Duisburg. Die Duisburger Hausärztinnen und Hausärzte sind überaltert, Nachfolger sind Mangelware. Welche Folgen das für die ambulante Versorgung hat.

Weil der Altersdurchschnitt der Duisburger Hausärzte ständig weiter steigt und die Suche nach Nachfolgern vor allem für die Inhaber von Einzelpraxen immer schwieriger wird, droht der Stadt eine gefährliche Lücke in der ambulanten Versorgung. „In den nächsten fünf bis zehn Jahren werden viele Hausärzte in Rente gehen“, sagt Christopher Schneider, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KV).

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Die aktuelle Lage gebe noch keinen Anlass zur Sorge, so Schneider: 276 Hausärztinnen und -ärzte sind in Duisburg tätig – nach Rechnung der KV entspricht das einem Versorgungsgrad von 101,7 Prozent. „Bedarfsgerecht, stabil und ausreichend“, nennt das der KV-Sprecher. Etwas mehr wäre dennoch möglich: 20 weitere Zulassungen könnte die KV für Duisburg vergeben.

Duisburger Hausärzte: 41 Prozent sind 60 Jahre oder älter

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Mittelfristig könnte sich die Situation aber zuspitzen. Denn 41 Prozent der Duisburger Hausärzte sind 60 Jahre oder älter, deutlich mehr als im Durchschnitt des KV-Bezirks Nordrhein, dort sind es 34 Prozent.

Nicht viele Mediziner praktizieren über das Renten-Eintrittsalter hinaus – die Altersgrenze von 67 wurde vor einigen Jahren aufgehoben. „Es ist jetzt die individuelle Entscheidung jedes Einzelnen, wann er die Tätigkeit einstellt“, erklärt Schneider.

Jüngeren Alters sind laut KV-Statistik die Fachärzte: Von 36 Augenärzten haben 28 Prozent das 60. Lebensjahr überschritten, bei den 37 Kinderärzten gilt das für 40 Prozent. Den geringsten Altersdurchschnitt haben die 63 Duisburger Frauenärzte: Nur 22 Prozent sind 60 oder älter.

Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) als Trend: Die Neurochirurgen Dr. Lutz Herrmann (links) und Dr. Joachim Kampmann (2.v.l.) sowie der Gynäkologe Jürgen Kinnling (r.) sind seit anderthalb Jahren mit ihren Praxen MVZ des Ev. Klinikums Niederrhein. Mit im Bild: Klinik-Geschäftsführer Franz Hafner.
Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) als Trend: Die Neurochirurgen Dr. Lutz Herrmann (links) und Dr. Joachim Kampmann (2.v.l.) sowie der Gynäkologe Jürgen Kinnling (r.) sind seit anderthalb Jahren mit ihren Praxen MVZ des Ev. Klinikums Niederrhein. Mit im Bild: Klinik-Geschäftsführer Franz Hafner. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Einzelpraxen werden immer mehr zum Auslaufmodell

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Nicht immer bedeute die Aufgabe einer Praxis eine Verschlechterung der Versorgung im Quartier, erklärt Christopher Schneider. „Es kommt durchaus vor, dass ein Arzt in der Nähe eine neue Praxis eröffnet.

Die KV und die örtlichen Hausärztenetzwerke erkennen einen Trend zur „Verweiblichung“ der Hausärzteschaft. Mehr Hausärztinnen sei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtig, das befördere einen Trend zur Gründung von Gemeinschaftspraxen. Die Folge: Einzelpraxen werden mehr und mehr zum Auslaufmodell.

Mehr Hausärztinnen, mehr Gemeinschaftspraxen: Ildikó Halmai steht für diese beiden Trends. Die Internistin praktiziert in der Rheinhauser Hausarztpraxis Langestraße gemeinsam mit vier weiteren Medizinerinnen und Medizinern.
Mehr Hausärztinnen, mehr Gemeinschaftspraxen: Ildikó Halmai steht für diese beiden Trends. Die Internistin praktiziert in der Rheinhauser Hausarztpraxis Langestraße gemeinsam mit vier weiteren Medizinerinnen und Medizinern. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Ein weiterer, seit Jahren anhaltender Trend: Die Übernahme von Kassensitzen durch die Kliniken, die Ärzte und Personal anstellen und die Praxis als „Medizinisches Versorgungszentrum“ (MVZ) weiterführen. Die Kliniken sichern sich so den Zugriff auf die ambulanten Patienten für Behandlungen vor und nach einem Krankenhaus-Aufenthalt. Medizinischer Fortschritt, der zur Verkürzung der Liegezeiten in den Kliniken führt, fördert die „Ambulantisierung“ der klinischen Gesundheitsversorgung.

MVZ: Fachärzte stärker im Fokus der Kliniken als Hausärzte

Auch für die Mediziner hat diese Lösung Charme. Sie sind von Verwaltungsaufwand und Personalverantwortung für ihr Team entlastet, können sich auf ihre ärztliche Tätigkeit konzentrieren und müssen keinen Nachfolger mehr suchen.

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Allerdings stehen fachärztliche Praxen für die Übernahme wesentlich stärker im Fokus der Kliniken als Hausärzte. Auch MVZ-Varianten innerhalb von Duisburger Kliniken gibt es: Da führen Chefärzte eine Abteilung des Hauses und sind gleichzeitig Leiter des MVZ, in dem sie ambulante Patienten behandeln.

Weil Nachfolger schwer zu finden sind, wird die „Ablösesumme“ für die eigene Hausarzt-Praxis immer seltener zum Teil der Altersvorsorge. „Die Lage, Konkurrenz-Situation und das Leistungsspektrum der Praxis spielen dabei eine Rolle“, sagt KV-Sprecher Schneider. „Aber wie viel für die Einrichtung und die Patientenkartei gezahlt wird, das regeln Angebot und Nachfrage.“

>> KV: MIT NACHFOLGER-SUCHE RECHTZEITIG BEGINNEN

  • Die Begleitung der Ärzte bei der Nachfolgersuche „ist Teil unseres Kerngeschäfts“, sagt KV-Sprecher Christopher Schneider. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo) rät Hausärzten, rechtzeitig mit der Suche zu beginnen: „Es kann vor allem in strukturschwachen Stadtteilen länger dauern.“
  • Mit regelmäßigen „Praxis-Börsen“ versucht die KV, Hausärzte mit potenziellen Nachfolgern zusammenzubringen, Niederlassungsberater begleiten junge Ärzte auf dem Weg in die hausärztliche Tätigkeit.