Duisburg. In Mündelheim steht Duisburgs älteste Kirche. Ein bilderreicher Blick zurück in die Dorfgeschichte – auf Hochwasser, Rheinfähre und Überfälle.

Das Markante an Mündelheim ist seine Lage im Rheinbogen. Dessen Lauf hat sich seit über 2000 Jahren nicht mehr verändert. Bedeutend ist aber auch, dass sich dort die älteste Kirche auf Duisburger Stadtgebiet befindet. Die Katholische Kirche hat eine wichtige Rolle im Ort gespielt.

Die erste schriftliche Erwähnung erzählt aus dem Jahre 69. Damals lief ein für die römische Siedlung Gellep am Krefelder Rheinufer bestimmtes Kornschiff auf der Mündelheimer Seite auf Grund und ging so an die vermutlich in Serm sesshaften feindlichen Germanen verloren.

Die Endung -heim spricht dafür, dass es sich um eine Siedlung aus der Zeit handelt, als die Franken Mitteleuropa beherrscht haben, vielleicht so ab 600. Der Name könnte auf den Wohnsitz eines Mundilio hindeuten. Schon zu dieser Zeit muss es einen Rheinübergang gegeben haben.

Mündelheim, Serm und Rheinheim waren über Jahrhunderte ein Gemeindeverband

Die Geschichte Mündelheims kann man nur verstehen, wenn man sich das Neben- und Miteinander von Kirche und Staat seit dem Mittelalter vor Augen führt. Staatlich gehörte es zur Grafschaft Berg, ab 1380 ein Herzogtum, ab 1806 sogar Großherzogtum. Ab 1815 gehörte es zum Königreich Preußen.

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Um das Jahr 1000 herum bildeten die Dörfer Serm, Rheinheim und Mündelheim einen Gemeindeverband. Er hat bis 1929 bestanden. Dann kam Mündelheim zu Duisburg. Aber es war nie Sitz einer Behörde. Staatlicher Gerichtsort war bis um 1700 Kaiserswerth. Die Gemeindebeamten saßen in Angermund, später auch das Gericht. Sie zogen zugleich die Steuern ein.

Karte vom Niederrhein von Johann Mercator von 1591. Man sieht die Lage Mündelheims, damals Munichem geschrieben, im Rheinbogen (Bildmitte rechts) und dass das südlich davon gelegen Rheinheim, heute nur noch eine Häusergruppe, damals etwa gleich groß war.
Karte vom Niederrhein von Johann Mercator von 1591. Man sieht die Lage Mündelheims, damals Munichem geschrieben, im Rheinbogen (Bildmitte rechts) und dass das südlich davon gelegen Rheinheim, heute nur noch eine Häusergruppe, damals etwa gleich groß war. © Stadtarchiv Duisburg

Für den Alltag der Menschen war die Kirche wichtiger, nicht nur, weil viele Menschen früher sehr fromm waren. Der Ort gehörte praktisch der Kirche. Das lag an den guten Böden: Die häufiger überschwemmten Rheinwiesen konnten als Weideland genutzt werden und die höher gelegenen Ländereien als Acker.

947 überließ der ostfränkische König Otto I. dem Frauenkloster Gandersheim in Niedersachsen dort Ländereien. Etwas mehr als 100 Jahre später geschah es dem Kloster in Kaiserswerth ähnlich durch den deutschen Kaiser Heinrich IV. Diese Ländereien wurden nicht selbst bewirtschaftet, sondern verpachtet und unterverpachtet. Es gab Haupthöfe, Höfe und Kotten.

