Duisburg. Erneuerbare Wärmequellen rücken zur Nutzung für die Fernwärme in Duisburg in den Fokus. Diese Chancen bieten Tiefengeothermie und Grubenwasser.

Liegt die Zukunft der Duisburger Wärmeversorgung in der Tiefe? Die Chancen stehen gut, dass Geothermie und Grubenwasser aus stillgelegten Bergwerken zu klimafreundlichen Energiequellen für den Ausbau des Fernwärmenetzes werden könnten. Dazu laufen Erkundungen und Gespräche, Machbarkeitsstudien sind in Arbeit. Das ist der Stand der Dinge.

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Die Voraussetzungen für die Nutzung der Wärme aus der Tiefe sind zwischen Duisburg und Düsseldorf hervorragend, vermuten Geologen. Der Kalkstein mit seinen vielen untereinander verbundenen Klüften und Hohlräumen ist optimal für Energieerzeugung aus heißem Wasser: Dort kann die Ressource stetig nachfließen.

Duisburg und Düsseldorf: Gemeinsames Projekt zur Erkundung der Potenziale

Als das Land 2019 Fördermittel für die Erkundung der Potenziale zur Verfügung stellte, stielten beide Städte das Projekt „Tiefengeothermie für die Fernwärme in Duisburg und Düsseldorf“ ein, Uni Duisburg Essen, Fraunhofer IEG (Energieinfrastrukturen und Geothermie, Bochum) der Flughafen Düsseldorf und Fernwärme Duisburg (Stadtwerke) schlossen sich dem Konsortium an.

Mit 500.000 Euro wurden unter anderem Probebohrungen durch den Geologischen Dienst NRW im Duisburger Süden finanziert. Bis in 130 Meter Tiefe arbeiteten sich die Teams vor, entnahmen Bohrkerne und erkundeten den Wasserfluss im Untergrund mit Sonden. „Die Erde ist unser hauseigener Wasserkocher, den wir anzapfen wollen“, erklärt Geologe Martin Arndt.

Am stillgelegten Bergwerk Walsum (im Bild) hebt die RAG rund acht Millionen Kubikmeter Grubenwasser aus dieser und den linksrheinischen Schachtanlagen. Dessen hohe Temperatur könnte für die Fernwärme-Versorgung genutzt werden.
Am stillgelegten Bergwerk Walsum (im Bild) hebt die RAG rund acht Millionen Kubikmeter Grubenwasser aus dieser und den linksrheinischen Schachtanlagen. Dessen hohe Temperatur könnte für die Fernwärme-Versorgung genutzt werden. © Hans Blossey/www.blossey.eu/Funke Foto Services

Pro Kilometer Tiefe gewinnt Wasser 30 Grad Wärme. Und die Geothermie ist als einzige erneuerbare Energie „grundlastfähig“: Das Wasser fließt immer nach, kennt keine Flaute wie der Wind, geht nicht unter wie die Sonne. Ab 60 Grad kann die Wärme ins Fernwärmenetz eingespeist werden. Vor einer Tiefenbohrung, die mehrere Millionen Euro kostet, sollte sicher sein, dass die Investition lohnt.

Ergebnisse von Probebohrungen werden beim Fraunhofer IEG ausgewertet

Gespannt erwartet auch Karlheinz Frings, der im Duisburger Umweltamt das Projekt koordiniert, auf die Auswertung der Ergebnisse. „Wir haben erste Vorab-Informationen bekommen, doch die Bewertung von mehreren tausend Messpunkten durch das Fraunhofer IEG braucht Zeit“, erklärt Frings. In einer Machbarkeitsstudie sollen die Erkenntnisse zusammengefasst werden.

So vielversprechend sind die bisherigen Auswertungen, dass es in den nächsten Tagen bereits ein Gespräch mit dem NRW-Wirtschaftsministerium gibt, in dem es auch um die Förderung weiterer Erkundungsbohrungen und einer 3D-Seismik geht.

Das Potenzial von Grubenwasser

Potenzial als zuverlässige Fernwärme-Quelle hat auch das Grubenwasser ehemaliger Bergwerke. Es füllt bis in 1000 Meter Tiefe die Schächte und Hohlräume, die durch den Kohleabbau entstanden. Die Nutzung des zwischen 28 und 30 Grad warmen Wassers erschien lange nicht lukrativ, durch die Wärmewende rückt es nun wieder ins Blickfeld.

Steigen darf es nur bis zu einem sicheren Abstand von 150 Metern zu den Grundwasser führenden Schichten. Deshalb hebt die RAG nur noch an sechs Schachtanlagen im Ruhrgebiet das Grubenwasser und pumpt es in Rhein, Emscher und andere Gewässer.

Einer dieser Standorte ist das ehemalige Bergwerk Walsum, dort wird über untertägige Verbindungen auch das Grubenwasser der linksrheinischen Schachtanlagen (Moers, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn) gesammelt und in den Rhein gepumpt – insgesamt rund acht Millionen Kubikmeter pro Jahr.

Stadtwerke mit der RAG im Gespräch

Deren Nutzung als Speicher und Wärmeträger „ermöglicht die Umkehr von Ewigkeitslasten zu Ewigkeitsnutzen bei der Wärmewende“, hofft Karlheinz Frings. Die RAG dürfe allerdings nicht mehr selbst Energie gewinnen und verkaufen, erklärt Sprecher Christof Beike. „Aber wir könnten es Partnern, etwa Stadtwerken, ermöglichen.“ Zu technischen und rechtlichen Fragen sind Studien bereits in Arbeit.

Auch für die Duisburger Stadtwerke ist das Grubenwasser ein Thema. „Wir stehen dazu mit der RAG im Austausch“, bestätigt Sprecher Felix zur Nieden. Konkrete Projekte und der Bau von Anlagen sind aber noch Zukunftsmusik. Schon, weil zunächst noch laufende Projekte wie der Bau der Energiezentrale Wedau-Nord und der Großwärmepumpen an der Kläranlage Huckingen (wir berichteten) abgearbeitet werden müssen. Die Grubenwassernutzung am Schacht Walsum sei „zum jetzigen Zeitpunkt kein priorisiertes Projekt“, sagt der Stadtwerke-Sprecher.

>> ERNEUERBARE ENERGIE FÜR KLIMAFREUNDLICHE FERNWÄRME

  • Um eine möglichst klimafreundliche Fernwärmeversorgung anbieten zu können, müssen auch die Duisburger Stadtwerke möglichst erneuerbare Energien in die Wärmegewinnung einbinden.
  • Die Nutzung der Geothermie über viele dezentrale Einspeisestellen stellt die Netzplaner aber auch vor erheblich größere Herausforderungen bei der Netzhydraulik als bei der klassischen Einspeisung aus zentralen Erzeugungsanlagen.
  • Energiewirtschaftlich gilt ein Wärmenetz mit einem Anlagenmix aus Geothermie, Großwärmepumpen und thermischen Speichern allerdings als optimale Schnittstelle zwischen Wärme- und Stromsektor. Beispiel: Fernwärmespeicher wie der in Wanheim können aus überschüssigem Windstrom Fernwärme produzieren und bei Bedarf abgeben.