Duisburg. Für die letzten 270 Meter bis zum Brückenschluss der ersten Rheinbrücke in Duisburg wird eine neue Technik angewandt. So funktioniert sie.

Pendler können den Fortschritt quasi täglich beobachten: Die erste der zwei neuen Brücken der A40 in Duisburg wächst schnell und sichtbar über den Rhein.

Symbol des Fortschritts sind auf beiden Rheinseiten die gelben Stahlarme des „Freivorbaugerüsts“. Für eine Brücke dieser Größe ist diese Technik erstmals im Einsatz, sagt Projektleiter Knut Ewald von der Deges. 270 Meter Lücke klaffen noch zwischen dem westlichen und dem östlichen Rheinufer.

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Um den Lückenschluss zu bewerkstelligen, werden mit dem Gerüst nach und nach neun Brücken-Stücke in Position gehievt. Diese Bauteile bestehen aus je drei Stahlelementen, die vor Ort längs zusammengeschweißt werden. Am Ende ist jedes von ihnen 30 Meter lang, kommt „Huckepack“ auf das Freivorbaugerüst und wird nach vorn an die Fahrbahnkante gefahren. Dann wird das jeweils 500 Tonnen schwere Element abgesenkt, ausgerichtet und quer verschweißt. „Schuss“ nennt der Fachmann diese Montage.

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4,8 Kilometer Seile halten die neue Rheinbrücke in Duisburg

Das Prozedere erfolgt auf beiden Seiten vier Mal, das finale fünfte Segment wird von der linken Rheinseite aus eingesetzt. Der kniffligste Part sei die Ausrichtung, erklärt der Projektleiter, damit sich die beiden Brückenteile auch wirklich in der Mitte treffen.

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Die neue Last wird schließlich seitlich von einem Seilpaar mitgetragen. Die Seile mit einem Durchmesser von 28 Zentimetern bestehen aus rund 70 einzelnen Litzen aus jeweils sieben Drähten, die einzeln verbunden werden. Die weiße Hülle, die man bereits bei den ersten Seilen sieht, sind Hüllrohre, die die Seile schützen sollen, sowohl vor Rost als auch vor Vandalismus.

Im Gegensatz zur alten Brücke, wo ein Seil aus lauter einzelnen Drähten bestand, könne man künftig durch die Einzelaufhängung auch eine der Litzen im laufenden Betrieb austauschen, erzählt Ewald. „Insgesamt bauen wir ca. 4,8 km Seile mit einer Gesamtlitzenlängen von ca. 400 km ein.“

Pylone wachsen von 30 auf 70 Meter Höhe

Wenn das dritte Brückenstück eingehoben ist, widmen sich die Ingenieure erneut den Pylonen. Sie wachsen von 30 auf 70 Meter und werden dann deutlich höher sein als jene der alten Brücke, die es auf 45 Meter über der Fahrbahn-Oberkante schaffen. Am Ende sollen die neuen Pylone jeweils fünf Seilebenen tragen. Dafür muss erneut ein Spezialkran anrücken.https://www.waz.de/staedte/duisburg/rheinbruecke-a40-in-duisburg-an-drei-wochenenden-einspurig-id235337007.html

An der Brücke arbeiten derzeit inklusive Büro rund 150 Leute, sagt Ewald. Sie kümmern sich parallel zum Beispiel um die Ausschreibung der Lärmschutzwände, sie sollen im Winter gebaut werden und den Menschen entlang der Trasse ein ruhigeres Leben bescheren.

Der Schiffsverkehr wird während der Bauarbeiten der A40-Rheinbrücke mit sogenannten Wahrschauflößen (rechts im Bild) eingeengt.
Der Schiffsverkehr wird während der Bauarbeiten der A40-Rheinbrücke mit sogenannten Wahrschauflößen (rechts im Bild) eingeengt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Zwei Brückenbauwerke müssen abgerissen werden

Wer vom Niederrhein aus Richtung Essen fährt, der sieht kurz vor dem Rhein viele Sandhaufen aneinandergereiht. Was man von oben nicht sieht: Hier müssen noch zwei Brücken abgerissen und neu gebaut werden – eine für einen Wirtschaftsweg und eine für ein Werksgleis von Venator. Sie stehen in alter Größe der Fahrbahndamm-Verbreiterung im Weg. Mit dem Sand sollen die entstehenden Baugruben verfüllt werden.

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Parallel wird auch schon an der neuen Zuwegung gebaut. Da aber die Wiegeanlage mitten im Baufeld liegt, wird man die ersten neun Monate nach der Eröffnung der Brücke nur über einen Schlenker um die Wiegeanlage herum darauf kommen.

Erst wenn die neue Brücke befahrbar ist – das soll in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 sein – kann die Waage abgebaut werden und Platz für einen direkten Zugang machen. Dazu gehört, dass eine alte Deponie unterhalb der Wiegeanlage erst umfangreich abgedichtet werden muss, berichtet Ewald.

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Folgen des Ukraine-Kriegs und der Corona-Pandemie

Wie sich der Ukraine-Krieg an der Baustelle bemerkbar macht, bleibt abzuwarten: Für die erste Brücke sei der Stahl sicher, „alles andere ist offen“, sagt Pressesprecherin Simone Döll. Man könne nicht mit fixen Preisen arbeiten, in wesentlichen Produktgruppen müsse man „gleiten“, ergänzt Ewald.

Die Kostenauswirkungen durch die Corona-Pandemie seien zunächst in einem überschaubaren Rahmen geblieben, da nur zusätzliche Aufwendungen für Hygiene- und Abstandsmaßnahmen geltend gemacht werden konnten. „Inzwischen wirken sich die tatsächlichen pandemiebedingten Mehraufwendungen auf die Angebote aus“, so Döll. Der Krieg in der Ukraine wirke sich ebenso auf alle Leistungen aus, die seit Ende Februar angeboten werden. Offiziell heißt es etwas vage: „Lieferengpässe, Risikoabwägungen und inflationsbedingte Anpassungen werden in die erneuten Kostenberechnungen einfließen.“

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>>AUSWIRKUNGEN AUF DIE RHEINSCHIFFFAHRT

  • Die Rheinschifffahrt muss sich in den kommenden Monaten mit einer 70 Meter breiten Fahrrinne begnügen, die je nach Baustellenfortschritt im Strom positioniert wird. Das sei groß genug, um zwei Schubleichter gleichzeitig passieren zu lassen, sagt Projektleiter Knut Ewald. Unter den Stellen, an denen gearbeitet werde, dürfe niemand entlang fahren.
  • Normalerweise liegt die Durchfahrtsbreite im Rhein bei 300 Metern, die Fahrrinne bei 150 Metern.
  • Sogenannte Wahrschau-Flöße liegen auf Höhe der Ladebrücke von Venator und auf der anderen Seite vor der Seezeichenbrücke und informieren die Kapitäne.

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