Duisburg. Ein Wuppertaler Verein möchte eine alte DVG-Bahn abgeben. Wer von einer Rückkehr nach Duisburg träumt und warum es Interesse aus Brasilien gibt.

Winfried Roth (69) ist ein großer Straßenbahn-Kenner. Besonders die alten Fahrzeuge haben es dem Duisburger angetan. Jetzt hat er entdeckt, dass der Triebwagen 23 der ehemaligen Hamborner Straßenbahn im Besitz des Vereins „Bergische Museumsbahnen“ in Wuppertal abgegeben werden soll. Roth wünscht sich, dass die historische Tram wieder zurück nach Duisburg kommt. Doch es könnte sein, dass sie stattdessen künftig in Brasilien fährt.

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Wie Guido Korff, Schatzmeister des Wuppertaler Vereins, auf Nachfrage der Redaktion mitteilt, gibt es eine entsprechende Anfrage aus Santos. „Dort fahren als Tourismus-Attraktion historische Straßenbahnen auf zwei Ringlinien“, sagt er. „Die Verantwortlichen holen sich dafür mittlerweile Fahrzeuge aus allen Ecken der Welt. Und ich könnte mir vorstellen, dass sie gerade jetzt auch die alte Hamborner Bahn wieder flott machen wollen. Das würde gut passen, denn ganz Brasilien feiert 2024 groß den 200. Jahrestag der deutschen Einwanderung. Es gibt dort viele Deutschstämmige.“

Fährt eine alte DVG-Bahn bald in Brasilien?

Der 280 Mitglieder starke Wuppertaler Verein rühmt sich mit dem kleinsten, konzessionierten Straßenbahnbetrieb Deutschlands auf einer drei Kilometer langen Strecke und bereitet dazu alte Fahrzeuge auf. Die historische Tram aus Duisburg hat er 2006 vor der Verschrottung gerettet, aber seitdem nicht bearbeitet. Die Bahn steht in einer Halle, die Korff und Co. nun aus Kostengründen räumen wollen und deshalb eine neue Heimat für den Triebwagen 23 suchen.

Winfried Roth hat sich mit der kompletten Historie des Fahrzeugs beschäftigt. Demnach wurde es 1912 von der „WaFa Uerdingen“ an die meterspurige Hamborner Straßenbahn geliefert – einer Vorgängergesellschaft der am 1. Januar 1940 gegründeten Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG). „Bei der Übernahme durch die DVG 1940 erhielt die Bahn die Wagennummer 417“, so Roth. „1957 wurde sie zum regelspurigen Kurvenschmierwagen umgebaut und überlebte in dieser Funktion bis etwa Mitte der 1960er Jahre.“

Einst ein hervorragend restaurierter Museumswagen

Erst 1980 sei das Fahrzeug „zu den damaligen Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum der Straßenbahn in Duisburg wie Phönix aus der Asche auferstanden“, erklärt der 69-Jährige. „Die DVG hatte die Bahn aufarbeiten lassen. Als hervorragend restaurierter Museumswagen zeigte er sich dann zu diesem Anlass auf einem Rundkurs Mercatorstraße – Königstraße – Friedrich-Wilhelm-Straße – Mercatorstraße und bis Mitte der 1990er Jahre zu verschiedenen Anlässen im Schienennetz. Ebenso konnte er für Sonderfahrten gemietet werden.“

Der Triebwagen sei 1999 endgültig abgestellt und zunächst in einer der Hallen bei den Stadtwerken Duisburg geschützt untergestellt worden. „Geplant war seinerzeit eine Unterbringung im Stadtwerkemuseum Bockum“, sagt Roth. „2004 musste die Bahn nochmals in eine andere Halle umziehen. Am 13. März 2006 wurde sie, teilweise zerlegt, an den Verein ,Bergische Museumsbahnen‘ in Wuppertal abgegeben.“

Der möchte sich nun rund 18 Jahre später notgedrungen von dem alten Schätzchen trennen. „Es handelt sich um eine Rarität“, betont Vorstandsmitglied Guido Korff. „Das hat einmal mit der Größe des Triebwagens zu tun. Er ist verhältnismäßig klein. Außerdem hat er keine Türen. Die Ein- und Ausstiege waren dadurch früher komplett offen und wurden nur hilfsweise durch halbhohe Bretter oder Gitter verriegelt.“

Duisburger wünscht sich eine Rückholaktion

Die Bahn sei für einen Anerkennungspreis von einem 1 Euro zu haben. Winfried Roth fände es super, wenn die DVG den Wagen wieder in ihre Obhut zurückholen würde. „Ein Platz in einem Museum wäre schön. Das wäre auch eine kleine Wiedergutmachung dafür, dass man 2016 den in der Duisburger Öffentlichkeit bestens bekannten und beliebten Harkort-Wagen 177 quasi in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Norwegen verscherbelt hat“, sagt der 69-Jährige. „Das hat bekanntlich für sehr viel Unmut gesorgt.

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Die DVG beschäftigt sich laut Sprecherin Kathrin Naß zumindest mit dem Thema. Eine entsprechende Anfrage sei eingegangen. „Wir prüfen das, um dann eine Entscheidung zu treffen“, erklärt Naß. In der Vergangenheit war die Verkehrsgesellschaft allerdings nicht sonderlich von solchen Rückholaktionen angetan (wir berichteten).

Ohnehin soll es aktuell mehrere Interessenten für die alte Hamborner Straßenbahn geben. Man darf gespannt sein, wo sie am Ende landet – vielleicht ja tatsächlich in Santos. Die Vorstellung hätte sicher auch einen gewissen Charme.

Kenner der Duisburger Bahnen: Winfried Roth (r.) hat vor ein paar Jahren mit Wolfgang Nyga ein Buch über Gelenk-Straßenbahnen veröffentlicht. 
Kenner der Duisburger Bahnen: Winfried Roth (r.) hat vor ein paar Jahren mit Wolfgang Nyga ein Buch über Gelenk-Straßenbahnen veröffentlicht.  © Roth

>> Buch über Gelenk-Straßenbahnen in Duisburg

  • Winfried Roth lebt im Duisburger Dellviertel und ist ein großer Fan von Straßenbahnen.
  • Er hat auch mehrere Bücher dazu veröffentlicht – mit Wolfgang Nyga zum Beispiel „Die Gelenk-Straßenbahnen in Duisburg“.
  • Darin haben sich die beiden mit den zahlreichen Fahrzeugtypen seit 1926 beschäftigt.