Duisburg. Die Stadt bringt Geflüchtete in Hotels unter. Einige von ihnen sollen in ein Gebäude mit langer Geschichte in Ruhrort umziehen. Die Details.

Um den Anteil von Geflüchteten zu reduzieren, die in Duisburger Hotels leben, möchte die Stadt Duisburg in Ruhrort das ehemalige Seniorenwohnheim an der Fürst-Bismarck-Straße 44 (Ecke Rheinallee) anmieten.

Seit das Haus vom Christophoruswerk aufgegeben und verkauft wurde, steht es leer. Weil sich die Zustimmung der Kommunalpolitik verzögerte, kann der Mietvertrag wohl erst in im April geschlossen werden.

Duisburger Sozialamt: Bislang keine Information der Nachbarschaft

Dem Abschluss des Vertrages mit dem Eigentümer sollte der Betriebsausschuss für das kommunale Immobilienmanagement IMD am 23. Januar in nicht öffentlicher Sitzung zustimmen. Das ist aus Gründen des Datenschutzes so üblich und erforderlich. Das Amt für Soziales und Wohnen, das den Deal angebahnt hatte, befand es aber nicht für notwendig, den Vorgang öffentlich zu machen. Auch die Politik sah dazu offenbar keinen Anlass.

Der Ausschuss, der eigentlich dem Abschluss des Mietvertrages zustimmen sollte, vertagte sich, weil die CDU-Fraktion noch Beratungsbedarf hat. Grundsätzlich, so heißt es, gebe es aber keine Bedenken, dem Deal zuzustimmen. Das kann nun aber erst in der nächsten Sitzung des IMD-Ausschusses am 14. März erfolgen, final muss der Rat am 15. April zustimmen.

Haus mit Geschichte: Das denkmalgeschützte Gebäude in Ruhrort wurde 1890 als königliches Landratsamt errichtet. In den 1980er Jahren waren dort schon einmal Geflüchtete untergebracht.
Haus mit Geschichte: Das denkmalgeschützte Gebäude in Ruhrort wurde 1890 als königliches Landratsamt errichtet. In den 1980er Jahren waren dort schon einmal Geflüchtete untergebracht. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Einstiges Seniorenzentrum verfügt über eine eigene Küche

Ziel sei es, die Zahl der Geflüchteten in Hotels zu verringern, erklärte Stadtsprecher Jörn Esser erst auf Nachfrage der Redaktion. Weil das ehemalige Seniorenzentrum im Gegensatz zu den Hotels größere Wohnbereiche und eine eigene Küche biete, sei es für Familien besser geeignet. In der barrierefreien Immobilie könnten auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen leben.

Um nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges dem Zustrom von Menschen aus der Ukraine Herr zu werden und vor dem Winter das mit Zelten errichtete „Delta-Dorf“ an der Hamborner Straße in Meiderich aufzulösen, fanden sich kurzfristig nicht genügend Wohnungen. Deshalb mietete die Stadt etwa das Hotel am Sittardsberg und das neue „Twins“-Hotel an der Steinschen Gasse. Auch aus finanziellen Gründen ist die Verwaltung daran interessiert, weniger Geflüchtete dort unterzubringen.

Christophoruswerk verkaufte 2019 nach Umzug nach Meiderich

Im Ruhrorter Haus hatte das Christophoruswerk bis vor gut vier Jahren ein Seniorenzentrum mit 50 vollstationären Plätzen und einigen weiteren für Kurzzeit- und Verhinderungspflege betrieben. Nach der Einweihung des neuen „Seniorenzentrums am Landschaftspark“ waren die Bewohner an die Bronkhorststraße in Mittelmeiderich umgezogen. Das alte Haus, das nicht mehr den aktuellen Anforderungen entsprach, verkaufte das Christophoruswerk wenig später an die Salmen Real Estate GmbH aus Monheim. Seither steht das Gebäude leer.

Nicht zum ersten Mal würde das historische Gemäuer an einem der Eingänge zum Hafenstadtteil Ruhrort Zuwanderern ein Dach über dem Kopf bieten: Schon einmal, von 1986 bis 1989, mietete es die Stadt, um dort Asylbewerber unterzubringen. So geht es aus einer Chronik zum 70. Jahrestag des Christophoruswerkes aus dem Jahr 2018 hervor.

Denkmalgeschütztes Haus wurde als königliches Landratsamt Kleve gebaut

  • Gebaut wurde das Haus 1890 als königliches Landratsamt für den Kreis Kleve, ab 1905 war es sieben Jahre lang Kreishaus der Stadt Duisburg. Dann kaufte es die Industrie- und Handelskammer für 175.000 Goldmark und blieb bis 1953.
  • Dann zog die „Innere Mission“, Vorläufer des Ev. Christophoruswerkes ein, ab 1955 wurde zunächst nur im Obergeschoss ein Wohnheim für berufstätige Mädchen eingerichtet. Schnell wurde es zu klein, nebenan entstand 1960 deshalb der sechsgeschossige Wohnheim-Neubau. Der Altbau wurde in ein Kinderheim umgewandelt, auch erste alte Menschen zogen Mitte der 1960er Jahre bereits ein. Jung und Alt unter einem Dach – das war eine bundesweit einmalige Konstellation.
  • Ab 1972 begann eine weitere Etappe als Förderschul-Internat für Spätaussiedler, sie sollte bis Mitte der 1980er Jahre dauern. Doch auch alte Menschen blieben in dem mittlerweile denkmalgeschützten Haus wohnen, das 1993 für 7,3 Millionen D-Mark kernsaniert wurde. Das Haus mit 49 Plätzen wurde betrieben, bis das Christophoruswerk 2019 mit der Inbetriebnahme des neuen Hauses in Meiderich ein neues Kapitel seiner Seniorenarbeit aufschlug.