Duisburg. Ein Getränkehändler aus Duisburg stand wegen Angriffs vor einer Duisburger Berufungskammer. Das Verfahren nahm mehr als eine überraschende Wende.

Weil ein Getränkehändler sauer war, dass der Großhändler, von dem er selbst beliefert wurde, ihm die Kunden abwarb, soll er gewalttätig geworden sein. Allerdings richtete sich der Zorn des 38 Jahre alten Duisburgers vor allem gegen einen Lagerarbeiter, der in dem Großhandel arbeitete. Gemeinsam mit zwei unbekannt gebliebenen Mittätern soll der 38-Jährige den Mann am 17. April 2019 auf einem Parkplatz hinter einem Restaurant in Kaßlerfeld zusammengeschlagen haben.

Im April 2021 war der Angeklagte deshalb vom Amtsgericht Duisburg zu einer achtmonatigen Strafe mit Bewährung verurteilt worden. Der 38-Jährige legte Berufung ein. Die endete im Februar 2022 mit einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von 1500 Euro Geldbuße. 500 Euro sollte der Geschädigte als Schmerzensgeld erhalten, 1000 Euro waren für eine gemeinnützige Organisation bestimmt.

Prozess in Duisburg: Erst war der Angeklagte verschwunden, nun fehlte der Verteidiger

Doch ab da lief für die Justiz rein gar nichts mehr planmäßig. Denn der Angeklagte zahlte scheinbar nicht. Obendrein war sein Aufenthaltsort nicht mehr zu ermitteln. Für die Berufungskammer des Landgerichts hieß das: Alles noch mal von vorne. Obwohl die Ladung zur erneuten Berufungsverhandlung nur öffentlich zugestellt werden konnte – das heißt, als Aushang im Gebäude des Gerichts – erschien der Angeklagte.

Dafür fehlte sein Verteidiger. Und das, obwohl der Anwalt Pflichtverteidiger war und er als notwendiger Verfahrensbeteiligter zum Prozess geladen war. Da wunderte es den Vorsitzenden der Berufungskammer schon ziemlich, was der Angeklagte darüber wusste: „Mein Anwalt kommt nicht. Ich hatte kein Geld, um ihn zu bezahlen“, so der ehemalige Getränkehändler, den nach eigenen Angaben Corona zur Geschäftsaufgabe gezwungen hatte.

Tatsächlich hatte der 38-Jährige einen Teil der Geldbuße doch bezahlt

„So ein Prozess ist doch kein Spaß“, ärgerte sich der Vorsitzende. Und dachte laut darüber nach, das Verfahren auszusetzen und dem Verteidiger die Kosten für den Verhandlungstag aufzubrummen. „Warum wussten wir denn ein ganzes Jahr nicht, wo sie wohnen?“ Der Angeklagte stammelte was von privaten Problemen, aber er lebe jetzt wieder bei seiner Ex-Frau. Warum er die Geldbuße nicht bezahlt habe, wollte der Richter wissen?“ Der zuckte mit den Schultern: „Das Schmerzensgeld habe ich ja bezahlt.“

Angesichts dieser völlig neuen Lage zogen sich das Gericht und die Staatsanwältin zu einem Rechtsgespräch zurück. Die Lösung war schnell gefunden: „Wir werden das Verfahren einstellen. Ohne weitere Auflagen“, so der Vorsitzende.

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Weil die Tat inzwischen vier Jahre her sei und ein wesentlicher Teil der Auflagen eben doch erfüllt worden sei. Der Angeklagte war glücklich. Auch sein Anwalt wird sich freuen: Die Kosten des Verfahrens trägt nämlich jetzt die Staatskasse.