Duisburg. Ihre extreme Langlebigkeit macht PFAS-Chemikalien noch gefährlicher. Hier ist die Konzentration der schädlichen Stoffe in Duisburg am höchsten.

Auch bei Messungen im Duisburger Stadtgebiet sind Belastungen durch die extrem langlebigen und mutmaßlich krebserregenden Chemikalien PFAS (früher PFT) festgestellt worden. Das zeigen die Ergebnisse des „Forever Pollution Project“. Die internationale Medien-Recherche hatte in Europa 17.000 möglicherweise belastete Orte identifiziert, davon 400 in NRW.

Langlebigkeit macht die Chemikalien zu einem „Jahrhundert-Gift“

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In NRW werden Böden, Gewässer und Grundwasser seit dem PFT-Skandal 2006 an der Ruhr regelmäßig auf mögliche Belastungen untersucht. Die PFAS (per- und polyfluorierte Chemikalien) umfassen eine Gruppe von mehreren Tausend Chemikalien, die wegen ihrer extremen Langlebigkeit in der Umwelt auch als „Jahrhundert-Gift“ bezeichnet werden.

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Über Kläranlagen finden die Substanzen, die vielen Alltagsprodukten wie Kleidung, Kosmetik, Pizzakartons oder in Löschschaum verwendet werden, den Weg in Flüsse, Seen und Meere – oder auch ins Trinkwasser. Die Chemikalien sollen Untersuchungen zufolge Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben und zu Entwicklungsverzögerungen bei Kindern führen. Vermutet wird auch ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten.

Experten: Mehr als 100 Nanogramm pro Liter Wasser gefährden die Gesundheit

Eine Karte verzeichnet alle Messpunkte, in denen die Umweltbehörden PFAS-Werte von mehr als zehn Nanogramm pro Liter (ng/l) im Wasser oder Oberflächenwasser gemessen haben. Als Hotspots werden Standorte mit einer Belastung von mehr als 100 ng/l gelistet. „Ein Wert, den die Mehrheit der von uns befragten Experten als gesundheitsgefährdend einstuft“, erklärt die Studie.

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Zwei Hotspots listet die Karte auf, beide werfen Fragen auf: Im Bereich des heutigen Rheinparks in Hochfeld wurden 107,6 Nanogramm gemessen – allerdings stammen die Daten aus dem Jahr 2008. Möglich, dass sich die Werte durch den Abriss des Arcelor-Mittal-Drahtwerks und den Umbau zum Park verändert haben. „Wir gehen davon aus, dass die Probe dem Rhein entnommen wurde“, heißt es dazu auf Nachfrage am Freitag bei der unteren Umweltbehörde bei der Stadt Duisburg.

Trotz Grenzwert-Unterschreitung: Auch der Töppersee ist Hotspot

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Als Hotspot ist auch der Töppersee zwischen Rheinhausen und Rumeln klassifiziert. Allerdings wurde im Wasser am Nordufer des Baggersees im Jahr 2016 eine Belastung von 70 ng/l festgestellt, noch deutlich unter dem gesundheitsgefährdenden Wert. Klar darüber liegt der höchste lokale Wert mit 178 ng/l, gemessen an der Ruhr vor der Mündung in Kaßlerfeld – allerdings ist dieser Standort nicht als Hotspot eingestuft.

Weitere Messpunkte und Werte: Rhein-Herne-Kanal (Höhe Emmericher Straße, 15 ng/l), Ruhr (Höhe Aakerfährbrücke, 94 ng/l), Ruhr (Höhe Pontwert, 94ng/l), Rhein (Höhe Brücke der Solidarität, 30,2 ng/l), Rhein (Höhe Logport I, Rheinhausen, 12 ng/l).

Als bisher unbestätigte PFAS-Verdachtsstandorte stufte die Untersuchung die vier Recyclinghöfe in Röttgersbach, Rheinhausen, Hochfeld und Huckingen ein. Mögliche Belastungen gibt es demnach auch im Rhein auf Höhe der Unternehmen Venator (Homberg) und Befesa Zinc (Wanheim-Angerhausen).

„Zu den erwähnten PFAS-Messorten und -werten in Duisburg haben wir im Speziellen keine Kenntnisse“, teilt Stadtsprecher Max Böttner mit. Das gelte auch für die genauen Entnahmeorte der Proben, die „aber offenbar aus Oberflächengewässern entstammen.“ Die Zuständigkeit für die Überwachung der Recyclinghöfe liege bei der Bezirksregierung, das gelte mit Einschränkungen auch für Recyclingunternehmen.

HOHE KONZENTRATIONEN IN DER RUHR UND IN DÜSSELDORF

  • Beim PFT-Skandal 2006 in NRW war eine sehr hohe PFAS-Konzentration im Einzugsgebiet von Ruhr und Möhne der Auslöser. Die Chemikalien stammten aus Industriemüll, der statt Dünger auf Feldern verteilt worden war.
  • Hohe PFAS-Konzentrationen wurden auch im Düsseldorfer Trinkwasser nachgewiesen. Diese Kontaminierungen gehen offenbar auf Löscharbeiten beim Flughafenbrand 1996 und an einer Maschine 2005 zurück.
  • Weil PFAS-Chemikalien im Löschschaum enthalten sind, stuft die Studie auch Orte wie das THW-Gelände in Buchholz als Verdachtsorte ein, weil dort eventuell mit Löschmitteln geübt wurde.