Duisburg. Wie finanziert eine klamme Kommune wie Duisburg die starken Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst? Das sagen OB Link und Kämmerer Murrack.
Die Frage, wie die historisch starken Lohnerhöhungen im Öffentlichen Dienst finanziert werden, treibt Kämmerer und Bürger um. Der Bund der Steuerzahler NRW mahnt die Kommunen, die Personalkosten-Steigerungen nicht durch höhere Steuern und Abgaben auszugleichen. Müssen die Bürgerinnen und Bürger Duisburgs die Zeche für den „teuersten Tarifabschluss aller Zeiten“ (siehe Infobox) zahlen? Die Stadt meldete für 2022 zwar den achten ausgeglichenen Haushalt in Folge, und der Rat konnte jüngst erstmals seit vielen Jahren die hohen Grund- und Gewerbesteuern leicht senken (wir berichteten). Wegen der Altschulden und der neuen Zinssteigerungen aber steht die ehemalige Haushaltssicherungskommune weiter unter Druck.
Dennoch sagt Oberbürgermeister Sören Link mit Blick auf die erhöhten Ausgaben durch den Tarifanstieg: „Ich bin zuversichtlich, dass wir diesen Mehraufwand in Duisburg stemmen können, ohne Steuern oder Gebühren für die Bürgerinnen und Bürger erhöhen zu müssen. In anderen Kommunen sieht das deutlich kritischer aus.“
Tarifabschluss: Stadt Duisburg zahlt schon 2023 hohen zweistelligen Millionen-Betrag für Lohnplus
Gleichwohl sei der Tarifabschluss „auch für die Stadt Duisburg eine Herausforderung“, betont Martin Murrack, Stadtkämmerer und Stadtdirektor. Für die erhöhten Personalkosten „müssen wir 2023 zusätzlich einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag stemmen. In den kommenden Jahren wird das jeweils deutlich mehr pro Jahr sein.“ Die Kämmerei rechnet noch.
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Zur Einordnung: Nach Angaben der Stadt betrugen die Gesamtpersonalkosten für die Kernverwaltung (also ohne die städtischen Tochtergesellschaften) im Vorjahr mehr als 510 Millionen Euro inklusive der Versorgungsaufwendungen für Rentner und Pensionäre. Wie viele Beschäftigte der Stadtverwaltung nun direkt und unmittelbar vom Tarifabschluss profitieren, ermittelt diese zurzeit noch.
Anfang 2023 hatten die Stadt und ihre Töchter zum „Konzern Stadt“ angegeben, im öffentlichen Dienst seien etwa 6100 Mitarbeitende des städtischen Versorgungskonzerns DVV (Stadtwerke, DVG, Octeo) angestellt, rund 1800 bei den Wirtschaftsbetrieben (WBD) und rund 6500 in der Kernverwaltung der Stadt. Diese letzte Zahl enthält allerdings auch Beamtinnen und Beamte – für sie gilt der Tarifabschluss nicht (siehe Kasten). Unmittelbar profitieren vom Abschluss 5693 städtische Mitarbeitende, berichtet ein Stadtsprecher: „Darunter fallen die tariflich Beschäftigten, inklusive Jobcenter (4737), Azubis (405), Altersteilzeit (43) und die tariflich Beschäftigten von DuisburgSport (133) sowie Immobilien-Management Duisburg (375).“
Kämmerer Murrack: Luft durch Schlüsselzuweisungen und Steuereinnahmen
„Wir können das ohne Steuer- und Gebührenerhöhung schaffen“, so Murrack, „weil wir unseren Haushalt in den letzten Jahren konsolidiert haben, nicht mehr überschuldet sind und 2022 einen Überschuss in Höhe von 190,1 Millionen Euro erzielen konnten.“
Zudem habe die Stadt „von den Schlüsselzuweisungen, die wir durch das Gemeindefinanzierungsgesetz zusätzlich erhalten haben, bereits Geld für die erhöhten Personalaufwendungen abgezwackt“. Bei den Steuereinnahmen laufe es obendrein „besser als erwartet“.
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Die Duisburger Gebührenordnung verabschiedet der Rat. Mit dem Beschluss vom November waren zuletzt einige Abgaben erhöht worden (etwa die für Straßenreinigung sowie Mülltonnen-Vollservice), andere verringert (Abfall-Grundgebühr und Behälter-Leerung). Die Wirtschaftsbetriebe hatten die Friedhofsgebühren erneut deutlich angehoben (wir berichteten).
OB Link fordert erneut Altschulden-Lösung
Der Tarifabschluss verdeutliche zudem, „dass wir für Städte wie Duisburg endlich eine Altschulden-Lösung brauchen“, bekräftigte OB Sören Link aufs Neue. „Land und Bund lassen uns seit Jahren hängen.“
Die erhöhten Personalkosten erschwerten den weiteren Schuldenabbau „genauso wie die steigenden Zinsen, die verschuldete Kommunen jetzt und wahrscheinlich in den kommenden Jahren wieder stärker belasten werden“, so Link.
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Auf die Vorteile der Lohnerhöhungen verweist Personaldezernentin Kerstin Wittmeier. So sei der Tarifabschluss „ein wirklich positives Signal und für viele Kolleginnen und Kollegen – nicht nur wegen der Inflation – ein extrem wichtiges Zeichen der Wertschätzung. Ich erinnere daran, dass sie uns zuletzt durch die Corona-Pandemie und die Folgen des Ukraine-Krieges gebracht haben.“ Das Gehaltsplus mache darüber hinaus „den öffentlichen Dienst attraktiver“, so die Beigeordnete.
>> „Teuerster Tarifabschluss“ für rund 2,5 Millionen Beschäftigte
- Gewerkschaften und öffentliche Arbeitgeber haben sich auf ein Tarifergebnis für über 2,4 Millionen Beschäftigte der kommunalen Arbeitgeber und 134.000 des Bundes geeinigt. Diese erhalten eine steuerfreie Inflationsausgleichszahlung in Höhe von 3000 Euro, ihre Einkommen steigen ab März 2024. Die meisten Beschäftigten erhalten laut Verdi unterm Strich eine Erhöhung von mehr als elf Prozent.
- Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte dazu: „Mit rund 17 Milliarden Euro ist das der teuerste Tarifabschluss aller Zeiten. Dies trifft gerade die Kommunen, die ohnehin unter einer schwierigen Finanzlage leiden, hart.“
- Der Tarifabschluss gilt für viele Branchen: für Frauen und Männer, die als Erzieher, Busfahrer, Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Kranken- und Altenpfleger, Verwaltungsangestellte, Klärwerksmitarbeiter, Förster oder Ärzte arbeiten. Eine Pflegekraft etwa bekommt eine monatliche Entgeltsteigerung von etwa 400 Euro, ein Müllwerker oder eine Müllwerkerin von 357 Euro (+ 13,4 Prozent).
- Die Bezüge der Beamtinnen und Beamten in NRW waren durch eine Besoldungsanpassung (nach dem Tarifabschluss für die Angestellten der Länder) zum 1. Dezember 2022 um 2,8 Prozent gestiegen. Der Landtag hatte diesem Gesetzesvorhaben am 23. März 2022 zugestimmt.