Duisburg. Leerstand und Euro-Shops: Der Sonnenwall in der Duisburger City hat schon bessere Zeiten gesehen. Wie sich hier das Fachgeschäft „Magasin“ hält.
Wer das Geschäft von Willi Evers am Sonnenwall 67 betritt, geht auf Zeitreise. In dem Ladenlokal in der Duisburger Innenstadt hängen Dutzende Lampen – nostalgische, ausgefallene, originelle. Eine Standuhr schlägt zur vollen Stunde. Vor 40 Jahren hat der heute 74-Jährige sein „Magasin“ eröffnet – erst an der Moltkestraße in Duissern, später zog er dann in die City. „Der Sonnenwall war damals erste Wahl und eine angesehene Geschäftsstraße“, erinnert er sich. Die Zeiten sind, insbesondere im hinteren Teil Richtung Bezirksamt, freilich längst vorbei. Doch ein paar ältere Kunden kommen immer noch. Ein paar mehr jüngere dürften es aber noch werden. Ans Aufgeben denkt Evers jedenfalls noch nicht.
Ladenbesitzer importierte antike Schätzchen aus Frankreich und Belgien nach Duisburg
„Magasin“ ist kein Rechtschreibfehler, wie mancher Passant immer mal wieder vermutet, sondern kommt aus dem Französischen und bedeutet „Laden“. Früher ist Evers mit einem Sprinter losgefahren und hat die kunstvollen Objekte aufgekauft. Die antiken Schätzchen, die hier hängen, stammen etwa aus Belgien oder Frankreich. Dort durchforstete er Flohmärkte und Geschäfte und brachte die Fundstücke mit nach Deutschland. „Ursprünglich hat es mit Möbeln angefangen, aber irgendwann sind es mehr und mehr Lampen geworden“, berichtet der Duisburger von seinen Ausflügen. Die Franzosen hätten einen ganz anderen Einrichtungsgeschmack. Die Lampen passen zum Beispiel prima in Jugendstil-Häuser mit hohen Decken.
Kunden finden bei Evers nicht nur neues Altes, sondern können bei Bedarf auch ihre Deko-Objekte reparieren lassen. In einem Regal lagern zahlreiche Lampenschirme. Dazu einige Lampenfüße – beispielsweise Statuetten, die eine Leuchte emporrecken. Schlichte Modelle oder selbst gebaute. „Ich war schon vor 40 Jahren nachhaltig. Ich verwerte alles wieder“, erklärt der Geschäftsinhaber, ein passionierter Bastler. In Kisten stapeln sich Schrauben, Kabel und Drähte sowie andere Ersatzteile, die er noch brauchen könnte. Für ein besonders aufwendig verziertes Exemplar hat er Perlen auf Schnüre gefädelt, die beim Vorgänger-Modell kaputt gegangen sind.
Ursprünglich hat er nach der Schule, mit 13 Jahren, eine Ausbildung zum Elektroniker gemacht. „Ich wusste ja noch gar nichts von der Welt, was ich wollte und war familiär vorbelastet.“ Bevor er dann später einen eigenen Laden eröffnete, arbeitete er bei „Wild & Geflügel De Haan“ als Kaufmann. „Früher sind hier viele Duisburger über den Sonnenwall gelaufen“, erinnert er sich. Heute parkten öfter mal Autos in der Fußgängerzone, auch wenn das eigentlich verboten ist. Und statt Kunden spaziert ein Bettler durch die Tür, der ihm Schlüsselanhänger verkaufen möchte. „Es wird immer schlimmer“, konstatiert Evers. Angst habe er nicht, aber es gebe einige Stammkunden, die sich in diesem Abschnitt des Sonnenwalls unwohl fühlten.
Boris Roskothen: „Früher war nicht alles besser, aber heute ist vieles anders“
„Der Friedrich-Wilhelm-Platz war schon immer eine Grenze“, weiß Boris Roskothen. Dennoch möchte Roskothen, der im vorderen Bereich des Sonnenwalls sein Spielwaren-Fachgeschäft betreibt, nicht so schwarzmalen. „Früher war nicht alles besser, aber heute ist es anders“, formuliert er. Statt Geschäften gebe es nun mehr gastronomische Betriebe. „Die bringen auch Leute zum Sonnenwall.“ Und statt Boutiquen eröffnen Nagelstudios. „Die sind abends immer voll, wenn ich dort vorbei gehe.“
Die Kommunikation mit den anderen Geschäftsinhabern sei freilich schwieriger geworden, weil die Läden von Syrern, Vietnamesen, Chinesen und zahlreichen Kaufleuten anderer Nationalitäten betrieben werden. „Da würde ein City-Manager helfen, der sich kümmert, die Probleme der Geschäftsleute kennt und im Zweifelsfall weiß, wen man anrufen muss“, wünscht sich Roskothen. Auch im Handelsausschuss seien kaum Geschäftsleute mit Migrationshintergrund vertreten. Immerhin: Von Nachbar zu Nachbar gebe es einen lockeren Austausch.
Duisburger Wirtschaftsförderer: Leerstandsquote in City liegt derzeit bei 15,9 Prozent
Marc Oliver Hänig, Sprecher von „Duisburg Business & Innovation“, betont: „Der Sonnenwall ist integraler Bestandteil der Innenstadt. Mit der Buchhandlung Scheuermann, der Metzgerei Simon Berns, den Kaffeehäusern Dobbelstein und Heinemann oder dem Spielwarenfachgeschäft Roskothen gibt es dort einiges an inhabergeführtem Einzelhandel mit Tradition.“ In den Kontext gehöre auch die Wallstraße mit szenigen Läden und Lokalen. „Mit dem Citymanagement sind wir regelmäßig vor Ort, um die Entwicklung hinsichtlich des Leerstands, aber auch des Bestands zu erfassen. Dazu gehört auch der Austausch mit den ansässigen Gewerbetreibenden und Immobilieneigentümern.“ Insgesamt betrage die Leerstandsquote in der Duisburger Innenstadt und der „Nebenarme“ wie dem Sonnenwall 15,9 Prozent. Hänig: „Das ist etwa vergleichbar mit der Einkaufsstadt Essen.“
Händler Boris Roskothen findet es allerdings „erschreckend“, dass der Sonnenwall im Integrierten Handlungskonzept für die Innenstadt nur an einer Stelle erwähnt wird. „Sind wir vergessen worden?“ Ihm schwebt vor, dass mit den Citymanagern auch noch Fachkräfte von den Wirtschaftsbetrieben und Duisburg Kontor zusammen arbeiten müssten, die selbst über ein Budget verfügen und Entscheidungen treffen dürften. „Dann könnte man auch etwas bewegen.“
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Willi Evers hofft darauf, dass sich der eine oder andere an sein Geschäft erinnert, schließlich betreibt er eines der wenigen verbliebenen Lampengeschäfte in Duisburg. Geöffnet ist immer von montags bis freitags von 15 bis 18 Uhr sowie samstags von 11 bis 14 Uhr. „Ich mach den Laden noch nicht dicht. Das ist mein Leben.“