Duisburg. Samidoun soll verboten werden. In Duisburg demonstrierten Sympathisanten dagegen – aber nur etwa zehn. Die Kirche mobilisierte mehr Menschen.

Nach den Massakern der Hamas-Terroristen mit mehr als 1200 Toten in Israel hatte Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstagmorgen ein Betätigungsverbot für die Hamas und das Verbot des Vereins „Samidoun“ angekündigt. Kurz darauf meldete eine junge Frau bei der Polizei Duisburg eine „Spontanversammlung“ für Donnerstag, 19 Uhr, an der Pauluskirche in Hochfeld an. Motto: „Solidarität mit Samidoun“. Die Aktivistinnen der Jugendorganisation „Young Struggle“ konnten aber nur etwa zehn, elf Teilnehmerinnen und Teilnehmer mobilisieren – die Evangelische Gemeinde Hochfeld für eine Gegenversammlung doppelt so viele. In der absoluten Überzahl waren so Polizistinnen und Polizisten.

Auch mehr als zehn Journalistinnen und Journalisten waren am Donnerstagabend wieder auf den Platz an der Wanheimer Straße gekommen, darunter erneut Kamerateams. Dort war am Montagabend schließlich beinahe eine deutschlandweit beachtete Demonstration der Initiative „Palästina Solidarität Duisburg“ eskaliert, für die auch Samidoun im Internet geworben hatte.

Pro-palästinensische Demonstration in Duisburg-Hochfeld: Polizei beschlagnahmt Banner – und gibt es zurück

Im Vergleich zu Montag, als 110 pro-palästinensische Demonstranten und 55 israel-solidarische Gegendemonstranten teils sehr emotional skandiert hatten, blieb es drei Tage später auch wegen der geringen Teilnehmerzahl extrem ruhig. Das einzige Ereignis, das für ein klein wenig Aufregung und Empörung bei den Demonstrantinnen sorgte: Die Polizei beschlagnahmte wegen eines Anfangsverdachtes für kurze Zeit ein Banner und stellte die Personalien dreier Frauen fest.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Der strittige Slogan auf dem Banner: „Vom Fluss bis zum Meer: Freiheit für Palästina“. Gemeint sind der Jordan und das Mittelmeer – was so verstanden werden kann, dass Israel das Existenzrecht abgesprochen wird. Von vielen pro-palästinensischen Demonstranten ist diese Formulierung freilich genauso gemeint. Die Prüfung der Staatsanwaltschaft Duisburg ergab jedoch, dass die Formulierung von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Erneutes Großaufgebot: Auch die Polizei hatte mit mehr Demonstranten gerechnet

„Das Banner wurde wieder ausgehändigt“, erklärte Polizeisprecher Jonas Tepe. Zum von den Demonstrantinnen kritisierten Großaufgebot an Einsatzkräften sagte er: „Wir mussten uns nach Montag auch auf andere Szenarien einstellen und hatten mit mehr Demonstranten gerechnet.“

Rund um die Pauluskirche waren am Donnerstagabend ähnlich viele Einsatzfahrzeuge der Polizei zu sehen wie drei Tage zuvor. Diesmal waren fast alle Einsatzkräfte nicht gefordert.
Rund um die Pauluskirche waren am Donnerstagabend ähnlich viele Einsatzfahrzeuge der Polizei zu sehen wie drei Tage zuvor. Diesmal waren fast alle Einsatzkräfte nicht gefordert. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Veranstalterin Anna (22) aus Duisburg hatte 20 bis 30 Teilnehmer angemeldet. Anna und die anderen beiden Rednerinnen Trinity und Rike engagieren sich bei der „revolutionären“ Jugendorganisation Young Struggle gegen „Imperialismus, Krieg, Faschismus, Kapitalismus und Patriarchat“, so die Selbstdarstellung der Gruppe im Netz.

