Duisburg. Warum der Leiter eines Gymnasiums an einer Hauptschule zugewanderte Kinder unterrichten möchte. So funktioniert das Duisburger Modellprojekt.
Die Nachricht hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt: 700 zugewanderte Kinder konnten nach den Sommerferien - Schulpflicht hin oder her – in Duisburg nicht unterrichtet werden. In einem Interview verkündete Bildungsdezernentin Astrid Neese, dass mindestens die Hälfte von ihnen in der ehemaligen Hauptschule Gneisenaustraße in Neudorf beschult werden könnte.
Bis kurz vor den Herbstferien ist dort allerdings kein Kind begrüßt worden, kein Pausengong erklungen. Das Konzept muss trotzdem etwas besonderes sein. Warum sonst würde der Leiter eines der größten Duisburger Gymnasien vor der Hauptschule stehen, sie als Dependance bezeichnen, als einen neu zu schaffenden „Ort der Erstförderung“?
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Start für die ersten Vorbereitungsklassen nach den Herbstferien
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Aus der Bezirksregierung kommt nur dieser Hinweis: „Der Schulabteilung der Bezirksregierung fehlen noch einige Angaben, um die Genehmigung zu erteilen. Es handelt sich also um ein laufendes Verfahren. Erst danach können wir detaillierte Angaben machen.“
Die Stadt Duisburg wagt sich als Träger etwas weiter aus der Deckung: „Es ist geplant, nach den Herbstferien mit den ersten Vorbereitungsklassen am Standort Gneisenaustraße zu starten“, antwortet ein Pressesprecher schriftlich auf unsere Nachfrage. „Hier könnten zunächst ca. 120 Schülerinnen und Schüler gefördert werden. Die Kapazitäten sollen danach Schritt für Schritt aufgebaut werden.“
Das Beschulungskonzept und die Versorgung mit Lehrkräften werde aktuell noch mit der Bezirksregierung Düsseldorf abgestimmt.
Belastete Böden werden vor dem Start mit Harz versiegelt
Konkreter wird die Stadt Duisburg zum Stand der Sanierung des Gebäudes. In der Hauptschule, die mit einem letzten Jahrgang im Sommer auslief und parallel mehrere Vorbereitungsklassen beherbergte, soll der mit Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) belastete Boden bis zum 23. Oktober mit Epoxidharz versiegelt werden. Ein Zwischenschritt, um „einen schnellen und allem voran gesundheitlich unbedenklichen Unterricht gewährleisten zu können“, erklärt das IMD. Ob ein Bodenaustausch später im laufenden Unterrichtsbetrieb möglich sein, werde von der Belegung der Räume abhängig sein.
„Lärmintensive Rückbaumaßnahmen der WC-Anlagen“ sollen bereits zuvor erfolgen. Containerlösungen seien „lediglich für den Bereich der WC-Anlage geplant und zwar so lange, bis die Schultoiletten fertig saniert sind“, schreibt die Stadt. „Parallel erfolgen Messungen, mit denen überprüft wird, ob ggf. weiterhin eine Belastung in den Räumen vorhanden ist.“
Nach den Prognosen Ende September sollen die Boden- und Rückbauarbeiten inklusive der Reinigungsarbeiten und Möblierungen bis Ende Oktober andauern. „Im ersten Schritt stehen dann sieben große Räume, vier kleine Räume, das Lehrerzimmer sowie das Rektor- und Konrektorzimmer zur Nutzung bereit“, schreibt die Stadt weiter. Nach Vorlage der weiteren Messergebnisse können dann die übrigen Räume in Betrieb genommen werden.
Zugewanderte Kinder möglichst schnell aus den Vorbereitungsklassen herausholen
Mit Interesse verfolgt Christof Haering die Maßnahmen. Der Leiter des Landfermann-Gymnasiums hatte bereits im Frühjahr zusammen mit dem damaligen Leiter der auslaufenden Hauptschule ein Konzept erarbeitet, dass „eine geringere Belastung des Schulsystems“ verspricht.
Die Grundidee ist, die zugewanderten Kinder von Anfang an besser nach ihren bisherigen schulischen Erfahrungen zu sortieren. Parallel sollen in der Sekundarstufe I Internationale Vorbereitungsklassen und Regelklassen starten, in letzterer sollen die Kinder bereits Deutsch, Mathematik, Englisch und Naturwissenschaften lernen. „Sie sollen so schnell wie möglich aus der Vorbereitungsklasse herauskommen“, sagt Haering.
Wenn es optimal läuft, könnten die Kinder schon nach einem halben Jahr Deutsch-Kurs wechseln und nach einem Jahr an eine andere Schule wechseln. Platz ist an den Gymnasien, die schon einige Seiteneinsteiger zum Abitur gebracht haben. „Sollten wir keinen Platz finden, können sie aber auch hier bleiben“, betont Haering. In seiner Rechnung braucht es für 350 Kinder 25 Lehrerinnen und Lehrern.
Gezielte Angebote für traumatisierte Kinder
Der Schulleiter sieht einige Vorteile durch die gemeinsame Beschulung ukrainischer Geflüchtete: Es helfe bei der Pflege ihrer kulturellen Identität, es sei auch einfacher, Angebote besonders geschulter Kriegs-Psychologen zu machen,
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Früher habe man den Gymnasien zurecht vorgeworfen, sich bei der Beschulung zugewanderter Kinder vornehm zurück zu halten. Inzwischen ist das aber gerecht aufgeteilt, findet Haering: Die Jahrgangsstufen 5 bis 7 kommen an die Gesamtschulen, die Internationalen Vorbereitungsklassen (IVK) an Gymnasien sind für Kinder, die altersmäßig in die Jahrgänge 8 bis 10 passen. Allein am Landfermann sind es fünf IVK. Fünf bis sechs von ihnen schaffen es zumeist in die Oberstufe, die anderen wechseln in eine Ausbildung oder an Berufskollegs.