Duisburg. Nach den Berichten über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kämpfen Eltern für „ihre“ Waldorfschule in Duisburg. Das sind ihre Gründe.
Eltern der Ganztags-Waldorfschule in Duisburg-Hüttenheim wünschen sich, dass endlich Ruhe einkehrt. Seit 2021 schwelen Konflikte zwischen einigen Eltern und der Geschäftsführung, seit 2022 ermittelt die Staatsanwaltschaft (wir berichteten).
Noch ist aber kein Ende absehbar, weil die Ermittler Zeit brauchen, um die Vielzahl gesicherter Dokumente, Datenträger und Handys zu durchforsten. Der Bund der Waldorfschulen prüft rechtliche Schritte, um die Schule auszuschließen. Und die Bezirksregierung, die Vorwürfen nachgeht, es gebe nicht genug Lehrer, die zur Abnahme von Prüfungen berechtigt seien, ist noch nicht am Ende ihrer Arbeit.
Unsere Berichterstattung über die Ganztags-Waldorfschule:
- Durchsuchung in Waldorfschule: Staatsanwaltschaft ermittelt
- Prüfbericht der Waldorfschulen beschreibt groteske Zustände
- Waldorfschule Duisburg: Einblicke in die Privatschule
„Die Verunsicherung ist groß“, sagen Eltern, Schüler und ehemalige Absolventen, die für ein Gespräch mit dieser Redaktion in die Schule gekommen sind. Ihre Namen wollen sie bis auf zwei nicht in der Zeitung lesen, aber ihren Unmut äußern, wie schwer es die Schule habe durch die „längst widerlegten Vorwürfe“, die unsere Redaktion in der Berichterstattung thematisiert hat.
Ganztags-Waldorfschule in Duisburg: Vorwürfe für die Schulkarriere „bedrohlich“
Dr. Dirk Textor ist ein ehemaliger Vater und langjähriges Vorstandsmitglied des Fördervereins. Sein Adoptivsohn habe das Fetale Alkoholsyndrom und konnte hier dennoch seinen Hauptschulabschluss schaffen. „Dafür sind wir zutiefst dankbar“, sagt er.
Die 2021 erhobenen Vorwürfe in Bezug auf die Qualifikation der Lehrerschaft hätten Ängste erzeugt. Für Eltern mit Kindern in der 11. Klasse und damit auch für ihn seien diese „bedrohlich“ gewesen, beschreibt der Vater. Dass die Vorwürfe letztlich aber nicht richtig seien, hätten die Zeugnisse und erfolgreichen Abschlüsse, unter anderem von seinem Sohn, bewiesen.
„Nur wenige Manipulationsmöglichkeiten“ bei der Kontoführung
Angesprochen auf beklagte Ungereimtheiten bei der Kontoführung und den Verdacht von privaten Abbuchungen zugunsten der Geschäftsführerin sagt Textor, dass er als Geschäftsführer eines Unternehmens wenige Manipulationsmöglichkeiten sehe. Die Konten der beiden Vereine würden zum Jahresabschluss übereinandergelegt und jedes Mitglied habe sie kontrollieren können. Auch der Steuerberater habe die Anschuldigungen „als völlig haltlos“ bezeichnet.
Ein wesentlicher Erfolg der aktuellen Geschäftsführung sei, dass die Schülerzahl von einst 80 auf über 180 stieg. Als vor zwei Jahren der Ärger anfing, sei man sogar auf dem Weg zur 200 gewesen und hätte künftig auch das Zentral-Abitur anbieten können, erzählt Alexander Stief aus dem Vorstand des Trägervereins. Vorerst endet die Schullaufbahn hier aber weiter mit einem Mittleren Abschluss.
Eltern loben familiäre Atmosphäre
Für die Schule spreche, dass sich trotz der heftigen Debatten kaum Eltern von der Schule abgewandt hätten, sagen Textor und Stief. Das bestätigen die anwesenden Eltern: Sie loben die familiäre Atmosphäre und den druckfreien Schulalltag.
„Unsere Kinder können hier im eigenen Tempo lernen“, lobt eine Mutter, die wöchentlich 300 Kilometer aus dem Duisburger Norden hin und her fährt, damit ihr Kind hier zur Schule gehen kann. Die Schule sei eine Villa Kunterbunt, in die sie täglich „das Wichtigste überhaupt hinbringt“. Ohne Vertrauen gehe das nicht.
Auch der inklusive Ansatz wird gelobt, hier würden Kinder mit Handicap nicht abgeschottet. Das bestätigt Textor, dessen Sohn nach der zweiten Klasse sonst auf eine Förderschule gemusst hätte. „Wir wollen hier zusammen alt werden, unsere Kinder zusammen groß“, sagt eine Mutter mit belegter Stimme. Es geht emotional zu.
Schülerinnen finden die Lehrer „supernett“
Drei Schülerinnen aus der siebten und achten Klasse sagen, dass sie gern hier zur Schule gehen. „Ich lieb’s“, sagt ein Mädchen, die Lehrer seien „supernett“ und die Schüler nehmen Rücksicht und halten zusammen. Zwei von ihnen waren zuvor auf anderen Schulen, erlebten Mobbing. An der Waldorfschule könnten sie sich endlich wohl fühlen.
Ein Hohelied auf die Schule stimmen auch drei Ehemalige an, die hier vor zwei, drei Jahren ihren Abschluss gemacht haben. Ein ehemaliger Geflüchteter sagt, dass er hier ohne Leistungsdruck Deutsch gelernt habe und inzwischen in einer Ausbildung sei. Ein anderer studiert bereits und lobt die interkulturelle Note der Schule. Die Berichterstattung dieser Zeitung habe aber dafür gesorgt, dass seine Professorin Zweifel äußerte, ob die Waldorfschule für sein Praxissemester der geeignete Ort sei. Er selbst zweifele, warum interne Streitigkeiten überhaupt an die Öffentlichkeit kommen mussten.