Duisburg. Hermann Schneider, der das Opernstudio der Rheinoper 1996 mit gegründet und fünf Jahre geleitet hat, ist Intendant des Landestheaters Linz.
Der gebürtige Kölner Hermann Schneider hat von 1996 bis 2001 das Opernstudio der Deutschen Oper am Rhein geleitet, in dem hochtalentierte junge Sängerinnen und Sänger aus der ganzen Welt, die am Anfang ihrer Karriere stehen, auf ihren Beruf vorbereitet werden. Wir fragten ihn nach seinen Erinnerungen an die Arbeit in Duisburg und Düsseldorf und seinem Weg zum Intendanten des Landestheaters im österreichischen Linz.
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Wie kamen Sie an die Rheinoper?
Hermann Schneider: 1994 wurde bekannt, dass Tobias Richter 1996 Intendant der Rheinoper werden würde. Ich war damals kommissarisch Intendant in Eisenach und es war klar, dass mein Vertrag nicht verlängert werden würde. Ich hatte Leitungserfahrungen an einem kleinen Haus und auch schon an Hochschulen unterrichtet. Ich habe Richter dann das Konzept des Opernstudios als mobile Kammeroper vorgeschlagen, und das hat ihm so gefallen, dass ich als Leiter dieser Einrichtung engagiert wurde.
Wie sah dieses Opernstudio aus?
Wir hatten sechs junge Sänger, mit denen wir den Schwerpunkt auf barocke Werke und Kammeropern des 20. Jahrhunderts gelegt haben. Mit Francis Corke und später Günter Albers als musikalischem Leiter haben wir zwei bis drei Produktionen pro Saison herausgebracht. Weil unser Etat recht klein war, haben wir uns mit kleinen Konzerten im Opernfoyer, die sehr gut besucht waren und Kasse gemacht haben, finanziert. Außerdem haben wir im Theater Remscheid, in den Kammerspielen des Bochumer Schauspielhauses oder im Theater Oberhausen, wo das Musiktheater 1992 geschlossen wurde, gastiert. Dadurch haben wir Werbung für die Rheinoper gemacht und zusätzliche Gelder eingenommen.
Was sind Ihre stärksten Erinnerungen an die Rheinoper?
Ich bin sehr stolz darauf, dass wir diese Form des Opernstudios auf den Weg gebracht haben. Es gab da viele neue Herausforderungen. Weil die beiden Orchester der Rheinoper mit ihren normalen Diensten ausgelastet waren, mussten wir uns die Musiker selbst engagieren. Außerdem hatten wir keine feste Spielstätte. Das „Wachsfigurenkabinett“ von Karl Amadeus Hartmann oder vier Kurzopern von Kompositionsstudenten Manfred Trojahns haben wir im Opernfoyer herausgebracht. Bei den „Europeras 3 und 4“ von John Cage saß das Publikum auf der Bühne, und mit „Pierrot lunaire“ von Arnold Schönberg haben wir erstmals das Foyer III des Duisburger Theaters bespielt. Dieser Raum war jahrzehntelang ungenutzt.
Was haben Sie für Ihre heutige Tätigkeit als Intendant an der Rheinoper gelernt?
Unser Opernstudio war ein Art Mini-Opernhaus, das wir mit viel Entdeckerfreude betrieben haben. Da habe ich eine große Flexibilität erlernt, weil ein Opernstudio in dieser Form völlig neu war, und wir auf keinerlei Erfahrungswerte zurückgreifen konnten. Ganz entscheidend ist für mich aber, dass jede Vorstellung so gut sein muss wie die Premiere. Auch die Besucher in der letzten Vorstellung haben das Recht auf eine tolle Aufführung. Das galt für das Opernstudio in Duisburg damals genauso wie heute für das Linzer Landestheater.
Was ist das Besondere am Landestheater Linz?
Wir spielen hier in einem neuen und modernen Theaterbau, der erst 2013 eröffnet wurde, dem „Musiktheater am Volksgarten“. Zu unserem Haus gehören nicht nur die Opern-, Schauspiel- und Tanzsparte, sondern wir haben auch noch ein eigenes Musicalensemble. Ich selbst bringe hier eine Inszenierung pro Saison heraus. In der letzten Spielzeit war dies die Uraufführung von Michael Obsts Oper „Unter dem Gletscher“.
Gibt es heute noch künstlerische Verbindungen nach Nordrhein-Westfalen?
Das Opernstudio des Linzer Theaters wird von Gregor Horres geleitet. Sein Vater Kurt Horres war ja von 1986 bis 1996 Intendant der Rheinoper, und Gregor Horres hat an der Rheinoper „Das Gesicht im Spiegel“ sowie „Gegen die Wand“ inszeniert. Dann hatten wir meine Inszenierung von Benjamin Brittens „Tod in Venedig“ an die Oper Bonn weitergegeben, aber wegen Corona konnte die Premiere im Juni 2020 nicht stattfinden. Außerdem habe ich das Libretto für die Oper „Fidelio schweigt“ von Charlotte Seither geschrieben. Die Premiere hätte eigentlich im Februar 2021 in Gelsenkirchen sein sollen, wird aber in einer späteren Spielzeit nachgeholt.
>>> Hermann Schneiders Theater-Stationen
- Der 1962 in Köln geborene Hermann Schneider studierte Germanistik, Philosophie, Musik- und Theaterwissenschaften in Tübingen und München.
- Von 1987 bis 1991 war er Spielleiter am Theater Aachen. Von 1993 bis 1995 arbeitete er am Landestheater Eisenach als Dramaturg, Regisseur und kommissarischer Intendant, bevor er an die Rheinoper kam.
- Von 2004 bis 2015 war Intendant des Theaters Würzburg. Seit 2016 leitet er das Landestheater Linz.