Duisburg. Mit dem Einbruch ins Duisburger Straßenverkehrsamt und gestohlenen Fahrzeugbriefen fing alles an: 750 Käufer wurden schon Opfer des Auto-Betrugs.

Tausende Blanko-Fahrzeugpapiere erbeuteten Einbrecher im April 2017 im Straßenverkehrsamt in Duisburg. Seither werden sie bei betrügerischen Autoverkäufen verwendet. Hunderte Fälle beschäftigen mittlerweile Polizei und Staatsanwaltschaften in ganz Europa. Ein Ende ist noch lange nicht abzusehen.

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In einer Novembernacht wurde einem Wedauer sein VW Multivan vor der eigenen Haustür entwendet. Als er den Diebstahl anzeigte, machten ihm die Polizisten Hoffnung: Es gebe da noch eine Chance. Falls beim Weiterverkauf einer der in Duisburg gestohlenen Fahrzeugbriefe verwendet werde, falle das Fahrzeug auf, wenn es auf den Käufer zugelassen werde. Dann könne er als rechtmäßiger Besitzer sein Fahrzeug unbeschadet zurückbekommen.

Einbruch ins Duisburger Straßenverkehrsamt: Erfolglose Suche nach Tätern

 Isabel Booz ist Sprecherin der Staatsanwaltschaft Duisburg.
Isabel Booz ist Sprecherin der Staatsanwaltschaft Duisburg. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die Suche nach den Tätern, die vor bald sechs Jahren über Ostern ins Straßenverkehrsamt eindrangen, ist erfolglos verlaufen. „Trotz umfangreicher Ermittlungen musste das Verfahren eingestellt werden“, berichtet Isabel Booz, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Duisburg. Tatzeugen, die das Geschehen beobachtet haben könnten, gab es nicht.“

Einen fünfstelligen Bargeldbetrag ließen die Täter mitgehen, außerdem Plaketten, Siegel und Stempel. Von besonderem Wert sind aber rund 15.000 Zulassungsbescheinigungen Teil 1 und 2, gemeinhin als Fahrzeugbrief bekannt. Er dient als Eigentumsnachweis. Mit den Blanko-Dokumenten, in die Daten zuvor gestohlener Karossen eingetragen werden, machen die Diebe seither nicht nur in Deutschland Kasse.

Gestohlene Fahrzeuge werden auf Internet-Portalen inseriert

Wie die kriminelle Masche läuft, wurde schon kurz nach dem Einbruch offenbar: Da erlebte ein 60-Jähriger aus Pfullendorf (Baden-Württemberg) eine böse Überraschung, als er einen in Dortmund gekauften Audi mit Hamburger Kennzeichen zulassen wollte. Der Wagen wurde zuvor auf einer Internet-Plattform inseriert. Das Fahrzeug war im April in Italien gestohlen worden, die Kennzeichen gefälscht, der Fahrzeugbrief stammte aus dem Duisburger Straßenverkehrsamt.

Pech für den arglosen Käufer, der nicht nur ohne Auto dastand, sondern auch die fünfstellige Summe verlor, die er in bar gezahlt hatte. Glück für den rechtmäßigen Besitzer, der sein Eigentum zurückbekam. Weitere Fälle meldete die Polizei bald aus Gießen und Recklinghausen.

Bei einem Einbruch ins Duisburger Straßenverkehrsamt an den Osterfeiertagen 2017 erbeuteten bislang unbekannte Täter rund 15.000 Blanko-Fahrzeugbriefe (Symbolbild).
Bei einem Einbruch ins Duisburger Straßenverkehrsamt an den Osterfeiertagen 2017 erbeuteten bislang unbekannte Täter rund 15.000 Blanko-Fahrzeugbriefe (Symbolbild). © Udo Geisler

Mindestens 750 Fälle aus Deutschland und dem EU-Ausland bekannt

Mittlerweile summiert sich die Zahl der betrügerischen Verkäufe von gestohlenen oder unterschlagenen Fahrzeugen auf mindestens 750. „Eine exakte Zahl haben wir nicht, weil wir nicht in allen Fällen eine Rückmeldung bekommen“, erklärt Staatsanwältin Booz. Wer hinter der Masche steckt, konnten die Ermittler bisher nicht klären. „Bei den Verkäufen wurden teils totalgefälschte Personalausweise verwendet, sodass die wahre Identität nicht ermittelt werden konnte“, erläutert Isabel Booz, „auch eine spurentechnische Untersuchung der Papiere verlief ergebnislos“. Allerdings sei die Duisburger Herkunft der Fahrzeugbriefe eindeutig.

TÜV Nord Duisburg- So viele Fahrzeuge haben massive MängelUm den Betrügern auf die Spur zu kommen, wäre wohl ein erheblicher Aufwand erforderlich. Dazu müssten als bekannten Fälle bei einer Ermittlungsbehörde gesammelt werden. Das sei bisher weder geschehen und auch nicht geplant, so Isabel Booz. „Es hat zwar Kontakte zwischen einzelnen Polizeidienststellen und Staatsanwaltschaften gegeben, aber keine Übernahme. Die diesbezüglich geführten Verfahren werden bei den jeweils ansässigen Staatsanwaltschaften geführt.“

>>BETRÜGERISCHE AUTOVERKÄUFE: DAS RÄT DIE POLIZEI

  • Augen auf beim Autokauf – das gilt besonders bei verlockenden Angeboten. „Dass bei den Papieren etwas nicht stimmt, ist sehr schwer zu erkennen“, räumt aber auch Caroline Schlachzig ein. Es komme deshalb beim Gebrauchtwagenkauf „auf das Bauchgefühl an“, so die Sprecherin der Duisburger Polizei.
  • Vorsichtig sollten Käufer werden, wenn Autos deutlich unter Marktpreis angeboten werden, der Verkäufer auf schnelle Abwicklung drängt. „Um auf Nummer sicherzugehen, könnten Käufer und Verkäufer gemeinsam zur Zulassung ins Straßenverkehrsamt gehen“, rät die Polizeisprecherin.