Historische Fotos aus Duisburg-Mündelheim

Blick von der Uerdinger Straße auf die katholische Kirche St. Dionysius um 1965. Links davor das alte Pfarrhaus.
Blick von der Uerdinger Straße auf die katholische Kirche St. Dionysius um 1965. Links davor das alte Pfarrhaus. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Zur Wohnanlage umgebautes ehemaliges Gehöft an der Straße Auf dem Hunsrück. Aufnahme von 1980.
Zur Wohnanlage umgebautes ehemaliges Gehöft an der Straße Auf dem Hunsrück. Aufnahme von 1980. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Der Kirchturm von St. Dionysius im Zweiten Weltkrieg. Man sieht die zahlreichen Einschusslöcher im Gemäuer.
Der Kirchturm von St. Dionysius im Zweiten Weltkrieg. Man sieht die zahlreichen Einschusslöcher im Gemäuer. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Der zerstörte Uerdinger Rheinbrücke nach Kriegsende 1945. Deutsche Truppen sprengten sie in den letzten Kriegstagen, um das Vordringen der alliierten Streitkräfte noch aufzuhalten. Erst 1950 war sie wiederhergestellt.
Der zerstörte Uerdinger Rheinbrücke nach Kriegsende 1945. Deutsche Truppen sprengten sie in den letzten Kriegstagen, um das Vordringen der alliierten Streitkräfte noch aufzuhalten. Erst 1950 war sie wiederhergestellt. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Blick von oben auf die reparierte Uerdinger Brücke etwa Mitte der 50er Jahre.
Blick von oben auf die reparierte Uerdinger Brücke etwa Mitte der 50er Jahre. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Blick von Uerdingen auf die neue Rheinbrücke nach ihrer Fertigstellung im Jahr 1936.
Blick von Uerdingen auf die neue Rheinbrücke nach ihrer Fertigstellung im Jahr 1936. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Luftbild aus Richtung Süden um 1930. Am Bildrand unten quer der Rheinfeldsweg mit dem Ellerhof links. Links daran vorbei führte die Straße Auf dem Hunsrück und mündete nach links auf die Kegelstraße. Am rechten Bildrand das neue Schulgebäude an der Barberstraße. Davor rechts die Sermer Straße, dahinter rechts die Barberstraße. Am nördlichen Bildrand läuft in der Mitte die Poststraße aus dem Bild heraus, heute Am Seltenreich.
Luftbild aus Richtung Süden um 1930. Am Bildrand unten quer der Rheinfeldsweg mit dem Ellerhof links. Links daran vorbei führte die Straße Auf dem Hunsrück und mündete nach links auf die Kegelstraße. Am rechten Bildrand das neue Schulgebäude an der Barberstraße. Davor rechts die Sermer Straße, dahinter rechts die Barberstraße. Am nördlichen Bildrand läuft in der Mitte die Poststraße aus dem Bild heraus, heute Am Seltenreich. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Luftbild aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg mit dem Blick aus Richtung Süden. Links unten der Rheinheimer Weg, in der Mitte der Kaiserswerther Weg, rechts unten die Sermer Straße und am rechten Bildrand die Barberstraße. In der Mitte die Kirche St. Dionysius.
Luftbild aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg mit dem Blick aus Richtung Süden. Links unten der Rheinheimer Weg, in der Mitte der Kaiserswerther Weg, rechts unten die Sermer Straße und am rechten Bildrand die Barberstraße. In der Mitte die Kirche St. Dionysius. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Der schwer beschädigte katholische Kirche St. Dionysius bei Kriegsende 1945.
Der schwer beschädigte katholische Kirche St. Dionysius bei Kriegsende 1945. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Ländliche Idylle vermutlich vor dem Zweiten Weltkrieg: Blick auf die Volksschule Barberstraße (re.) und die Kirche St. Dionysius aus Richtung Süden.
Ländliche Idylle vermutlich vor dem Zweiten Weltkrieg: Blick auf die Volksschule Barberstraße (re.) und die Kirche St. Dionysius aus Richtung Süden. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Blick von der Barberstraße im Jahr 1930 auf die damals neu errichtete Volksschule. Sie wurde im Oktober 1944 bei einem Luftangriff schwer beschädigt und später mit Flachdach wiederhergestellt.
Blick von der Barberstraße im Jahr 1930 auf die damals neu errichtete Volksschule. Sie wurde im Oktober 1944 bei einem Luftangriff schwer beschädigt und später mit Flachdach wiederhergestellt. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Blick über die Sermer Straße Ende 1929. Im Zweiten Weltkrieg wurde Mündelheim schwer von Luftangriffen getroffen, so dass nicht mehr alle Gebäude dort den Krieg überstanden haben.
Blick über die Sermer Straße Ende 1929. Im Zweiten Weltkrieg wurde Mündelheim schwer von Luftangriffen getroffen, so dass nicht mehr alle Gebäude dort den Krieg überstanden haben. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Typisches ländliches Wohnhaus in Mündelheim: das Haus Sermer Straße 12. Die Aufnahme stammt von Anfang 1983.
Typisches ländliches Wohnhaus in Mündelheim: das Haus Sermer Straße 12. Die Aufnahme stammt von Anfang 1983. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Ländliche Idylle in den Nachkriegsjahren. Blick auf (re.) die nach dem Krieg mit Flachdach wiederhergestellte Volksschule an der Barberstraße und die wiederhergestellte Kirche St. Dionysius, gesehen von Süden her.
Ländliche Idylle in den Nachkriegsjahren. Blick auf (re.) die nach dem Krieg mit Flachdach wiederhergestellte Volksschule an der Barberstraße und die wiederhergestellte Kirche St. Dionysius, gesehen von Süden her. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Blick von der Uerdinger Straße auf die katholische Kirche St. Dionysius vor dem Zweiten Weltkrieg. Links davor das alte Pfarrhaus, schon damals als Gaststätte genutzt.
Blick von der Uerdinger Straße auf die katholische Kirche St. Dionysius vor dem Zweiten Weltkrieg. Links davor das alte Pfarrhaus, schon damals als Gaststätte genutzt. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Die Neubausiedlung an der Siedlerstraße um 1960. Sie gehörte eigentlich zu Ehingen. Aber dort würde sie heute niemand verorten.
Die Neubausiedlung an der Siedlerstraße um 1960. Sie gehörte eigentlich zu Ehingen. Aber dort würde sie heute niemand verorten. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
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Gab es unter den Bauern eines Haupthofs Streit, wer etwa für Flurschäden aufzukommen hatte, so verhandelte darüber das jeweilige Hofgericht. Vorsitzender war der Gutsherr des Haupthofs, zum Beispiel des Ellerhofs. Gehörte aber ein Hof zum Kloster Düsseldorf-Gerresheim, so war das Hofgericht am Rheinheimer Hof zuständig. 1803, unter französischer Besatzung, wurde der Besitz der Klöster enteignet.

