Duisburg. Zu wenig Lehrer, zu viel Unterrichtsausfall: Eltern klagen über eine Schule in Duisburg. Der Schulleiter berichtet von extremer Unterbesetzung.
Ganze Tage Unterrichtsausfall, Wochen mit halber Stundenzahl, fehlende Betreuung und Planungsunsicherheit: Wer sein Kind auf die Gustav-Heinemann-Realschule in Duisburg schickt, muss derzeit starke Nerven haben. Mehrere Eltern beschwerten sich bei der Redaktion über die Zustände, über die sich häufenden Ausfälle. Was ist da los?
Schon die Recherche ist schwierig, weil die Schulleitung krankheitsbedingt kaum zu erreichen ist. Vier Tage später meldet sich Carsten Höhr. Er bekennt, dass es „massive Engpässe“ gibt, die Schule „extrem unterbesetzt ist“. Die Durststrecke sei aber absehbar zu Ende: Zum 1. Mai bekomme das Kollegium drei Lehrer zur Verstärkung: Es sind die drei Referendare, die bleiben wollen und der Schule „einen richtigen Schub“ geben würden.
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Personalnot in Duisburger Lehrerzimmer: Corona und Schwangerschaften
Ursächlich für die Personalnot ist zum einen, dass fünf Lehrerinnen schwanger wurden und von dem Moment an nicht mehr in den Klassen unterrichten durften. Obendrauf kamen dann noch Corona-Infektionen und andere Erkrankungen, schildert der Schulleiter. Im über 40 Kräfte zählenden Kollegium seien derzeit fast die Hälfte Aushilfskräfte mit allen dazu gehörenden Einschränkungen: Geringere Stundenzahl, kein Vertretungsunterricht.
In den vergangenen Wochen habe es für über 600 Schüler mitunter nur den Unterricht in den Kernfächern geben können. „Wir haben Prioritäten gesetzt und kreative Lösungen gefunden“, beschreibt es Höhr. So wurde der Förderunterricht von Studierenden und älteren Schülern übernommen, der AG-Bereich wurde abgespeckt, Fächer wie Religion reduziert. „In den Hauptfächern gab es null Kürzungen.“
Duisburger Realschule sucht händeringend nach Lehrern
Bei seinen letzten Ausschreibungen sei es ihm „fast egal gewesen, welches Fach jemand mitbringt, ich bin dankbar für jeden, der vorne steht“, verdeutlicht Höhr die Dramatik. Zum Teil sei sie schulpolitisch allerdings hausgemacht: „Es wird immer nur über Gesamtschulen und Gymnasien geredet, die Realschulen fallen hinten rüber“, bedauert er.
Während an diesen Schulen und selbst an den Sekundarschulen Lehrer mit 25,5 Stunden als Vollzeitkraft gelten, müssten an Realschulen 28 Stunden bei gleicher Bezahlung geleistet werden. „Dafür gibt es keinen Grund“, sagt Höhr. Um so stolzer sei er, dass sich Lehrer für seine Schule entscheiden.
Verrückt sei es außerdem, dass Gymnasiallehrer, die an eine Realschule wechseln möchten, als Seiteneinsteiger gelten, keine Beamten seien und erst eine Prüfung machen müssten. Daher seien Referendare die einzige Chance für ihn, an Personal heranzukommen.
Zu wenig Räume an der Schule
Ein anderes Problem ist der Engpass bei den Räumen. Die als dreizügiges Gymnasium gebaute Schule ist seit Jahren fast durchgängig vierzügig. Noch beharrt der Schulleiter darauf, die naturwissenschaftlichen Fachräume zu behalten, „das muss möglich sein“, findet er. Auch einen Kunstraum leistet er sich, in dem Fach können im Wahlpflichtbereich auch Klausuren geschrieben werden. Aufgelöst werde nun aber der Kartenraum, der sei zwar „mini“, aber als Gruppenraum dringend nötig.
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Klagen von Eltern, dass ihre Kinder wahlweise in den Freistunden bei Wind und Wetter auf dem Schulhof stehen müssen oder aber unangekündigt wieder zuhause sind, kennt er zur Genüge. Täglich wäge er aufs neue ab, ob er die Größeren, bei denen die 3. und 4. Stunde ausfällt, gleich ganz nach Hause schickt oder sie warten lässt, bis zur 5. wieder ein Lehrer da ist.
Die Cafeteria ist der einzige alternative Aufenthaltsraum. Da gab es allerdings zuletzt Ärger: Schüler haben sich nicht benommen, eine Prügelei kam obendrauf. Eine Aufsicht hat Höhr ja ohnehin nicht frei. Nun stehen wieder alle im Regen, bis endlich Verstärkung kommt.