Duisburg. Dass sich Duisburg auf Schildern in der Stadt „Fahrradfreundlich“ nennt, empfinden Leser als „Witz“. Das hat es mit den Schildern auf sich.

Dass sich Duisburg auf mehreren Schildern im Stadtgebiet als „Fußgänger- und fahrradfreundliche Stadt in NRW“ bezeichnet, empfinden Bürger angesichts des desolaten Zustandes der meisten Radwege zumindest als „schlechten Witz“. Diese Bezeichnung darf die Stadt allerdings tatsächlich tragen, seit sie vor fast 13 Jahren der „Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte“ (AGFS) beigetreten ist - die Initiative vergab seinerzeit auch die Schilder, die seit 2009 auf die Duisburger Zugehörigkeit zur Initiative hinweisen.

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Das empfindet Leser Manfred Sander als „bodenlose Frechheit“. Der Huckinger ärgert sich über die Tafel an der Düsseldorfer Landstraße in Höhe Steinhof – immerhin waren dort im Zuge des Ausbaus der Straße vor einigen Jahren auch neue Radwege und Radstreifen entstanden.

„Das Schild hängt dort seit vielen Jahren“, vermutet Leserin Andrea Jürges deshalb richtig. Seit über 40 Jahren sei sie dort unterwegs, berichtet sie: „Ich habe mich jedenfalls schon vor Ewigkeiten über das Schild gewundert und gefragt, wer so was dort hingehängt hat. Das war jedenfalls niemand, der die Duisburger Radwege kennt.“

Bürger ärgern sich über gefährliche Holperpisten und schmale Radfahrstreifen

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Weil auch ihn das Prädikat „Fahrradfreundlich“ vor Fragen stellt, hat sich Dirk Schuchardt direkt an die AGFS gewandt. „Welche Kriterien verbinden Sie konkret mit Ihrer Auszeichnung?“, möchte der Huckinger erfahren und fragt: „Sind Sie in den letzen Jahren mal in Duisburg mit dem Fahrrad gefahren?“ Er verweist auf den gesperrten Radweg an der Kaiserswerther Straße, gefährliche Holperpisten an der Sittardsberger Allee und einen viel zu schmalen Radstreifen am Kalkweg.

Antworten auf die Fragen kann auch Peter Steinbicker geben. „Duisburg ist der AGFS im September 2009 beigetreten“, berichtet der Radverkehrsbeauftragte der Stadt. Im Büro von Planungsamtsleiter Hendrik Trappmann hängt die Urkunde, dazu gab’s seinerzeit auch vier Schilder, die dann im Stadtgebiet angebracht wurden. Die Mitgliedschaft in der AGFS galt zunächst für sieben Jahre, 2016 wurde um weitere sieben Jahre bis 2023 verlängert.

AGFS: Duisburg muss Fortschritte für den Radverkehr dokumentieren

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„Wir müssen regelmäßig dokumentieren, welche neuen Anlagen wir für den Radverkehr bauen“, berichtet Steinbicker. Spott und Ärger über das Prädikat „Fahrradfreundlich“ sind dem begeisterten Radler nicht neu. Über viele Jahre reichte bei der klammen Stadt der schmale Etat für den Radverkehr gerade für die dringendsten Reparaturarbeiten.

Erst seit sich die Haushaltslage entspannt hat und Fördermittel für den kommunalen Straßenbau nach Duisburg fließen, können im Zuge von Straßensanierungen auch Radwege neu gestaltet werden. Aus Überschüssen im aktuellen Doppelhaushalt 2021/22 stellte der Rat immerhin rund zwei Millionen Euro für die Sanierung von Radwegen zur Verfügung – angesichts des desolaten Zustands des Netzes ist das allerdings kaum mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein.

Die Realität in der „fahrradfreundlichen Stadt“: der marode Radweg an der Düsseldorfer Straße.
Die Realität in der „fahrradfreundlichen Stadt“: der marode Radweg an der Düsseldorfer Straße. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Duisburg hat bundesweit die schlechtesten Radwege

Die Radfahrer der mutmaßlich fahrradfreundlichen Stadt stellen dem Duisburger Radwegenetz die schlechteste Note aller 26 deutschen Großstädte zwischen 200.000 und 500.000 Einwohner aus. Die Note 4,47 gab’s 2021 im Fahrradklimatest, für den das Bundesverkehrsministerium alle zwei Jahre die radelnden Bürger der deutschen Kommunen befragt. Im Vergleich aller 81 deutschen Großstädte liegt Duisburg auf Rang 76 (wir berichteten).

>> Negativpreise Pannenflicken

  • Die bundesweit aktive Initiative „Cycleride“ nominierte die Duisburger Radwege 2020 und 2021 für den Negativpreis „Pannenflicken“ – für rechtswidrige, unzureichende, unzumutbare, unnötige, unbenutzbare und gefährliche Radverkehrsanlagen. Die Jury vergab den Preis im Vorjahr jedoch an Wuppertal.
  • Duisburg erhielt nur den „Baustellen-Sonderpreis“. Juror Bernd Sluka (VCD Bayern, Fachausschuss Technik des ADFC) kritisierte: „Fehlerhafte Beschilderung, verwirrende Verkehrsführung in Baustelle, große Umwege für Radfahrer, schlechte Wegweisung, typisch für Duisburg. [...] Dagegen hilft offensichtlich auch nicht die Mitgliedschaft Duisburgs in der AGFS“. Diese stehe „wie so oft nur auf dem Papier der Sonntagsreden von Politikern, weil sie im Alltag nicht umgesetzt wird“.