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Immer wieder überfallen von Soldaten

Wo die Kirche Einfluss hatte, sorgte sie auch für eine Gebetsstätte. Damit sie und der Geistliche unterhalten werden konnten, wurde sie mit Ländereien ausgestattet. Offenbar hat der Graf von Berg selbst sie gestiftet. 1308 trat er diesen Landbesitz an das Kloster St. Lambertus in Düsseldorf ab. 1551 dienten 19 Hektar direkt für den Unterhalt des Pfarrers, der gar nicht vor Ort wohnte. 1671 kam das Kloster der Kreuzbrüder in Düsseldorf mit drei Hektar und drei Kotten für dessen Statthalter, den Vikar, auf.

Der Turm der St.-Dionysius-Kirche stammt aus der Zeit um 1150. Die Kirche selbst ist etwas jünger. Die Pfarrei wird erstmals 1221 erwähnt. Sie war auch für Ehingen, Serm und Huckingen zuständig.

Der schwer beschädigte katholische Kirche St. Dionysius bei Kriegsende 1945.
Der schwer beschädigte katholische Kirche St. Dionysius bei Kriegsende 1945. © Stadtarchiv Duisburg

Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Landbesitz durch Verpachtungen, Übertragungen, Verpfändungen und auch Verkäufe unübersichtlich. So war nicht nur der Ellerhof, zu dem 1356 47 Hektar Land gehörten, davon befreit, Steuern an den Grafen zu zahlen. Die Hälfte der Pacht ging an den Hof der Kreuzbrüder im Ort. Denn dessen Pächter hatte den Mönchen das Recht abgekauft, für einen Hof des Grafen in Düsseldorf-Bockum die Pacht zu erheben. Bezahlt wurde sie mit Jungtieren, Tierprodukten oder Ernteerträgen.

Mochte das Leben im Dorf wenig Abwechslung bieten, so gab es ungebetene Gäste. 1597 baten die Mündelheimer den Herzog, sie von Steuern und Diensten zu verschonen, da sie durch den Krieg zwischen Spanien und den Niederlanden vier Mal von Soldaten überfallen worden seien. 1643, ab 1795 sowie 1813/14 wiederholte sich das.

