Duisburg-Ruhrort. Die Strick-Guerilla war wieder in Duisburg-Ruhrort unterwegs und lässt nun Pilze wachsen. Ein Einblick, wie die Künstler im Geheimen arbeiten.

Im Kreativquartier in Duisburg-Ruhrort gedeiht Wundersames besonders gut. Im Rahmen der „Akzente“ sind, passend zum diesjährigen Motto „Wunder“, plötzlich Pilze an Geländern gewachsen, ummanteln die Video-Stelen oder sprießen auf Pfosten. Klarer Fall: Die Strick-Guerilla war wieder unterwegs. Still und heimlich hat sich die Gruppe, die öffentlich nicht in Erscheinung tritt, auf das Festival vorbereitet. Die Handarbeiter und Handarbeiterinnen bleiben traditionell anonym, geben aber ausnahmsweise Einblicke in ihre Arbeit. Und manchmal pirschen sich die Mitglieder auch durch Ruhrort, wenn man es gar nicht vermutet – und beobachten, wie die Duisburger ihre Werke in freier Wildbahn entdecken oder besprechen.

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„Pilze passen hervorragend zum Akzente-Thema, weil sie so wundersame Lebewesen sind und es sie in so wunderbar unterschiedlichen Erscheinungsformen gibt. Und wie das so ist: Wie aus dem Nichts formt sich zuerst ein schräger Einfall, dann eine Idee, dann ein Plan und dann laufen schon bald die Nadeln heiß“, verrät ein Mitglied der Guerilla. Es kommen dabei Nadeln aller Art zum Einsatz – also Strick-, Häkel- oder Näh-Gerät. Ob die Pilze halluzinogen sind, ist indes nicht überliefert. Die Künstlerinnen und Künstler raten allerdings: „Naschen an unseren Pilzen ist nicht zu empfehlen, beim Handarbeiten dagegen sehr wohl…“

Rund um den Neumarkt in Duisburg-Ruhrort gedeihen die Pilze besonders gut

Guck mal, was da sprießt: 18 sogenannte Laternen-Pilz-Stulpen hat die Gruppe in den vergangenen Monaten auf dem heimischen Sofa gefertigt.
Guck mal, was da sprießt: 18 sogenannte Laternen-Pilz-Stulpen hat die Gruppe in den vergangenen Monaten auf dem heimischen Sofa gefertigt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Rund um den Neumarkt scheint ein besonders guter Nährboden für die kreativen Pilze sein. Wer genau hinschaut, entdeckt kleine Varianten gegenüber von der Ankerbar. Aber auch vor dem Geschäft der Hutmacherin Rita Gomez sprießt etwas oder Richtung Brunnen. Wer eine Runde durch Ruhrort dreht, kann noch Exemplare am Gustav-Sander-Platz, am Friedrichsplatz, an der Gildenstraße oder der Dr. Hammacher-Straße entdecken.

„Wir sind extra noch mal ne Runde um den Pudding gefahren“, lautet die begeisterte Reaktion einer Ruhrorterin auf der Facebook-Seite des Kreativquartiers. Eine andere Duisburgerin verrät, dass ihre Kinder jetzt immer Ausschau halten, und eine bedankt sich: „Vielen Dank für die lustigen, schönen Hingucker.“ Manchmal bekommen die Künstler die Reaktionen auch live mit – ohne dass die Betrachter etwas ahnen. „Natürlich treiben wir uns immer mal wieder herum und freuen uns ganz dezent, wenn andere Menschen sich freuen und fotografieren! Und auch die tolle Resonanz auf der Facebook-Seite des Kreativquartiers freut uns total und macht uns auch stolz“, geben die Handwerker und Handwerkerinnen den Dank zurück.

Zum Teil sprechen sich die Künstlerinnen und Künstler ab oder arbeiten sich auch zu

Manchmal sind die Mitglieder der Strickguerilla heimlich unterwegs und beobachten, wie die Passanten auf ihre Kunstwerke reagieren.
Manchmal sind die Mitglieder der Strickguerilla heimlich unterwegs und beobachten, wie die Passanten auf ihre Kunstwerke reagieren. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

So ganz spontan sind die Pilze übrigens nicht entstanden. „Natürlich messen wir heimlich ab, sonst wären solche Brummer wie die Video-Pömpel nicht ordentlich zu umhüllen. Gestricktes ist je nach Muster ganz gut dehnbar, aber natürlich nicht unbegrenzt; und es soll ja auch alles schön passen und gut sitzen“, geben die Macher einen Einblick. Zum Teil arbeiten sich die Guerilleros gegenseitig zu, zum Teil sprechen sie vorher ab, wer was fertigt. „Die vielen großen und kleinen Teile waren wirklich sehr viel Arbeit, wir haben viele, viele Stunden auf dem Sofa investiert“, verraten sie. Los ging’s schon im vergangenen Jahr, aber besonders intensiv wurde in den vergangenen zwei Monaten an dem Projekt gearbeitet. Immerhin fünf Riesenpilze, 21 Pfosten- und 18 Laternen-Pilz-Stulpen sind so entstanden.

Einen gewissen Überraschungseffekt wollen sich die Künstlerinnen und Künstler bewahren.
Einen gewissen Überraschungseffekt wollen sich die Künstlerinnen und Künstler bewahren. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

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Mittlerweile freuen sich die Ruhrorter schon auf die Akzente, schließlich war ein Beitrag der Guerilla sogar im Programmheft angekündigt. Doch einen gewissen Überraschungseffekt will sich die Gruppe eigentlich bewahren: „Einerseits ist es natürlich toll, wenn Menschen schon darauf warten und gezielt auf die Suche gehen, andererseits ist unerwartetes Entdecken einer neuen bunten Überraschung natürlich auch immer Teil unserer Strategie gewesen. Und deshalb machen wir einfach beides: große Projekte als Teil der Akzente und zwischendurch immer mal wieder Kleinigkeiten irgendwo in Ruhrort.“

Ein Rundgang durch Ruhrort lohnt also zu jeder Jahreszeit.