Duisburg. Die Ergebnisse eines Gutachtens zeichnen ein erschreckendes Bild der Taxibranche in Duisburg. Was ein Fahrer über seinen harten Alltag berichtet.

Dass die Taxibranche seit Jahren in der Krise steckt, ist nichts Neues. Doch die Ergebnisse eines von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachtens zeigen nun insbesondere, wie hoch das Arbeitspensum im Kampf um ausreichende Umsätze für die Fahrerinnen und Fahrer tagtäglich in Duisburg ist.

Nach einer Befragung von Taxiunternehmen vor Ort liefert das beauftragte Dresdner Ingenieurbüro für Systemberatung und Planung (ISUP) anhand von konkreten, beeindruckenden Zahlen ein anschauliches Bild der wirtschaftlichen Situation, des Angebots und der Nachfrage.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Im Endergebnis lagen laut ISUP die angeforderten Daten von 140 der insgesamt 160 mit Stand vom Dezember 2019 vorhandenen Taxiunternehmen in Duisburg weitgehend vollständig vor. Die Untersuchung könne als repräsentativ angesehen werden. Die Datenerhebung habe sich von Juni 2022 bis Januar 2023 hingezogen.

Taxibranche in Duisburg in der Krise

Laut Gutachten hat es seit 2017 erhebliche personelle Veränderungen im hiesigen Taxigewerbe gegeben – insbesondere seit der Corona-Pandemie mit einem Abbau von voll- und teilzeitbeschäftigten Fahrern. Gleichzeitig sagen die Unternehmer, dass es schwer sei, qualifiziertes und motiviertes Fahrpersonal zu finden.

Bei den Umsätzen sei nach einem Wachstum bis 2019 ein sprunghafter Rückgang coronabedingt zu erkennen. Im Anschluss sind die Fahrgeldeinnahmen demnach im Jahr 2021 gegenüber 2020 nur marginal gestiegen.

Das bedeutet: Im Ergebnis war 2021 ein durchschnittlicher Gewinn vor Steuern pro Unternehmen von 24.311 Euro zu verzeichnen, der einem Brutto-Monatseinkommen der Unternehmer von rund 2025,92 Euro entspricht.

Im Schnitt 51,2 Arbeitsstunden pro Woche

Dies decke gerade einmal die Kosten. Viel bleibt als Gewinn nicht übrig. Das Gutachten macht deutlich, dass so ein angemessener Lebensunterhalt kaum möglich ist. Und: Um die notwendigen Umsätze einzufahren, ist das Arbeitspensum der Unternehmer zudem unverhältnismäßig hoch. All jene mit einem Taxibetrieb in Vollzeit arbeiten demnach dafür im Durchschnitt 51,2 Wochenstunden.

Ebenfalls ernüchternd sind diese Zahlen: Der Anteil der Standzeit ohne Fahrauftrag pro Schicht beziehungsweise Einsatztag und damit unproduktive Zeit lag 2021 montags bis donnerstags von 6 bis 22 Uhr im Schnitt bei 54 Prozent, im Nachtverkehr sogar bei 68 Prozent. Je Einsatzstunde gab es 2021 tagsüber im Mittel nur etwa 1 bis 1,2 Fahrten.

Kein Fahrauftrag: Anteil der Standzeit tagsüber im Schnitt bei 54 Prozent

Immerhin: Durch die Corona-Pandemie ist die Fahrleistung je Wagen zwar abgesunken, aber laut Gutachten im Vergleich zu anderen Taximärkten auf einem moderaten Niveau. Sie liege auf einem für Landkreise dieser Größenordnung üblichen Niveau. In Einzelfällen waren Jahresfahrleistungen von unter 20.000 Kilometern zu verzeichnen.

Zur Einordnung: Die durchschnittliche Jahresfahrleistung je Taxi betrug im Jahr 2019 50.385 Kilometer und war in den Jahren zuvor leicht angestiegen.

Das für das Gutachten zuständige Dresdner Ingenieurbüro stellt am Ende zusammenfassend fest: Die wirtschaftliche Lage in den Taxiunternehmen der Stadt Duisburg könne nicht als kritisch, jedoch als insgesamt unzureichend angesehen werden.

Taxifahrer: Situation hat sich aktuell noch verschärft

Fuat Cetin aus dem Vorstand der großen Taxi-Funktaxi-Zentrale, einer Genossenschaft mit Sitz in Wanheimerort, redet Klartext. Vieles aus dem Gutachten könne er so unterschreiben. Die im Schnitt 51 Arbeitsstunden pro Woche zum Beispiel habe er bei vergleichsweise geringem Umsatz auch. Doch verweist er darauf, dass es sich dabei um Zahlen aus den Vorjahren handelt.

