Duisburg. Der Tag der Trinkhallen lockt Stammgäste und Auswärtige nach Duisburg. Warum Betreiber und Kunden glücklich sind – und was besser werden kann.
An einen ruhigen Nachtschlaf war in den vergangenen Tagen nicht zu denken. Organisieren, planen und kochen, kochen, kochen. Aber Michael „Micha“ Hollmann ist „der glücklichste Mensch“ in all dem Trubel am Tag der Trinkhallen in Duisburg.
Der Kultkiosk Hafenmund auf dem Ruhrorter Neumarkt brummt schon nachmittags, ein DJ dreht am Plattenteller und die Menschen sind ausgelassen, haben Hunger und Durst und vor allem viel Spaß. Liebevoll geschmückt hat der bekennende Ruhri den kleinen Platz vor seiner ganz besonderen Trinkhalle. Überall hängen pinkfarbene Luftballons, für die vielen Trinkhallen-Fans, die heute mit dem Rad angereist sind, gibt es den Sattelschutz für nasse Tage mit der Aufschrift „Gib Kette“.
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An diesem Samstag passt alles zusammen. Es ist ein Sommertag wie aus dem Bilderbuch. Unter den riesigen, knorrigen Platanen machen es sich die Menschen gemütlich. Es gibt für zwei Euro eine „Seid-dabei-Tüte“ zum Schnuckern mit Weingummiteufeln und fluffigen, weißen Schaumzuckermäusen. Aber zu Michas Büdchen kommen die Stammgäste auch aus einem ganz anderen Grund. Die selbst gemachten deftigen Leckereien ziehen viele Gäste an. Auch aus benachbarten Städten.
Michas Currywurst mit Brötchen, Nudelsalat und vegane indische rote Linsensuppe finden ihre Abnehmer. Warum wird ganz schnell klar, als der 56-Jährige erklärt, mit wie viel Liebe er die Speisen vorbereitet. „Meine Currysauce kocht zwei Stunden“, sagt er stolz. Alles frisch, alles selbst gezaubert. Denn der berufliche Tausendsassa, der „im schönsten Land der Welt“ lebt, ist leidenschaftlicher Koch.
„Ich koche mit Liebe, das schmecken die Kunden“
Hinter seinem Hobby steckt eine Gesamtphilosophie: „Kochen ist Kreativität, Meditation und Energie“, sagt er. „Denn ich koche mit Liebe, die setzt Energie frei, und das schmecken die Kunden.“ Wenn man den Trubel vor dem Büdchen sieht, ist dem nichts hinzuzufügen.
Angelika Gregor ist mit ihrem Lebensgefährten Lars Geppert aus Düsseldorf gekommen. „Mich zieht es immer mal wieder hierhin, ich hab auch noch Verwandte hier“, sagt sie strahlend und genießt den Griff in die Zuckertüte. Auch Kerstin Oberst lässt es sich gut gehen. Sie ist mit dem Rad aus Moers nach Duisburg gekommen, schlürft ein alkoholfreies Getränk und freut sich über die Musik und gute Stimmung. Am späten Nachmittag und Abend werden noch viel mehr Büdchen-Fans erwartet. Angekündigt haben sich Der Wolf, Selectress Eddi, Ballin’ BDOG und Sini LikkleLuv.
An Rosis Stübchen geht es in die MSV-Vergangenheit
Komplett blau-weiß geht es an Rosis Stübchen an der Münzstraße 56 zu. Auch da ist schon am Nachmittag richtig viel los. Das Konzept, sich auf eine Reise in die Zebra-Vergangenheit zu begeben, zieht. Moderator Ralf Koss interviewt ganz locker MSV-Legende Michael Bella, der von 1964 bis 1979 in der Bundesliga für den Duisburger Verein 405 Spiele mit 13 Toren bestritten hat und damit der Rekordspieler ist.
Der 76-Jährige plaudert zur Freude der Zuschauer sehr amüsant über seine aktive Fußballerzeit. Und die war so ganz anders als heute. Bei einem schlimmen Zusammenstoß mit einem anderen Spieler bricht sich der damals 16-Jährige den Oberschenkel. „Das hat ordentlich knack gemacht“, schildert er den Moment, als er zu Boden ging. Der Rat der Betreuer: „Steh’ mal auf und hüpf mal.“ Aber mit Hüpfen war nichts mehr. Unvorstellbar aus heutiger Sicht, aber Bella lacht trotzdem.
Richtig amüsant finden den Talk auch Christian Traut (36), der mit Sandra Buschkamp (40) eine vorgeschlagene Büdchen-Tour abradelt. Auf Duisburgs Straßen mit dem Rad unterwegs zu sein, mache zwar keinen Spaß, aber die Trinkhallen-Stationen abzuklappern, sei das reine Vergnügen.
Kritik am Organisator Ruhr Tourismus
Einen Kritikpunkt am Organisator Ruhr Tourismus gibt es, den man an vielen Plätzen immer wieder hört: „Wir hätten gerne gewusst, wann genau welche Band oder Comedygruppe auftritt. Das ist doch Murks und einfach unprofessionell organisiert.“ Viele wollen eben ganz gezielt bei bestimmten Auftritten dabei sein, was aber ohne Uhrzeit nicht möglich ist.
Trotzdem ist der Tag der Trinkhallen ein echter Befreiungsschlag nach so vielen Entbehrungen in den zurückliegenden zwei Corona-Jahren. Wiederholung erwünscht, aber mit mehr Service für die Besucher.