Rheinfähre nach Uerdingen schon 1665 erwähnt

Völlig abgeschnitten von der Welt war man ja nicht. 1665 wird die Rheinfähre nach Uerdingen erwähnt. Sie wurde mit dem Fischereirecht im Rhein vom Herzog verpachtet. 1768 lag die Fähre am Ende des Dammhauswegs. Sie ist erst im Stadtplan von 1951 verschwunden.

Wenn es nicht die Soldaten waren, sorgte der Rhein für Kummer. Der Damm wurde 1611 instandgesetzt. 1741 richtete Hochwasser trotzdem schwere Schäden an. 1750 wurde der Damm neu gebaut. 1795 gab es wieder eine Flut. 1845 wurde der Damm dadurch schwer beschädigt. 1858 wurde seine Unterhaltung einem Deichverband übertragen. Nach der Flut von 1926 verlängerte dieser den Deich bis Ehingen. Heute ist die Stadt Duisburg zuständig.

Ländliche Idylle, vermutlich vor dem Zweiten Weltkrieg: Blick auf die Volksschule Barberstraße (rechts) und die Kirche St. Dionysius aus Richtung Süden.
Ländliche Idylle, vermutlich vor dem Zweiten Weltkrieg: Blick auf die Volksschule Barberstraße (rechts) und die Kirche St. Dionysius aus Richtung Süden. © Stadtarchiv Duisburg

Eine Schule wird erstmals 1753 erwähnt. Sie wurde 1804 und 1867/68 erweitert. Um 1914 zählte sie 190 Kinder. Bevor sie 1930 an der Barberstraße neu gebaut wurde, verzeichnen alte Karten die Schule an der Einmündung von Am Seltenreich in die Uerdinger Straße. 1975 erhielt sie einen Neubau. Seit 1980 ist der Altbau Kultur- und Freizeitzentrum.

Mündelheim wächst

Eine Vorstellung vom Leben im Dorf geben Zahlen von 1801. Damals lebten dort 546 Personen in 93 Familien: 109 Männer und 106 Frauen mit 113 Söhnen und 112 Töchtern sowie 55 Knechten und 51 Mägden. Elf alleinstehende Frauen wurden von der Gemeinde versorgt. 92 Prozent der Bevölkerung waren katholisch, acht Prozent evangelisch.

Den heutigen Straßengrundriss mit der 90-Grad-Kurve an der Kirche gibt es schon auf der Landkarte von 1843. Den dörflichen Charakter hat Mündelheim bis nach dem Zweiten Weltkrieg bewahrt. Noch 1909 war mehr als die Hälfte der Gemeindefläche Ackerland. Aber dann wurde der Ort für Beschäftigte der neuen Industrien in der Nachbarschaft als Wohnsitz attraktiv. 1925 zählte Mündelheim 979 Einwohner. Ein Linienbus fuhr von der Rheinfähre bis nach Ratingen oder Essen-Kettwig.

Einen Wandel leitete 1936 die neue Rheinbrücke ein. Sie überwand die Trennung durch den Fluss um den Preis, dass der Ort durch den wachsenden Autoverkehr von und zur Brücke in zwei Hälften zerschnitten wurde. Wenn Mündelheim heute rund 4000 Einwohner hat, so hauptsächlich durch Neubauten auf der Nordseite. Allein in die Hochhaussiedlung Im Bonnefeld zogen Anfang der 1970er Jahre rund 1000 Menschen.

Luftbild aus Richtung Süden um 1930. Am Bildrand unten quer der Rheinfeldsweg mit dem Ellerhof links. Links daran vorbei führte die Straße Auf dem Hunsrück und mündete nach links auf die Kegelstraße. Am rechten Bildrand das neue Schulgebäude an der Barberstraße. Davor rechts die Sermer Straße, dahinter rechts die Barberstraße. Am nördlichen Bildrand läuft in der Mitte die Poststraße aus dem Bild heraus, heute Am Seltenreich.
Luftbild aus Richtung Süden um 1930. Am Bildrand unten quer der Rheinfeldsweg mit dem Ellerhof links. Links daran vorbei führte die Straße Auf dem Hunsrück und mündete nach links auf die Kegelstraße. Am rechten Bildrand das neue Schulgebäude an der Barberstraße. Davor rechts die Sermer Straße, dahinter rechts die Barberstraße. Am nördlichen Bildrand läuft in der Mitte die Poststraße aus dem Bild heraus, heute Am Seltenreich. © Stadtarchiv Duisburg