Duisburg. Die Verträge sind gekündigt, die erste Grundschule hat schon keinen Schulsozialarbeiter mehr. Warum in Duisburg 53 Standorte gefährdet sind.

Keine Schulsozialarbeit mehr an Duisburger Grundschulen? An der Gemeinschaftsgrundschule Marienstraße in Homberg ist die Stelle schon nicht mehr besetzt, ab Mitte Oktober fehlen die Stellen an den Grundschulen Am Park, Henriettenstraße, Jägerstraße und Nombericher Straße. Und Ende Dezember ist dann auch an den Grundschulen Kantstraße und Wanheim Schluss.

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An all diesen Grundschulen hat der Caritasverband die Reißleine gezogen und für sechs von zehn Stellen die Verträge gekündigt. Im Jugendhilfeausschuss wurde aber deutlich: Die Ursache betrifft alle Träger, und sie alle kündigen Konsequenzen an.

Am Ende geht es immer ums Geld, und Schlagzeilen zur Zukunft der Schulsozialarbeit waren in den vergangenen Jahren keine Seltenheit. In diesem Fall führen Gehaltssteigerungen durch die neuen Tarifverträge dazu, dass die Träger die Kosten nicht mehr stemmen können. Die Stadt kann es offenbar auch nicht: „Aus derzeitigen Haushaltsmitteln kann das Jugendamt trotz Anerkenntnis der Kostensteigerung keine Erhöhung der Zuwendung mehr anbieten“, schreibt die Stadtverwaltung.

Schulsozialarbeit an 53 Grund- und Förderschulen in Duisburg

An 53 Duisburger Grund- und Förderschulen sind derzeit Fachkräfte mit 46 Vollzeitstellen beschäftigt. „Sie stehen alle auf der Kippe“, sagte Julia Schröder vom Caritasverband. 30 Grund- und Förderschulen haben aktuell ohnehin schon keine Schulsozialarbeitenden.

Bereits im Mai hatte Oberbürgermeister Sören Link in einem Brief an Schulministerin Dorothee Feller betont, dass die Fördermittel des Landes NRW rechnerisch lediglich 36 Stellen finanzieren würden. Bislang konnte der kommunale Anteil aus Bildungs- und Teilhabe-Mitteln erbracht werden. Das sei nun nicht mehr möglich, weshalb das Land seine Zuwendung auf 3,58 Millionen Euro erhöhen müsse. „Die Strukturen in Duisburg haben sich bewährt und müssen zum Wohle der Kinder und Jugendlichen an den Schulen der Stadt unbedingt erhalten bleiben“, so Link.

Kommunale Schulsozialarbeit kann präventiv Schulverweigerung verhindern

Die Antwort der Ministerin ist aus Duisburger Sicht allerdings wenig erfreulich. Man danke für die „qualitativ hochwertige Schulsozialarbeit“, wünsche sie sich „allgemein als festen Bestandteil von Schule“. Aber mehr als die jährlich 2,3 Millionen Euro seien nicht drin. Kostensteigerungen durch Tariferhöhungen würden eben nicht automatisch eine Erhöhung der Unterstützungsfinanzierung nach sich ziehen.

Ministerin und OB betonen in ihren Schreiben die gesetzliche Verpflichtung aus den §§ 2, 13a SGB VIII, nach denen Schulsozialarbeit „präventiv in der Lage ist, schweren Problemverläufen wie z.B. Schulabsentismus zu begegnen“, so Feller.

Trotzdem ist bei den derzeitigen finanziellen Bedingungen und ohne Erhöhung der Landeszuweisung „die kommunale Schulsozialarbeit in ihrem Umfang akut gefährdet“, schreibt das Jugendamt in einer Vorlage. Ohne Erhöhung der Stellenfinanzierung sei zu befürchten, dass die Verträge mit den Verbänden zum Jahresende auslaufen.

An weiterführenden Schulen sind 65 Fachkräfte im Landesdienst an Duisburger Schulen eingesetzt und akut nicht gefährdet. Sie werden durch die Stadt lediglich koordiniert.

Die Mitarbeiter „holen wir nicht mehr zurück“

Bürgermeisterin Edeltraud Klabuhn (SPD) betonte, dass es ein Fehler sei, auf diese wichtige präventive Aufgabe zu verzichten. „Wir müssten später viel mehr ausgeben, um das aufzuholen.“ Es sei auch keine Option, künftig auf Träger zu setzen, die ihre Mitarbeiter nicht tarifgebunden bezahlen. Von nicht angemessener Bezahlung seien dann vor allem Frauen und junge Menschen betroffen.

Bürgermeisterin Edeltraud Klabuhn, hier im Theater Duisburg, setzt auf den Fortbestand der Schulsozialarbeit als präventive Maßnahme.
Bürgermeisterin Edeltraud Klabuhn, hier im Theater Duisburg, setzt auf den Fortbestand der Schulsozialarbeit als präventive Maßnahme. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Dirk Franke als Vertreter der Arbeiterwohlfahrt befürchtet, dass die erfahrenen Mitarbeiter schnell weg sein werden. „In drei Monaten haben wir keine Verträge mehr, die Mitarbeiter orientieren sich um, die holen wir nicht zurück.“

Gemessen an 100 Millionen Euro, die in den Neubau der Green-Gesamtschule gesteckt werden sollen, hofft Bürgermeister Sebastian Ritter (Grüne) darauf, Geld für die Schulsozialarbeit in den nächsten Haushalt einzustellen. „Das kriegen wir hin!“

>> DIESE TRÄGER BESCHÄFTIGEN IN DUISBURG SCHULSOZIALARBEITER

  • In Duisburg haben acht Träger Verträge mit der Stadt.
  • Wenn es keine Lösung gibt, die Mehrkosten durch Stadt oder Land ausgleichen zu lassen, wären bei der Arbeiterwohlfahrt acht Stellen, beim Caritasverband zehn Stellen, beim Diakonischen Werk acht Stellen, beim Deutschen Roten Kreuz fünf Stellen, bei der Grafschafter Diakonie sieben Stellen, bei KJHV RheinRuhr/KJSH-Stiftung drei Stellen, bei der Lebenshilfe zwei Stellen und bei Wellenbrecher e.V. drei Stellen in Gefahr.
  • Vor den Haushalts-Beratungen müsse geklärt werden, ob man die vorhandenen Mittel auf weniger Schulsozialarbeiter umlegen könne, um zumindest einen Teil der Standorte erhalten zu können, sagte im Jugendhilfeausschuss Paul Bischof, Beigeordneter für Recht, Familie und Integration.