der Anwohner. „Die Bewohner wissen selbst am besten, welche Mücken die kritischen sind“, sagt Kricke. „Und umso mehr Mücken eingeschickt werden, umso besser. Wir bleiben natürlich auch nicht untätig.“ Aber die Mithilfe der betroffenen Bürger sei enorm wichtig. „Uns fehlt schlichtweg auch die Zeit, um im Wald auf Mückenjagd zu gehen.“

Einsendung der Mücken zur Artenbestimmung: So funktioniert es

„Die Mücke soll unversehrt gefangen, nicht platt gehauen oder zerquetscht werden“, erklärt Kricke. „Dann in einen Gefrierbeutel packen und in den Gefrierschrank legen, um die Mücke zu töten.“ Auf mueckenatlas.com ist das weitere Vorgehen genau erklärt. Die tote Mücke soll ohne Anfassen in einen bruchsicheren geschlossenen Behälter gegeben werden und samt ausgefülltem Einsendeformular mit den Fangdaten in einen Umschlag packen. Geschickt werden soll die Mücke an das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, Stichwort
„Mückenatlas“, Eberswalder Straße 84m, 15374 Müncheberg.

Große Flächen im Wald zwischen Rahm und Wedau standen nach dem Dauerregen komplett unter Wasser. Noch immer sind die Böden extrem feucht.
Große Flächen im Wald zwischen Rahm und Wedau standen nach dem Dauerregen komplett unter Wasser. Noch immer sind die Böden extrem feucht. © WAZ | kb

Gerade im Hinblick auf die Gesundheit sieht Randolph Kricke dringenden Handlungsbedarf. „Wenn nahezu jeder Stich große Quaddeln hinterlässt, dann ist das sicher nicht mehr normal.“

Gleichzeitig warnt Randoph Kricke aber: Den Dickelsbach mit Dämmen umzuleiten, um ihn zu entwässern, wie es aktuell im Wald an verschiedenen Stellen zu sehen ist, sei nicht der richtige Weg und schlichtweg auch verboten.“ Denn abgesehen von den Mücken ist das Feuchtwaldgebiet rund um den Dickelsbach immens wertvoll. „Durch den anhaltenden Regen haben sich endlich auch die Grundwasserspeicher in der Tiefe gefüllt, hier gibt es seltene Torfmose und Tiere wie den Grasfrosch oder den Schwarzstorch.“