Duisburg. DVV-Chef Wittig spricht im Interview über die Zukunft der Straßenbahnflotte in Duisburg, über die Energiewende im ÖPNV und das 9-Euro-Ticket.
Geduld ist eine wichtige Tugend für die Kunden der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG). Wegen erheblicher Verzögerungen bei der Lieferung neuer Straßenbahnen und Ausfällen bei den Altfahrzeugen müssen immer wieder Busse eingesetzt werden. Über die Zukunft der Flotte äußert sich Marcus Wittig, Vorstandschef der Duisburger Verkehrs- und Versorgungsgesellschaft (DVV), im Interview. Er spricht auch über die Energiewende, die Zukunft des ÖPNV in Duisburg und das 9-Euro-Ticket.
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Thema Nahverkehr: Wie optimistisch sind sie, dass neue Straßenbahnen bald geliefert werden?
Wir haben über ein Jahr Lieferverzug. Das liegt nicht an uns, es gibt Probleme beim Hersteller Bombardier. Die Fahrzeuge sind in der Fertigstellung. Es sind noch Dokumentationen für die technische Zulassung erforderlich. Die sind verabredet. Wir hoffen, dass wir die ersten Bahnen bald in Betrieb nehmen können und dann in einen fortlaufenden Lieferprozess kommen. Verlässliche Termine können wir hoffentlich im Juni nennen.
„Mehr Menschen in den ÖPNV zu bringen, kostet viel Geld“
Zuletzt gab es wieder Forderungen, Straßenbahnen auch in den Stadtwesten fahren zu lassen. Eine gute Idee?
Marcus Wittig: Klimaschutz bedeutet, mehr Menschen in den ÖPNV zu bekommen. Aber das kostet Geld. Die Einnahmen werden den Aufwand nicht decken. Die Stadt Duisburg muss als Auftraggeber entscheiden, ob und wie das finanziert werden kann. Auch der Betrieb wird viel Geld kosten, der Ausbau würde wohl auch einen weiteren Betriebshof erfordern. Es macht aber gleichwohl Sinn, den Sprung über den Rhein mit der Entwicklung der Brücken zu betrachten.
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„Ein ÖPNV-Verbund für das Revier oder ganz NRW ist für mich kein Alptraum“
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Ein einziger Verkehrsverbund für das Ruhrgebiet: Für Sie ein Wunsch- oder ein Alptraum?
Kein Alptraum. Man müsste wohl die Systematik komplett verändern, auch technische Gegebenheiten, etwa die unterschiedlichen Spurbreiten. Der Ansatz, über den RVR einen übergreifenden Nahverkehrsplan hinzubekommen, ist gut. Es muss sich zeigen, ob das funktioniert. Für den weiteren Zusammenschluss und die Steuerung gibt es tausend Modelle. Man kann alles denken, von kommunaler Verantwortung bis hin zu einem Großbetrieb nicht nur für die Metropole Ruhr, sondern das ganze Land NRW. Das sind große Operationen, die man Schritt für Schritt vollziehen müsste.
„Wir setzen Elektro-Busse ein und werden auch Wasserstoff-Fahrzeuge testen“
Wohin geht die Reise für den ÖPNV in der Energiewende?
Es gibt Elektro- und Wasserstoffe-Busse. Welches der beiden Systeme sich durchsetzt, wissen wir nicht. Wir haben die Linie 934 jetzt vollständig elektrifiziert. Die Beschaffung von Wasserstoff-Fahrzeugen ist beschlossen, um sie ab 2025 zu testen. Danach werden wir entscheiden, wie wir uns mittel- und langfristig aufstellen.
Warum kann nicht eine Stadt auch für alle anderen testen?
Die Gegebenheiten sind in jeder Stadt anders. Auch das Personal muss man mitnehmen. Man gewöhnt sich leichter an neue Technik, wenn sie tatsächlich erlebbar ist. Das gilt auch für die Werkstätten. Auf der Schiene befördern wir unsere Fahrgäste schon heute weitgehend klimaneutral: Die Straßenbahnen fahren mit Strom aus Wasserkraft.
„Wir sind gespannt, welche Lehren wir aus dem 9-Euro-Ticket ziehen können“
Was versprechen Sie sich vom 9-Euro-Ticket ab 1. Juni? Wird es viele zum Umstieg auf den ÖPNV bewegen?
Es ist eine Angebotsfrage: Wie schnell komme ich von A nach B. Es ist aber auch eine Preis- und Philosophie-Frage. Wir sind gespannt, was dieses Angebot bringt und welche Lehren wir daraus ziehen können. Wenn wir eine Musterlösung hätten, die sicher funktioniert und wirtschaftlich tragfähig ist, würden wir daran arbeiten. Dabei: Zu glauben, eine steigende Zahl von Fahrgästen würde den ÖPNV verbilligen, ist ein Trugschluss. Mit der Zahl der Fahrgäste steigen auch die Kosten.