Duisburg. Beim Kampf gegen kriminelle Clans in Duisburg kommt die Justiz immer weiter hinter die Kulissen – und hat im Jahr 2022 Millionen sichergestellt.

In Duisburg agieren nach Polizeiinformationen über 70 kriminelle Clans. Sie sind in einer strengen patriarchalischen Hierarchie organisiert, ihr Geld machen sie längst nicht mehr nur im Drogenhandel. Die Zahl der Sonderermittler, die für die Staatsanwaltschaft gegen die Machenschaften arbeiten, wurde im Jahr 2022 verdoppelt. Mit Erfolg: 760 Verfahren leiteten die Spezialkräfte der „Staatsanwälte vor Ort“ ein und stellten Vermögenswerte von über 3 Millionen Euro sicher. Beide Werte sind eine deutliche Steigerung zu den Vorjahren.

Im Februar 2022 hatte die Justiz mit Blick auf Duisburg ein ambitioniertes Ziel ausgerufen: Die mächtigen Familienbosse sollten in den Fokus rücken. Dafür wurde der Personalaufwand erhöht. Die Ermittler sollen so noch weiter in die Strukturen der kriminellen Großfamilien vordringen. Das Geld und das Vermögen der Clans abzuschöpfen, sei dabei ein entscheidender Prozess, hatte der damalige NRW-Justizminister Volker Biesenbach betont. 3,6 Millionen wurden im Jahr 2022 sichergestellt – dazu zählen auch teure Luxuskarossen. Ein Vergleich: Von Mitte 2020 bis Anfang 2022 waren es insgesamt Vermögenswerte von 1,8 Millionen Euro. Die Fortschritte lassen sich also deutlich in der Statistik ablesen.

„Das Projekt der Staatsanwälte vor Ort kann weiterhin als sehr erfolgreich bewertet werden“, fasst Oberstaatsanwalt Nils Wille zusammen. Sein Team hat im vergangen Jahr 170 Verfahren mehr bearbeitet als im Jahr 2021. 55 Haftbefehle gegen Clan-Mitglieder gehen auf diese Arbeit zurück.

Clankriminalität in Duisburg: Behörden sammeln immer mehr Informationen an

Insbesondere täterorientierte Ermittlungen und die Gewinnung von Strukturerkenntnissen führten zu einer effektiven und nachhaltigen Strafverfolgung, so Wille. Seine Aussagen decken sich dabei mit denen des Duisburger Polizeipräsidenten Alexander Dierselhuis.

Durch Razzien und ständige Kontrollen wollen die Behörden immer mehr Informationen über die Clans sammeln. Welche Personen stehen in einem engen Austausch? Zwischen welchen Gruppierungen gibt es Schnittpunkte? Wo finden Treffen statt? Wer hält sich wo auf? Zu all diesen Fragen verfassen Polizei und Staatsanwaltschaft Berichte.

Oberstaatsanwalt Nils Wille bei einer Pressekonferenz im Jahr 2022.
Oberstaatsanwalt Nils Wille bei einer Pressekonferenz im Jahr 2022. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Was ist über die weit vernetzten Familienstrukturen bekannt? Die Mehrzahl der unter Beobachtung stehenden Clans hat laut Staatsanwaltschaft und Polizei einen arabisch-libanesischen Hintergrund. Die Ermittlungen würden aber ganz klar belegen, dass man in Duisburg das Clan-Phänomen auch bei rumänischen, bulgarischen und türkischen Familien finden würde, hatte Oberstaatsanwalt Wille bereits vor Jahresfrist berichtet.

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Die Großfamilien haben ihr Netz nicht wie zunächst angenommen nur über den Duisburger Norden gesponnen. Ihre Informationen ließen die Sonderermittler schnell auch in andere Bezirke und Stadtteile blicken: zunächst nach Hochfeld, dann nach Laar, Walsum, Hochheide, Rheinhausen-Mitte. Schließlich haben sie ihre Arbeit auf ganz Duisburg und auch Oberhausen, Mülheim sowie den Kreis Wesel ausgeweitet. (mit aka)

>>Zum Sonderdezernat „Staatsanwälte vor Ort“ in Duisburg

  • Im Juni 2018 sind in Duisburg als erste Stadt in Nordrhein-Westfalen zwei „Staatsanwälte vor Ort“ angetreten. Die Stellen in dem Sonderdezernat wurden zusätzlich geschaffen und nun aufgestockt.
  • Bei ihrer täglichen Arbeit stehen die Sonderermittler im engen Austausch mit der Polizei und dem Gericht, Zoll, den Finanzbehörden, dem Jobcenter, dem Ordnungsamt sowie dem Ausländeramt.
  • Die „Staatsanwälte vor Ort“ nehmen an Einsätzen und Kontrollen vor Ort teil, sind auch bei Fallkonferenzen und Arbeitskreisen vertreten.