Duisburg. Rund 140 Personen suchen täglich Hilfe bei der Bahnhofsmission Duisburg. Im Winter ist die Not oft besonders groß. Frank Heller ist neu dabei.

In Frank Hellers Büro stapeln sich die Kartons, vollgepackt mit Duschzeug, Shampoo und Winterkleidung. Es sind schon Spenden für Weihnachten. Der Caritas-Mitarbeiter ist neuer Co-Leiter der Bahnhofsmission in Duisburg – und Nachfolger von Torsten Ohletz, der im Frühjahr plötzlich verstorben ist. Zuvor hat der Diplom-Sozialpädagoge im ambulanten betreuten Wohnen gearbeitet und Klienten betreut, die psychisch erkrankt oder suchtkrank waren. Auch zur Bahnhofsmission kommen Personen, die ähnliche Probleme haben, doch die Arbeit ist flüchtiger. Bis zu 140 Personen holen sich täglich bei Heller und seinen (ehrenamtlichen) Kolleginnen und Kollegen einen warmen Kaffee oder belegte Brötchen ab. Dazwischen bleibt oft noch Zeit für ein kurzes Gespräch. Vor allem im Winter ist die Not bei vielen groß.

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„Die Leute frieren, die Stimmung ist aufgeheizter. In der Not formulieren viele ihre Forderungen vehementer“, beschreibt Heller, der von vorneherein damit gerechnet hat, dass der Job am Bahnhof härter ist. Im Winter wird’s auch schonmal lauter – und geruchsempfindlich sollten die Mitarbeiter besser auch nicht sein. „Im ambulanten Wohnen war die Beziehungsarbeit intensiver, man kannte sich mit der Zeit, es gab eine Vertrauensbasis“, vergleicht er. Den einen oder anderen Stammkunden hat er aber auch schon am Bahnhof ausgemacht. Momentan sind die Räume nur für die Essensausgabe geöffnet. Voraussichtlich im kommenden Jahr, je nachdem wie sich die Lage entwickelt, wird auch der Aufenthaltsraum geöffnet.

Bis zu 140 Personen suchen täglich Hilfe bei der Duisburger Bahnhofsmission

Rund um den Hauptbahnhof suchen sich viele Wohnungslose ein Nachtlager. Tagsüber versorgen sich viele von ihnen mit Kaffee und Brötchen von der Bahnhofsmission.
Rund um den Hauptbahnhof suchen sich viele Wohnungslose ein Nachtlager. Tagsüber versorgen sich viele von ihnen mit Kaffee und Brötchen von der Bahnhofsmission. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

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„Wenn allerdings jemand ein Schreiben vom Amt bekommen hat, haben wir die Person hereingebeten und geschaut, wie wir helfen können.“ In einer dicken Kladde sind sämtliche Adressen notiert, vom Kältebus ebenso wie von den Not-Schlafstellen der Stadt. Viele bleiben dennoch über Nacht auf der Straße. „Es wäre ja schon viel erreicht, wenn jeder Zugang zu frischem Wasser hätte, um sich waschen oder auch, um eine Toilette benutzen zu können“, weiß Heller. Die Toiletten im Bahnhof kosten Geld. Öffentliche Klos gibt es in der Innenstadt nicht, höchstens eine „nette Toilette“. Deshalb glaubt der Bahnhofsmission-Chef auch nicht, dass der Umbau des Bahnhofs große Auswirkungen auf die soziale Situation rund um die Gleise haben wird. Doch auch wenn er einigen rät, sich in eine Betreuung zu begeben, um sich mit ihrer Sucht oder psychischen Themen auseinanderzusetzen, nehmen nur wenige die Tipps auch an. Zu den Wohnungslosen aus Osteuropa hält ein Mitarbeiter Kontakt, der Polnisch spricht.

Normalerweise gehört zur Arbeit der Bahnhofsmission-Mitarbeiter auch, Reisende zu betreuen, die zum Beispiel Hilfe beim Aus- oder Umsteigen benötigen. Allerdings wirkt die Pandemie noch immer nach, es kommen weniger Anfragen, die Leute reisen weniger. Heller schätzt, dass sich das im kommenden Jahr wieder etwas ändern wird.

„Wir brauchen das ganze Jahr Unterstützung“

An seinem neuen Tätigkeitsbereich gefällt ihm, dass er mit so vielen unterschiedlichen Leuten in Kontakt kommt. Während seines Studiums hat er als Taxifahrer gearbeitet, eine Gärtnerei betrieben, Klaviere geschleppt, Teppiche sortiert. Nur den Job in der Getränkefabrik hat er schnell drangegeben, das Klackern der Flaschen ist ihm auf Dauer auf die Nerven gegangen. „Das Gute ist, ich komm mit ziemlich vielen Menschen klar.“ Und Heller und seine Kollegen freuen sich über eine große gesellschaftliche Unterstützung. In der Vorweihnachtszeit bekommt die Bahnhofsmission Spenden für ihre Arbeit. Praxen, Parteien, Bürogemeinschaften unterstützen ebenso wie die Omi, die ein Pfund Kaffee vorbeibringt. „Allerdings sind das meiste durchlaufende Posten. Wir brauchen das ganze Jahr Hilfe.“

>> Kirchen finanzieren das Angebot

Frank Heller ist bei der Caritas angestellt, sein Mitstreiter Bodo Gräßer arbeitet für die Diakonie. Finanziert wird das Angebot von den beiden Kirchen, die Bahn stellt die Räume kostenlos zur Verfügung. Die Bahnhofsmission hat montags bis freitags von 7.30 Uhr bis 19.30 Uhr sowie am Wochenende und feiertags von 7.30 Uhr bis 14 Uhr geöffnet. Die Essensausgabe findet momentan von 9 bis 10.30 Uhr, 12 bis 13 Uhr und 15 bis 16.30 Uhr statt.

Spenden für die Weihnachtstüten, die an Heiligabend verteilt werden sollen, nimmt das Team noch bis zum 20. Dezember an. Gebraucht wird etwa Nützliches und Praktisches – wie Tütensuppen, Zahnpasta, Seife, Shampoo, Duschgel, Masken und Desinfektionsmittel. Auch Süßes ist gefragt.