Duisburg. Vor der dritten Runde der Tarifverhandlungen für Stahlindustrie macht die IG Metall Druck. So lief der erste Warnstreik in Duisburg.

„Bereit für Streik“ – das ist das Signal der IG Metall an die Arbeitgeber vor der dritten Verhandlungsrunde über einen neuen Tarifvertrag am 10. Juni. Beim ersten Warnstreik in Duisburg sind am Donnerstagmorgen die Beschäftigten der Betriebe im Stadtsüden auf die Straße gegangen. Rund 1200 Mitarbeitende der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM), Bao Steel, Thyssenkrupp Süd und Salzgitter-Mannesmann-Forschung kamen zur Kundgebung am Tor 3 der Hüttenwerke HKM.

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„Seid ihr bereit?“, ruft Gewerkschaftssekretärin Susanne Kim in die Menge, einige haben sich schon seit sechs Uhr früh mit Musik auf die Kundgebung eingestimmt. Eine rhetorische Frage – Beifall gibt’s für die Forderung nach 8,2 Prozent Lohnerhöhung, Pfiffe und Buh-Rufe für die Arbeitgeber, die eine Einmalzahlung in Höhe von 2100 Euro über zwölf Monate anbieten.

Tim Wissen: Nicht nur die Sorgen und Ängste mit den Belegschaften teilen, sondern auch die Gewinne, fordert der Tarifexperte der IG Metall.
Tim Wissen: Nicht nur die Sorgen und Ängste mit den Belegschaften teilen, sondern auch die Gewinne, fordert der Tarifexperte der IG Metall. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

IG Metall: Nach den Sorgen und Ängsten auch die Gewinne teilen

Tim Wissen, einst selbst HKM-Beschäftigter und nun als Tarifexperte an der Seite von IG Metall-Verhandlungsführer Knut Gießler, macht deutlich, worum es geht: „Wir haben in der Pandemie die Risiken gemeinsam getragen und wollen nun auch an den guten Ergebnissen der Unternehmen beteiligt werden.“ Die Lohnforderung sei nicht unverschämt, sagt Wissen: „Wohl aber, dass man zwar die Sorgen und Ängste mit uns teilt, nicht aber die Gewinne.“

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Die Grüße der Kollegen aus Salzgitter übermittelt Tim Sittinger. Der Betriebsratsvorsitzende der Duisburger Salzgitter-Mannesmann Forschung war am Mittwoch in Niedersachsen dabei, wo es zu den bundesweit ersten Arbeitsniederlegungen kam. „Wir lassen uns die Tarifrunde nicht abkaufen. Jeder muss etwas von der Erhöhung haben“, betont Sittinger. Die Belegschaften seien entschlossen, „weitere Zeichen zu setzen, wenn kein vernünftiges Angebot kommt: Provokation endet mit Eskalation“.

Nächster Warnstreik am 9. Juni bei Thyssenkrupp Steel im Duisburger Norden

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Konkreter wird Tim Wissen. In bundesweit insgesamt 47 Betrieben werde die IG Metall bis zum 10. Juni mit Warnstreiks Druck machen. „Wenn die Arbeitgeber nicht auf unsere Forderungen eingehen, werden bundesweit alle gleichzeitig streiken. Dann stehen alle Hütten still.“ Die Gewerkschaft erwarte ein verhandlungsfähiges Angebot, „ansonsten sind wir darauf vorbereitet, den Tarifkonflikt eskalieren zu lassen“. Die nächsten Warnstreiks in Duisburg stehen am kommenden Donnerstag, 9. Juni, bei Thyssenkrupp Steel im Stadtnorden an.

Marco Gasse: Beschäftigte spüren Preissteigerung und Inflation.
Marco Gasse: Beschäftigte spüren Preissteigerung und Inflation. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Marco Gasse: Spüre Preissteigerungen täglich an Wursttheke und Tankstelle

Dividenden und Provisionen dürften angesichts der guten Stahlkonjunktur nicht nur in den Chefetagen gezahlt werden, sagt Marco Gasse. „Unsere Forderung ist auf Augenhöhe“, so der Vorsitzende des Betriebsrats der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann.

Angesichts der steigenden Inflation müsse es eine „prozentuale Stärkung auch für unsere Renten geben“. Eine spürbare Lohnerhöhung im neuen Tarifvertrag sei auch deshalb geboten, weil alle Beschäftigten mit steigenden Preisen konfrontiert seien: „Wir spüren es täglich an der Wursttheke und an der Tankstelle.“

>> IG METALL: SOLIDARISCH MIT BELEGSCHAFTEN VON UNIKLINIKEN UND VALLOUREC

  • Ihre Unterstützung bekundeten die Stahlkocher den Belegschaften der Unikliniken, die für eine bessere personelle Ausstattung kämpfen. Dass diese den Beschäftigten, die für ihren Einsatz in der Corona-Krise beklatscht wurden, nun verwehrt werde, bezeichnete HKM-Betriebsratschef Marco Gasse als „Schweinerei“.
  • Die Solidarität der Duisburger Belegschaften begleitet auch die Beschäftigten der Vallourec-Standorte Mülheim und Düsseldorf, die geschlossen werden sollen. Das Unternehmen, einer von drei Gesellschaftern und wichtiger Abnehmer der HKM, will die Röhren-Produktion in Brasilien konzentrieren. „Wie dämlich muss man sein?“, sagt dazu Gewerkschaftssekretär Tim Wissen. Pandemie und Ukraine-Krieg zeigten, „wie wichtig es ist, Schlüsselindustrien in Deutschland und Europa zu halten“.