Flugzeugabsturz Duisburg: Verhinderte der Pilot Schlimmeres?
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Duisburg. Hat der Pilot der Unglücksmaschine am Zirkus Flic Flac mit einem Manöver gezielt eine Katastrophe verhindert? Warum ein Augenzeuge das vermutet.
Oliver Hülsmann hat in der Nacht auf Montag lange wach gelegen, hat aufgewühlt nachgedacht über die Beinahe-Katastrophe am Zelt des Zirkus Flic Flac. „Wahnsinn, was da hätte passieren können.“ Der 53-Jährige und seine Familie wurden am Sonntag Augenzeugen des Absturzes, bei dem die beiden Insassen des Ultraleichtflugzeugs starben. Hülsmann versetzt sich gedanklich auch immer wieder in die Lage des Piloten, der das Kleinflugzeug steuerte, das um etwa 14.50 Uhr am Zirkusgelände auf ihn und seine Familie zugerast kam. „Ich kann nur mutmaßen“, sagt der Duisburger, „aber für mich sah es so aus, dass der Pilot in letzter Sekunde abgedreht ist, einen sofortigen Absturz herbeigeführt hat und so absichtlich Schlimmeres verhindert hat“. Auf Nachfrage unserer Redaktion schildert der Familienvater seine Beobachtungen.
Hülsmann war am Sonntagnachmittag mit seinem 13-jährigen Sohn und seinem Vater, mit Nichte und Neffe zum Gelände am alten Güterbahnhof gefahren. Sie mussten die Karten für die Show um 15 Uhr noch am Kassenhäuschen abholen. Dieses steht am südlichen Ende des Flic-Flac-Geländes in der Nähe des Biergartens – direkt am Parkplatz. „Wir waren spät dran und haben uns um etwa Viertel vor drei angestellt. In der Warteschlange vor uns standen noch acht andere Zuschauer.“
Von Annette Kalscheur, Daniel Wiberny und Philipp Wahl
Flugzeugabsturz auf Flic-Flac-Parkplatz: „Flieger ist abrupt nach links abgebogen und wie ein Stein abgestürzt“
Kurz darauf seien schon die Motorgeräusche des Flugzeugs zu hören gewesen, so Hülsmann. „Mein Vater guckte nach oben und sagte: ,Boah, der fliegt aber niedrig.’ Und wie man das so halb im Scherz daher sagt: ,Hoffentlich stürzt der nicht ab.’“
Die Propellermaschine sei, aus südlicher Richtung kommend, über das Güterbahnhofsgelände geflogen, auf dem vor zwölf Jahren bei der Loveparade-Katastrophe 21 Menschen starben und Hunderte verletzt wurden. Die Maschine war der Bahnstrecke demnach deutlich näher als der A 59. In sozialen Netzwerken schilderten einige Nutzer, Beobachtungen von einem auffällig manövrierten Kleinflugzeug im Luftraum über Regattabahn und Sportpark – das passt zu dem, was Hülsmann beobachtet hat.
Man habe gesehen, „dass irgendwas nicht stimmt, dass es möglicherweise technische Probleme“ gab, so der 53-Jährige. „Der Flieger war nur noch etwa 100 Meter entfernt von uns, aber noch schätzungsweise 50 bis 60 Meter hoch in der Luft. Dann ist er kurz vor uns abrupt nach links abgebogen und plötzlich wie ein Stein steil nach unten gestürzt.“
„Da sind vor unseren Augen Menschen gestorben – es hätte auch uns treffen können“
Für die am Kassenhäuschen Wartenden sei ein „harter Aufschlag“ zu hören gewesen, „sofort danach gab es eine Explosion, Feuer, dunklen Qualm. Es war so, wie man das aus Spielfilmen kennt.“ Hülsmann und seine Verwandten konnten zunächst „gar nicht begreifen, was wir da gerade gesehen haben. Der Schock sitzt tief. Da sind vor unseren Augen zwei Menschen gestorben, und es hätte auch uns treffen können.“
Der Duisburger möchte nicht spekulieren, aber aufgrund der beobachteten Flugbahn vermutet er: „Es sah so aus, als ob der Pilot den Absturz noch vor dem Zelt – und vor den Hochhäusern rund um den Bahnhof – absichtlich herbeigeführt hat. Möglicherweise hat er gesehen, dass er keine Chance zu landen hat. Vielleicht hat er wirklich aus Verantwortungsbewusstsein so gehandelt. Man will sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn der Flieger ins Zelt oder auf den Biergarten gestürzt wäre.“ Auch in der Gastronomie, etwa 50 Meter von der Absturzstelle entfernt, hätten sich um 14.50 Uhr noch schätzungsweise 50 Personen aufgehalten.
„Fast ein Wunder, dass sonst niemand verletzt wurde“
Ein weiteres Horrorszenario, das dem Augenzeugen durch den Kopf geht: „Was, wenn das Flugzeug zehn Minuten früher abgestürzt wäre, als noch viele Menschen auf dem Parkplatz waren?“ Für den 53-Jährigen ist es „fast ein Wunder, dass sonst niemand verletzt wurde“. Das Fazit seines Sohnes: „Da haben wir aber mal richtig Glück gehabt.“
Hülsmann lobt die Entscheidung, die 15-Uhr-Vorstellung nicht abzusagen. So seien auch er und seine Begleiter von Sicherheitsleuten des Zirkus´ ins Zelt geleitet worden. „Eine gute Lösung, da im Zelt niemand gefährdet war und so auch keine Panik unter den Besuchern aufkam.“ Die große Mehrheit der Zuschauer habe erst nach der Vorstellung von der Polizei vom Unfall direkt nebenan erfahren – und von dem „großen Glück im Unglück, das wir alle hatten“, so Hülsmann.
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