In Hochfeld kritisierten sie am Mikrofon auch die „Unterdrückung der Meinungsfreiheit“ durch den „rassistischen Staat Deutschland“ und die „Kriminalisierung der Unterstützer Palästinas“. Die Medien, so ihr Vorwurf, setzten alle „Palästinenser mit der Hamas“ gleich. Deren barbarische Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Senioren thematisierten die Aktivistinnen nicht. Auf Nachfrage sagte Anna, sie verurteile diese Gewalt gegen Zivilisten.

Nur zehn, elf Menschen, darunter mehrere Mitglieder der Jugendorganisation Young Struggle, beteiligten sich am Protest gegen das geplante Vereinsverbot des Netzwerks „Samidoun
Nur zehn, elf Menschen, darunter mehrere Mitglieder der Jugendorganisation Young Struggle, beteiligten sich am Protest gegen das geplante Vereinsverbot des Netzwerks „Samidoun". © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Gemeinde setzt Zeichen gegen Israel-Hass – und stört Demo mit Kirchenglocken

Wegen der geringen Teilnehmerzahl und der friedlichen Stimmung durften die 20 gekommenen Mitglieder der evangelischen Gemeinde ebenfalls direkt auf dem Platz vor ihrer Kirche Stellung beziehen. Diese Gegenversammlung, eine Mahnwache mit Andacht und Friedensgebet, hatte Pfarrer Martin Hoffmann am Donnerstagnachmittag „spontan angemeldet, um ein Zeichen zu setzen: Wir wollen nicht, dass hier vor unserer Kirche gegen Israel gehetzt wird“.

Darum ließ er auch die Kirchenglocken läuten, um die pro-palästinensische Kundgebung „ein bisschen zu stören“. Den Platz hatte die Kirche der Stadt vor Jahren überlassen – weshalb er nun öffentlicher Raum ist und für Demonstrationen aller Art genutzt werden darf. Die Gemeinde plant nun, in den kommenden Wochen für jeden Tag eine Mahnwache auf dem Platz vor der Kirche anzumelden, um dort Hass-Demonstrationen gegen Israel zu verhindern.

Bereits am Dienstag hatte Duisburgs Superintendent Dr. Christoph Urban erklärt, der Kirchenkreis teile die „Enttäuschung der Evangelischen Kirchengemeinde Hochfeld, dass der Platz vor der Pauluskirche als Aufmarschpunkt einer Demonstration gegen Israel genutzt werden durfte“ (wir berichteten).

Pfarrer Martin Hoffmann will notfalls fortan jeden Tag eine Mahnwache anmelden, um Hetze gegen Israel vor der Hochfelder Pauluskirche zu verhindern.
Pfarrer Martin Hoffmann will notfalls fortan jeden Tag eine Mahnwache anmelden, um Hetze gegen Israel vor der Hochfelder Pauluskirche zu verhindern. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Samidoun: Linksextreme Antisemiten

Auch interessant

Der Verein Samidoun, der sich „Gefangenensolidaritätsnetzwerk“ nennt, hatte am Samstag den blutigen Terror in Israel bejubelt, indem er Süßigkeiten in Berlin-Neukölln verteilte. Der Berliner Verfassungsschutz stuft das Netzwerk als antisemitisch und israelfeindlich ein, die Gruppe soll in der Hauptstadt eine zweistellige Zahl an Mitgliedern haben. Es soll – anders als die Hamas – nicht islamistisch sein, sondern eine linksextreme Vorfeldorganisation der „Volksfront für die Befreiung Palästinas“ (PFLP). Diese Terrorgruppe mit Sitz in Damaskus steht seit 2002 auf der Terrorliste der EU.

Die Polizei Berlin hat pro-palästinensische Kundgebungen und Ersatzveranstaltungen bis Dienstag verboten. Es bestehe „die unmittelbare Gefahr“, dass es „zu volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen, Gewaltverherrlichungen, dem Vermitteln von Gewaltbereitschaft und dadurch zu Einschüchterungen sowie Gewalttätigkeiten“ komme.