„Die Situation hat sich zuletzt durch die steigende Inflation und Preissteigerungen noch einmal verschärft“, sagt er. „Alle müssen sparen. Da überlegt sich mancher zweimal, das Taxi oder doch lieber die Bahn zu nehmen.“

Duisburg mit geringer Taxidichte

Schon in dem Gutachten haben 16,9 Prozent der Taxiunternehmer angegeben, dass sie eine Verkleinerung des Betriebes durch Rückgabe von Einzelkonzessionen planen. Weitere 16,3 Prozent schließen eine Aufgabe des gesamten Betriebes nicht aus.

Dabei lag Duisburg schon Ende 2021 mit einer Taxidichte von 0,56 Taxis pro 1000 Einwohner deutlich unter dem Wert von 1,0 – einem häufig verwendeten Orientierungswert in der Branche, der 2021 zum Beispiel in Köln (1,09) übertroffen wurde

Duisburg lag schon Ende 2021 mit einer Taxidichte von 0,56 Taxis pro 1000 Einwohner deutlich unter dem Wert von 1,0 – einem häufig verwendeten Orientierungswert in der Branche.
Duisburg lag schon Ende 2021 mit einer Taxidichte von 0,56 Taxis pro 1000 Einwohner deutlich unter dem Wert von 1,0 – einem häufig verwendeten Orientierungswert in der Branche. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Ein großes Problem ist das Bürgergeld“, sagt Cetin über die staatliche Unterstützung. „Für 100 Euro mehr geht doch heute kaum jemand noch arbeiten.“ Stattdessen müsse sich Arbeit stärker lohnen. Er fordert Steuererleichterungen für Taxifahrer: „Wer mehr arbeitet, bekommt weniger abgezogen. Das würde uns schon helfen – ebenso ein Abbau der Bürokratie. Wir müssen viel zu viel dokumentieren.“

Eine weitere Erhöhung des Taxitarifs – eine Empfehlung aus dem Gutachten – sieht Cetin nach bereits drei Tarifanpassungen im Jahr 2022 dagegen sehr kritisch. „Die Fahrgäste müssen ja jetzt tagsüber einen Kilometerpreis von 2,50 Euro bei einer Grundgebühr von 4,90 Euro zahlen, nachts 2,70 Euro. Noch mehr wäre aktuell kontraproduktiv, zumal uns ja auch Uber mit günstigen Preisen stark Konkurrenz macht“, stellt er klar.

Das komplette Gutachten gibt es online im Ratsinformationssystem der Stadt auf www.duisburg.de.

>> TAXIGEWERBE: STADT DUISBURG WILL EMPFEHLEHUNGEN AUS GUTACHTEN PRÜFEN

  • Da Personenbeförderungsgesetz (PBefG) sieht vor, dass Taxiunternehmen nur dann eine Genehmigung erhalten, wenn das örtliche Taxigewerbe durch sie nicht in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird. In den vergangenen Jahren haben aber verschiedene deutsche Gerichte Urteile gefällt, die die Berufsfreiheit gemäß dem Grundgesetz betonen.
  • Vor diesem Hintergrund hat die Stadt Duisburg das Gutachten in Auftrag gegeben, denn Genehmigungsbehörden müssen nun sicherstellen, dass sie gründliche Nachweise über die Leistungsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes vorlegen.
  • Diese liegen mit der Untersuchung nun vor. Darin richtet das beauftragte Dresdner Ingenieursbüro am Ende einige Empfehlungen an die Stadt. Dazu gehört zum Beispiel eine Höchstgrenze von 310 Taxikonzessionen in Duisburg, um ein ausgewogenes Verhältnis von Angebot und Nachfrage zu gewährleisten.
  • Dies steht laut Stadtverwaltung im Einklang mit einem Ratsbeschluss aus 2008, wodurch die Gesamtzahl der Taxikonzessionen bereits auf 335 festgelegt wurde. In den vergangenen Jahren habe die Zahl der vergebenen Konzessionen im Durchschnitt bei rund 280 gelegen.
  • Weitere Empfehlungen aus dem Gutachten wie etwa eine weitere Erhöhung des Taxitarifs werden seitens der Verwaltung geprüft und bei Bedarf umgesetzt, heißt es.