Duisburg. Nach fast zehn Jahren hört Karoline Hoell als Leiterin der Kulturbetriebe Duisburg auf. Wo sie Fortschritte und wo Nachholbedarf sieht.
„Wir spielen erste Bundesliga“, sagt Karoline Hoell über Duisburgs Kulturangebot. Zumindest auf die klassische Musik treffe das zu, in anderen Bereichen sei noch Luft nach oben. „Mit einem guten Gefühl“ habe sie jetzt ihr Büro im Theater geräumt – nach fast zehn Jahren als Leiterin der städtischen Kulturbetriebe beginnt für die Moerserin der Ruhestand. Zeit für ein Fazit.
„Organisation, Administration, Finanzen“ – so beschreibt die 65-Jährige ihr Aufgabengebiet. Das klingt nach Gegensatz zum kreativen Wesen von Kulturschaffenden, kann sich aber auch ergänzen. Als sie 2013 anfing, wollte Hoell besonders die Vernetzung der Akteure stärken: „Das sind wir mit dem Kulturentwicklungsplan angegangen, eine sehr intensive Zeit mit vielen Auseinandersetzungen.“ Daraus hervorgegangen ist die Kulturkonferenz, die per Ratsbeschluss eigentlich jährlich stattfinden soll. Immerhin zwei Mal hat es bislang geklappt, „Corona hat uns dann völlig nach hinten geworfen“.
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Wenn Kultur auf Bürokratie und politische Rankeleien trifft
Der Kulturentwicklungsplan habe Duisburg enorm weitergebracht, gerade im Vergleich zu anderen Städten. „Wir Beteiligten haben uns dadurch viel besser kennen und schätzen gelernt.“ Einen so hohen Organisationsgrad, etwa mit einer Vollversammlung der freien Szene, gebe es in der Region sonst nicht. Das treffe vor allem auf die bildenden Künstlerinnen und Künstler zu, denen heute 39 mietfreie Ateliers zur Verfügung stehen.
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Bürokratie und politische Rankeleien hätten in den knapp zehn Jahren zu den größten Hürden gehört, sagt Hoell, selbst erfahrene Mitarbeiterin der Verwaltung. „Aber es hielt sich in Grenzen. Bei der Kultur haben wir im Rat eine sehr große Koalition, bei der die meisten Fraktionen an einem Strang ziehen. Und immer, wenn alle zusammengehalten haben, dann sind wir auch weitergekommen.“
Von großen Budgetkürzungen ist die Tanz-Liebhaberin verschont geblieben. Wobei das auch nicht mehr möglich gewesen sei: „Als ich anfing, war gerade der Haushaltssanierungsplan gemacht. Da musste auch die Kultur ihren Anteil bringen. Danach konnte man nicht mehr sparen, deshalb wurde uns auch nichts mehr weggenommen.“
Theater Duisburg: Der Kampf um junges Publikum
Nicht geklappt hat in Karoline Hoells Amtszeit die Sanierung des Theaters. „Das hätte ich zu meinem Abschied gerne in der finalen Phase gesehen.“ Als „identitätsprägend“ bezeichnet sie das Haus, „ein echtes Bürgertheater“. Und das Schauspiel Duisburg habe sich in den vergangenen Jahren stark entwickelt – handelte es sich lange um ein fast reines Gastspieltheater, landen inzwischen mehr Eigenproduktionen auf der hiesigen Bühne.
„Durch den Spieltrieb haben wir jetzt auch bei Jugendlichen den Fuß in der Tür und können hoffentlich ein wenig Theaterbegeisterung wecken.“ Dennoch sei es eine der schwierigsten Aufgaben, neues Publikum anzulocken. Als Beispiel nennt Hoell die Sonderpreise für Studenten der Uni Duisburg-Essen – Theater-Tickets kosten nur einen Euro: „Die sind so günstig, und werden trotzdem kaum genutzt. Da weiß man irgendwann nicht mehr, was man noch machen soll.“
Wer auch immer Karoline Hoell also nachfolgen mag: Zu tun bleibt genug, trotz aller Fortschritte, die die Neu-Rentnerin sieht. Die Leitung der Kulturbetriebe ist noch nicht neu besetzt – die Suche läuft weiter, nachdem das erste Ausschreibungsverfahren noch nicht zum Erfolg geführt hat. In der Zwischenzeit übernimmt Stellvertreterin Petra Schröder: „Die kann das, muss aber jetzt zwei Jobs auf einmal machen. Das wird irgendwann zu viel für eine Person.“
Kultur in Duisburg: „Brauchen bessere Vermarktung“
Mehr Personal könnten die Kulturbetriebe gut gebrauchen, gerade für den Kampf um neues Publikum: „Wir brauchen eine bessere Vermarktung; die Leute wissen viel zu wenig. Nehmen wir das Festival Kaas und Kappes, bei dem ja auch der deutsch-niederländische Jugendautorenpreis verliehen wird. Ein toller internationaler Preis, aber den kriegen wir aus der Regionalität nicht raus.“
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Die Regionalität verlässt Karoline Hoell in naher Zukunft auf jeden Fall, und zwar privat: Ein Flug nach Andalusien ist bereits gebucht, wo sie rund einen Monat lang mit Bus und Bahn umherfahren will, „ein bisschen wie Interrail, nur mit Koffer und Hotels“.
Auch im Ruhestand will Hoell die Duisburger Kulturszene im Blick behalten, zum Beispiel Kammerkonzerte der Philharmoniker und Tanz-Aufführungen besuchen – „jetzt habe ich aber auch Zeit, mal in die umliegenden Städte zu fahren“.
>>KÜNSTLERNACHLÄSSE IM DUISBURGER STADTARCHIV
- Bevor Karoline Hoell 1989 zur Stadt Duisburg kam, hatte sie zunächst in der Maschinenbau-Branche und dann beim ZDF im Finanzbereich gearbeitet. Studiert hat sie in Köln Betriebswirtschaftslehre.
- Absehbar soll es im Duisburger Stadtarchiv die Möglichkeit geben, Künstlernachlässe zu bewahren. Eine Kommission soll entscheiden, ob angebotene Werke aufgenommen werden. „Ich gehe davon aus, dass das 2023 passiert“, sagt Hoell.