Pro-Palästina-Demo in Duisburg

Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
Eindrücke der Demos in Duisburg-Hochfeld.
1/30

Polizei Duisburg betont Schutz der Versammlungsfreiheit

Warum die Polizei Duisburg die Spontanversammlung „Solidarität mit Samidoun“ nicht untersagte? Polizeisprecher Jonas Tepe erklärte am Nachmittag vor der Kundgebung: „Der Schutz der Versammlungsfreiheit ist ein sehr hohes Gut. Wir können eine Versammlung nur verbieten, wenn wir konkrete Hinweise darauf haben, dass die öffentliche Sicherheit gefährdet ist.“ Dies sei „aktuell nicht der Fall“.

In NRW gelte zudem ein anderes Versammlungsrecht als in Berlin. Und nach der pro-palästinensischen Kundgebung und einer Gegendemonstration („Solidarität mit Israel“) am Montagabend sprach das Duisburger Präsidium von „weitestgehend störungsfreien“ Versammlungen.

Massives Polizeiaufgebot bei pro-palästinensischen Demonstration in Duisburg

weitere Videos

    Dennoch: Wegen Widerstandes sowie Widerstandes und versuchter Gefangenenbefreiung nahmen Polizisten am Montag zwei Personen (26/29) in Gewahrsam, die an der Pro-Palästina-Demonstration teilgenommen hatten. Nur durch ein Großaufgebot und energisches Dazwischengehen konnten anscheinend Gewalttaten verhindert werden.

    Verbotene Hetze auf Pro-Palästina-Demo?

    Ein Teilnehmer habe am Montag zudem Äußerungen in fremder Sprache getätigt, die den Tatbestand des § 140 Nr. 2 des Strafgesetzbuches erfüllt haben. Demnach habe der – nach unseren Informationen: Arabisch sprechende – Mann die Terror-Angriffe gebilligt und so versucht, den öffentlichen Frieden zu stören. Außerdem werden „weitere Äußerungen in dieser Versammlung auf strafrechtliche Relevanz“ geprüft.

    Für die Versammlung, an der sich auch zahlreiche Linksextreme beteiligt hatten, galten konkrete Auflagen, etwa: Es durfte nicht zu Hass oder Gewalt gegen die israelische Bevölkerung aufgerufen werden, das Existenzrecht des Staates Israel durfte nicht in Frage gestellt werden.

    Weicht Samidoun von Berlin nach Duisburg aus? Burak Yilmaz warnt

    Auch interessant

    Der Duisburger Autor Burak Yılmaz, der sich seit Jahren gegen Antisemitismus und Rassismus engagiert, warnte auf X (ehemals Twitter): „Dass Samidoun seine Demonstration nach Duisburg verlegt, ist kein Zufall. In der Stadt haben wir bereits islamistische Strukturen, auch türkische Nationalisten sind hier unterwegs. Konzepte dagegen hat die Stadt Duisburg im Grunde keine.“

    NRW-Innenminister Reul: Höhere Schutzmaßnahmen nach Hamas-Aufrufen

    Indes hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) höhere Schutzmaßnahmen vor Einrichtungen jüdischer Gemeinden angeordnet. Damit werde auch die Polizeipräsenz vor Synagogen erhöht, teilte das Innenministerium in Düsseldorf am Donnerstag mit. Hintergrund seien aktuelle Mobilisierungsaufrufe der Hamas.

    Auch interessant

    „Die Bedrohung der Hamas und deren Sympathisanten gegenüber Jüdinnen und Juden und die daraus resultierende Beunruhigung unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger nehmen wir sehr ernst“, unterstrich Reul. Die zusätzliche Polizeipräsenz solle auch das Sicherheitsgefühl in den jüdischen Einrichtungen erhöhen, sagte Reul weiter.

    Die Polizei in Nordrhein-Westfalen bewerte die aktuellen Entwicklungen in Israel im Hinblick auf die Sicherheitslage in Nordrhein-Westfalen fortlaufend. Die Verantwortlichen der jüdischen Gemeinden könnten sich zudem bei Fragen unmittelbar an die jeweiligen Kontaktpersonen in den für sie zuständigen Kreispolizeibehörden wenden. (mit epd)