Auf ein Innovationszentrum Wasserstoff setzt Duisburg große Hoffnungen. Warum das Projekt trotz 122,5 Mio. Euro Fördergeld nicht voran kommt.
Ein Innovations- und Technologiezentrum (ITZ) soll einer der Leuchttürme der „Wasserstoff-Hauptstadt Duisburg“ werden. Doch fast zwei Jahre nach den Förderzusagen über insgesamt 122,5 Millionen Euro des Bundesverkehrsministeriums (BMDV, 72,5 Millionen Euro) und des NRW-Wirtschaftsministeriums (MWIKE, 50 Millionen Euro) brennt im Leuchtturm noch kein Licht. Ein von der Landesgesellschaft Projektträger Jülich (PTJ) erstelltes Fördermodell ist nicht mit dem EU-Recht vereinbar. Deshalb müssen nun die Projekte überarbeitet werden, ein Start ist wohl frühestens im Laufe des kommenden Jahres zu erwarten.
Die Nachricht habe bei den Mitgliedern der Initiative Hy.Region.Rhein.Ruhr, die regionale Akteure der Wasserstoff-Wirtschaft und -Wissenschaft vernetzt, „Entsetzen ausgelöst“, heißt es dort. Frustration auch im Zentrum für Brennstoffzellentechnik (ZBT) der Uni Duisburg-Essen (UDE): Die Forscher hatten sich erfolgreich am Standortwettbewerb beteiligt und waren mit Enthusiasmus in die Planung gestartet.
Trotz bester Voraussetzungen kein zügiger Start in Sicht
Im Mai 2022 wurde mit „TrHy – The Hydrogen Proving Area“ ein Name für das Duisburger ITZ präsentiert, bei den Hüttenwerken Krupp-Mannesmann steht eine 18.000 Quadratmeter große Industriehalle bereit. Dort sollen Bauteile für eine standardisierte Antriebstechnik für Lkw und Binnenschiffe mit Brennstoffzellen-Antrieb getestet, genormt und zertifiziert werden. Für die Innovationen kleiner und mittlerere Unternehmen (KMU) soll das TrHy Codes und Standards formulieren. Nebenan, auf einer Duisport-Fläche in Wanheim, ist ein Bildungszentrum geplant für die Qualifizierung von Wasserstoff-Fachleuten, etwa für die Stahlindustrie.
Trotz bester Voraussetzungen für einen zügigen Start ist der aktuell nicht in Sicht. Man sei „nicht einmal bis zur Antragsphase gekommen“, heißt es beim ZBT, dann habe die EU-Kommission den Anker geworfen. Wer nun die Verzögerung zu verantworten hat, ist die spannende Frage. Klar ist: Den rechtssicheren Rahmen zur Verwendung der Millionen müssen nicht die Ingenieure und Naturwissenschaftler des ZBT, sondern die Juristen in den Ministerien in Berlin, Brüssel und Düsseldorf liefern.
Es sei deshalb der Projektträger Jülich beauftragt worden, so das Berliner Verkehrsministerium, „in einer Machbarkeitsstudie ein Fördermodell zu erarbeiten, welches unter den gesetzten Rahmenbedingungen eine maximale Förderung erlauben sollte“. Das PTJ, Teil des Forschungszentrums Jülich, das nach eigenen Angaben in 2022 mit 1541 Mitarbeitenden ein Fördervolumen von rund 2,67 Milliarden Euro bearbeitete, rühmt sich selbst der nötigen Kompetenz in der Umsetzung von Förderprogrammen: „Mit unserer Expertise im Forschungs- und Innovationsmanagement unterstützen wir unsere Auftraggeber in Bundes- und Landesministerien sowie die EU-Kommission bei der Realisierung ihrer förderpolitischen Zielsetzungen.“
Nachfragen zu den Gründen für das Dilemma mag das PTJ nun nicht beantworten. Zwar, so ein Sprecher, berate man Antragsteller auch zu allen beihilferechtlichen Fragen. Aber: „Wenn eine Förderung bei der EU-Kommission notifiziert werden muss, sind damit umfangreiche Verfahren verbunden, für die das fördermittelgebende Ressort verantwortlich zeichnet.“
Dass ihr Fördermodell auf tönernen Füßen steht, mögen die PTJ-Leute geahnt haben. Sie hätten, so heißt es aus dem Verkehrsministerium, „zur Absicherung dieses komplexen Konzepts eine Kommunikation mit der EU-Kommission empfohlen“. Die daraufhin eingeleitete Prüfung in Brüssel habe ergeben, dass das Fördermodell „nicht mit den Regeln des europäischen Binnenmarkts vereinbar ist“.
EU-Komission vermisst offenbar Beitrag der Wirtschaft zum ITZ
Dass sich die EU daran stößt, „dass eine neu zu gründende, wirtschaftlich tätige Gesellschaft (das TrHy) und sogenannte ‘Satelliten’ (darunter auch das ZBT) die Fördermittel einwerben sollen“, deutet ein Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums an. Kurzum: Für ein Wasserstoffzentrum, das als Dienstleister und Auftragnehmer der Industrie auftritt, vermisst die EU einen finanziellen Beitrag der Unternehmen.
Von Glück sagen können die Beteiligten, dass sich eine Lösung auftut: Die EU weist darauf hin, dass ihre zum 1. Juli in Kraft getretene Novelle der „Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung“ (AGVO) einen Beihilferahmen schafft, in dem das ITZ die angestrebten Leistungen erbringen kann. Die AGVO, die den Prüfaufwand in Brüssel mindern soll, erlaubt innerhalb finanzieller Grenzen, Beihilfen für KMU sowie für Forschung, Entwicklung und Innovation.
„Wir sind mit allen Standorten des ITZ und den beteiligten Institutionen in Bund und Land in intensiver Abstimmung, wie wir unter den vorliegenden Förderprämissen eine Finanzierung des für die Region so wichtigen Projektes erreichen können“, sagt ZBT-Geschäftsführer Dr. Peter Beckhaus. „Eine aktive Partizipation von Unternehmen wird hierfür sicherlich hilfreich sein.“ Die Anpassung an den neuen Förderrahmen sowie die Bearbeitung werden Zeit benötigen. Bis im Leuchtturm das Licht brennt, wird’s noch dauern.