Duisburg. Die klimaschonende Produktion von Siliziummetall in Island ist für PCC kein gutes Geschäft. Warum das eine Chance für den Standort Duisburg ist.
PCC, eines von Duisburgs zehn größten Unternehmen, produziert in 17 Ländern der Welt. Nicht aber in Duisburg. Homberg ist nur Sitz der Firmen-Holding, die im Jahr 2022 mit Chemie und Logistik 1,3 Milliarden Euro Umsatz machte. Dass sich das bald ändern könnte, hat mit einem polnischen Quarzit-Steinbruch, einer Siliziummetall-Anlage in Island und den Unwägbarkeiten des Rohstoffgeschäfts zu tun.
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Der Erwerb des Steinbruchs in Zagórze sei 2009 „eine langfristige strategische Entscheidung“ gewesen, sagt Dr. Peter Wenzel. „Irgendwann würde die Energiewende kommen“, so der PCC-Vorstandsvorsitzende. Silizium-Metall, so die Vision, werde dann zum gefragten Rohstoff für die Fertigung von Solarzellen und Batteriespeichern.
Duisburger PCC verhüttet Quarzit aus Polen in Island mit Strom aus Geothermie
Die stromintensive Gewinnung des begehrten Metalls begann knapp zehn Jahren später in Húsavik auf Island – über 2000 Kilometer entfernt vom Abbauort. Der Grund: Heiße Quellen versorgen das Werk dort (Jahreskapazität: 32.000 Tonnen) mit Strom aus Geothermie. „Ein Großteil der in vergleichbaren Werken anfallenden CO2-Emissionen wird damit vermieden“, erklärt Wenzel.
Da die Anlage Rohstoffe für die deutsche Industrie sichert, gab’s eine staatliche Kreditgarantie, auch der isländische Staat engagierte sich neben weiteren heimischen Investoren im Projekt. Ein sauberes, aber bislang kein erträgliches Geschäft: Seit im Mai 2018 erstmals bei 2000 Grad Betriebstemperatur flüssiges Siliziummetall abgestochen wurde, „betreiben wir die Anlage mit hohen Verlusten“, berichtet der PCC-Vorstandschef.
Preisverfall bei Silizium-Metall: Produktion fährt seit Jahren Verluste ein
Die Gründe: Der Niedergang der deutschen Solarindustrie und der Preis für den Rohstoff, der seit der Entscheidung für die Investition vor knapp zehn Jahren von 3000 auf aktuell 2000 Dollar deutlich gesunken ist. Weil die USA sich zunehmend abschotten, dränge noch mehr Siliziummetall aus chinesischer Produktion auf den europäischen Markt, erläutert Wenzel.
Das werde, ebenso wie die Solarpaneele, vor allem in der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang produziert. „Bei PV-Zellen aus chinesischer Produktion wird wahrscheinlich Zwangsarbeit eingesetzt“, so PCC-Vorständin Ulrike Warnecke. „Die deutsche Solarförderung unterstützt damit Produkte, die unter kritischen Bedingungen hergestellt werden.“ Die Homberger befürworten deshalb das Lieferketten-Gesetz, wohl wissend, dass in China engagierte deutsche Konzerne das anders sehen: „Die Interessen der Chemie-Industrie sind heterogen.“
Duisburger Materialforscher an Entwicklung neuer Werkstoffe beteiligt
Man denke aber nach vorn, um die Investition zum Erfolg zu führen, betont Peter Wenzel. Der Blick richtet sich gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (Freiburg) und den Material-Forschern der Uni Duisburg-Essen (UDE) in Neudorf auf Nano-Siliziumpulver. In einem innovativen Silizium-Kohlenstoff-Verbundwerkstoff steigere es als Anodenmaterial die Leistungsfähigkeit von Lithium-Ionen-Batterien deutlich, berichtet Wenzel.
Die Skalierbarkeit der Werkstoff-Produktion auf ein industrielles Niveau möchte PCC in einer Pilotanlage testen, die schon 2025 gebaut werden soll, so der PCC-Vorstand. Über einen Standort sei noch nicht entschieden: „Auch Duisburg ist nicht ausgeschlossen.“
Verlaufen weitere Tests erfolgreich, soll zwei Jahre später eine Produktion von Batterien folgen, die etwa die Reichweite von E-Autos steigern. Oberbürgermeister Sören Link würde neben der Holding gern ein PCC-Unternehmen in der Stadt sehen. „Wir helfen gern bei der Suche nach einer geeigneten Fläche“, versprach er beim Unternehmensbesuch.