Duisburg. Ein drogensüchtiger Duisburger entriss einer Rentnerin die Handtasche. Vor Gericht zeigte sich: Der 45-Jährige ist ein eher ungewöhnlicher Fall.
Weil er Geld für Drogen benötigte, entriss ein 45 Jahre alter Duisburger am 3. September 2019 auf der Bayreuther Straße in Bruckhausen einer damals 76 Jahre alten Fahrradfahrerin eine Tasche, in der sich 500 Euro befanden. Die alte Dame kam dabei zu Fall. Bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht am König-Heinrich-Platz kam der Drogensüchtige knapp um einen längeren Aufenthalt hinter Gittern herum. Das Schlimmste dürfte für den reuigen Straftäter allerdings die Standpauke gewesen sein, die die Geschädigte ihm vor Gericht hielt.
Der Angeklagte berichtete, er sei seit 20 Jahren abhängig von Heroin. „Dennoch ist er alles andere als ein klassischer Fall“, betonte sein Verteidiger. Denn der 45-Jährige gehört offenbar zu jener winzigen Gruppe von Menschen, die es trotz der Abhängigkeit von einer so starken Droge geschafft haben, ein weitgehend geordnetes Leben zu führen.
Duisburger konnte Heroin-Sucht bis zur Tat ohne kriminelle Mittel finanzieren
Der Angeklagte ging durchgehend einer geregelten Tätigkeit nach und hatte seine Sucht so im Griff, dass er sie bis zur Tat im September 2019 ohne kriminelle Mittel finanzieren konnte. Trotz 20 Jahren Heroinkonsum wies das Vorstrafenregister des 45-Jährigen nur zwei Eintragungen auf. Und die waren nicht einschlägig. „So etwas habe ich persönlich noch nicht erlebt“, gab der Verteidiger zu.
Doch am Tattag war der Angeklagte knapp bei Kasse. Der Suchtdruck wurde immer größer. Da fiel ihm die Rentnerin auf dem Fahrrad auf. Die 76-Jährige hatte gerade Geld bei der Sparkasse geholt. „Aber das wusste ich nicht. Ich habe einfach nur gehofft, dass Geld in der Tasche war“, so der 45-Jährige, dem seine Tat sichtlich peinlich war. Die Rentnerin war bei dem Übergriff gestürzt, hatte sich ein paar blaue Flecken und Schrammen geholt.
Zeugin hob mahnend den Zeigefinger
Das sei schnell verheilt, meinte die resolute Zeugin, die darauf hinwies, dass sie in Kürze 80 werde. Auch psychisch habe sie keinen großen Schaden davongetragen. „Ich bin ja ein Ruhrgebietskind. Aber in der ersten Zeit danach habe ich mich schon öfter mal umgedreht.“ Mahnend hob sie den Zeigefinger Richtung Anklagebank. „Das hätte auch übel ausgehen können, junger Mann. Machen sie so etwas nie wieder.“ Der 45-Jährige senkte den Kopf, wurde immer kleiner und wäre vor Scham fast unter den Tisch gerutscht.
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Das Schöffengericht bezeichnete die Tat als Grenzfall. Doch angesichts der echten Reue des Angeklagten, seines vergleichsweise mageren Vorstrafenregisters, des Geständnisses und des inzwischen langen zeitlichen Abstands zu dem Überfall zeigte es sich gnädig. 14 Monate Haft wurden auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Und natürlich muss der Angeklagte die 500 Euro zugunsten der Geschädigten zahlen. Er will das schnellstmöglich tun.