Duisburg. Aufgrund hoher Ausgaben für Krieg und Corona drohen dem Jobcenter in Duisburg Budgetkürzungen – die Folgen für 35.000 Menschen ohne Arbeit.

Um zumindest einem Teil der rund 35.000 Duisburger, die seit mehr als einem Jahr ohne Arbeit sind, einen beruflichen Neustart zu ermöglichen, steht dem Jobcenter 2023 viel weniger Geld als bislang zur Verfügung. „Die bisherigen, nur vorläufigen Mitteilungen deuten darauf hin“, sagt Frank Böttcher, Geschäftsführer des Jobcenters in Duisburg. Einen Skandal nennt das Udo Horvat vom Diakoniewerk, das seit Jahren erfolgreich Langzeit-Arbeitslose unterstützt: „Da wird bei den Ärmsten der Armen gespart.“

Finanzierung von Beschäftigung wird durch Budget-Kürzungen erschwert

Besser Arbeit finanzieren, als Arbeitslosigkeit: Frank Böttcher ist Geschäftsführer des Jobcenters in Duisburg.
Besser Arbeit finanzieren, als Arbeitslosigkeit: Frank Böttcher ist Geschäftsführer des Jobcenters in Duisburg. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Es sei besser, Arbeit zu finanzieren, als Arbeitslosigkeit – diesen Satz unterschreibt auch der Jobcenter-Chef. Der Blick auf seine Zahlen belegt Erfolge: 7030 Duisburger hat das Jobcenter von Januar bis September dieses Jahres bei der Rückkehr in den Job unterstützt, genau 700 mehr als im Vorjahreszeitraum. Im Jahresvergleich konnten sich 534 Frauen und Männer aus dem Kreis der sogenannten „Langzeit-Leistungsbezieher“ verabschieden. Dabei helfen verschiedene Instrumente. Besonders gute Erfahrungen macht die Behörde mit dem Teilhabe-Chancengesetz, das in den ersten Jahren die teilweise Übernahme des Lohns ermöglicht. Aber auch Qualifizierungen, Einstiegsgelder und die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten gehören dazu.

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Besonders beim Budget der „Eingliederungstitel“ drohen nun aber Abstriche in Höhe von rund 7,8 Millionen Euro: Statt bislang rund 67 werden in 2023 nur rund 59,2 Millionen Euro zu Verfügung stehen, fürchtet Böttcher. Dabei sei Duisburg zuletzt besonders effektiv bei der Verwendung der verfügbaren Mittel gewesen: Über 98 Prozent wurden in die Beschäftigungsförderung investiert, laut Jobcenter-Statistik der Spitzenwert in NRW.

Kein interner Verteilmechanismus: Kleinere Jobcenter geben Geld zurück

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„Wir geben unser Geld aus und könnten noch mehr ausgeben“, betont Frank Böttcher. Was ihn ärgert: Eigentlich könnte wohl auch 2023 die gleiche Summe für Duisburg im Topf sein, wenn es auf Bundesebene einen effektiveren Ausgleichsmechanismus zwischen den Jobcentern gibt. „Ein Teil der Mittel wird unterjährig verteilt“, erklärt Böttcher. „Wir können damit fast spontan Maßnahmen anbieten, vor allem kleinere Jobcenter schaffen das nicht.“ Sie gäben am Ende das Geld zurück. Bei den Budget-Verhandlungen mit der Politik entstehe dadurch leicht der Eindruck, dass Kürzungen unschädlich sind.

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Enger wird der Finanzrahmen für das Jobcenter auch, weil die verfügbaren Mittel für Verwaltungskosten nur um rund 1,1 auf dann rund 65,8 Millionen Euro steigen sollen. Deutlich zu wenig, fürchtet der Geschäftsführer, weil die Tariferhöhung für die Beschäftigten deutlicher ausfällt als geplant. Immerhin steht im Stadtnorden im Januar der Einzug in die neue Geschäftsstelle im alten Hamborner Stadtbad an – doch dafür zahlt die Behörde fortan 1,5 Millionen Euro Jahresmiete.

>>> BÜRGERGELD BRINGT BEHÖRDE AN DIE BELASTUNGSGRENZE

  • Nach dem Scheitern des Gesetzentwurfs im Bundesrat wird nun im Vermittlungsausschuss um die Ausgestaltung des Bürgergeldes gerungen. „Wir gehen noch davon aus, dass es zum 1. Januar kommt“, sagt Böttcher. Die Erhöhung sei „bitter nötig, was wir aktuell zahlen dürfen, ist eindeutig zu wenig“.
  • Weil sich Einkommensgrenzen verschieben, werde aber die Zahl der Leistungsberechtigten deutlich steigen. Zusätzlich zu den rund 5000 Ukrainern in Duisburg, die seit Juni bereits vom Jobcenter betreut werden, kommen zum Jahreswechsel durch das neue Chancen-Aufenthaltsrecht weitere Kunden hinzu, die bisher nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz anderweitig betreut wurden.
  • „Ich hoffe, dass wir in der Lage sind, tatsächlich auch zum 1. Januar auszuzahlen“, sagt Frank Böttcher. Allerdings könne die Summe der Änderungen, und die Zahl der neuen Kunden das Jobcenter „an die Leistungsgrenze bringen“.