Duisburg/Mülheim/Oberhausen. Rabbiner Geballe spricht nach dem Angriff der Hamas über die Betroffenheit der Jüdischen Gemeinde, die Sicherheitslage und Pro-Palästina-Demos.

Der blutige Großangriff der Hamas-Terroristen auf Israel trifft auch die Jüdische Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen. Viele der etwa 2600 Mitglieder seien erschüttert und voller Sorge, berichtet Oberrabbiner David Geballe: „Fast alle haben Verwandte und Freunde, die in Israel leben, die dort gerade ihren Militärdienst leisten oder jetzt eingezogen werden.“

Die grauenhafte Lage hatte am Wochenende auch hierzulande Simchat Tora überschattet. Wegen des jüdischen Feiertags schaltete der Rabbiner selbst sein Smartphone erst am späten Sonntagabend ein – und beantwortet seither auf allen Kanälen „sehr emotionale“ Zuschriften und Anrufe. Er könne nicht alle Fragen beantworten, aber „jeder Geistliche kann zumindest ein offenes Ohr anbieten“, sagt Geballe. Die vielen Gemeindemitglieder mit Wurzeln in der Ukraine „leiden nun unter einer Doppelbelastung. Manche von ihnen haben fast keine Kraft mehr.“

Jüdische Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen: Dank für Anteilnahme und Solidarität

Der Oberrabbiner sagt, er und die Gemeinde seien dankbar für die „aktive Anteilnahme der Zivilgesellschaft“ in Duisburg, Oberhausen und Mülheim. Die Solidarität komme seit Samstag durch viele Zuschriften zum Ausdruck. Vor der Synagoge im Duisburger Innenhafen seien etwa Blumen und Karten abgelegt worden.

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Die Demonstranten von Berlin-Neukölln und Duisburg-Hochfeld verurteilt Geballe auf Nachfrage scharf: „Wer die Bilder gesehen hat, wie Kinder, Frauen und Senioren entführt und geschändet werden, und trotzdem erfreut auf der Straße feiert oder demonstriert“, der zeige, „dass er nicht Teil der menschlichen Zivilisation ist“. Solche Unterstützung für die „menschenverachtende“ Terrororganisation Hamas mache ihn „traurig“, sie überrasche ihn jedoch nicht: „Wir kennen das leider seit Jahren, dass Hetzer die Emotionen von Muslimen ausnutzen und gegen Juden und Israel instrumentalisieren, zum Beispiel in sozialen Medien.“

Aus der Bundes-CDU kamen nach der Skandal-Demo von Berlin Forderungen, beteiligten Demonstranten mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen. David Geballe sagt, er könne diese Forderung „moralisch nachvollziehen“, „aber juristisch nicht bewerten“.

Ein Einsatzwagen der Polizei am Montag vor der Synagoge der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen. Für die Einrichtung gibt es seit Jahren polizeilichen Objektschutz.
Ein Einsatzwagen der Polizei am Montag vor der Synagoge der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen. Für die Einrichtung gibt es seit Jahren polizeilichen Objektschutz. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

„100-prozentige Sicherheit kann es nicht geben“

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Den Polizeibehörden in den Städten der Gemeinde spricht der Geistliche „großen Dank und Lob“ aus: „Wir verlassen uns auf die Polizei und den Staatsschutz, stehen im ständigen Austausch mit den Präsidien. Aber wir wissen auch: 100-prozentige Sicherheit kann es nicht geben.“ Es gebe aktuell „keine akut geänderte Sicherheitslage für uns“, sagte Geballe am Montagmittag.

Duisburg sei zwar kein Schwerpunkt antisemitischer Straftaten, aber die Unsicherheit stetiger Begleiter vieler Jüdinnen und Juden. Aus Angst vor Übergriffen versteckt der Rabbi seine Kippa, wenn er hier oder anderswo in Deutschland unterwegs ist, seit Jahren mit einer Schirmmütze oder einem Hut.

Israels Ministerpräsident Netanjahu hat einen langen und harten Krieg angekündigt. Mit Blick darauf hofft David Geballe, „dass deutsche Medien, Gesellschaft und Politik in einigen Wochen nicht vergessen, was der Auslöser war.“