Duisburg. Hat der Gebauer-Besuch an einer Duisburger Förderschule was gebracht? Das Ministerium spricht von neun Lehrern. Die SPD bezeichnet das als Lüge.
Was der Besuch von Schulministerin Yvonne Gebauer an der Förderschule Am Rönsbergshof vor sechs Monaten gebracht hat, wird höchst unterschiedlich bewertet: Das Schulministerium berichtet von 9,4 Vollzeitstellen, Vertreter der Schule und der Landtagsabgeordnete Frank Börner bezeichnen dies jedoch als Lüge.
Die Schulpflegschaftsvorsitzende Jennifer Fischer hatte berichtet, dass rund die Hälfte des Lehrerkollegiums fehlt und der Gebauer-Besuch für die Kinder mit geistiger Behinderung nichts gebracht habe. Durch die Fluktuation seien es unter dem Strich sogar weniger Lehrer als im November. Das möchte das Schulministerium (MSB) so nicht stehen lassen. Ein Sprecher erklärt, dass sich die Landesregierung „wie keine zuvor für unsere Förderschulen einsetzt“. Deshalb sei dem MSB sehr an einem konstruktiven Austausch mit allen Akteuren gelegen.
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Gebauer: 259 Stunden zusätzlicher Unterricht pro Woche
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Nach dem Schulbesuch, der auf Initiative engagierter Eltern zustande kam, sei „durch die Maßnahmen der Bezirksregierung Düsseldorf und des Schulamtes für die Stadt Duisburg zusätzliches Personal im Umfang von 9,4 Vollzeitstellen für die Förderschule am Rönsbergshof gewonnen worden. Das entspricht 259 zusätzlichen Wochenstunden für den Unterricht.“
Außerdem habe eine Schulsozialarbeiterin im Dezember ihren Dienst im Umfang von 15 Wochenstunden aufgenommen. Und weil im Artikel bedauert wurde, dass die Weiterbeschäftigung der von allen geschätzten Tierpflegerin noch offen sei, obwohl man die Ministerin darauf explizit hingewiesen hatte, erklärt der Ministeriumssprecher, dass dies „aktuell“ durch die Bezirksregierung geprüft werde.
Das ist die tatsächliche Situation an der Förderschule
Die Schulleiterin Sirka Justus möchte sich mit dem Hinweis auf das Neutralitätsgebot für Beamte vor Wahlen nicht inhaltlich äußern. Allerdings sprechen die Zahlen für sich: Nach dem Gebauer-Besuch kamen zwei Abordnungen an die Schule, dafür wurden im Januar zwei Kollegen pensioniert. Zum 1. Mai wurde ein Lehrer eingestellt, parallel verließ ebenfalls eine Kollegin die Schule. Ein Nullsummen-Spiel.
Nach offizieller Rechnung besteht ein Bedarf von 75 Stellen, davon sind aktuell - inklusive aller Vertretungen - knapp 47 besetzt. Neun Stellen davon sind allerdings bis Schuljahresende befristet. In diese Statistik fließt außerdem nicht ein, wie viele Menschen tatsächlich an der Schule arbeiten: Langzeiterkrankte oder Beschäftigungsverbote wegen einer Schwangerschaft machen derzeit ein weiteres Minus von sechs Kräften aus.
Die Perspektive zum neuen Schuljahr ist noch düsterer, weil dann 1,5 Stellen versetzt werden - sich aber deutlich mehr Schüler angemeldet haben.
Eltern fühlen sich „hilflos“
Jennifer Fischer, die Schulpflegschaftsvorsitzende, ist fassungslos über die Stellungnahme aus Düsseldorf.
„Die können ihren Wahlkampf ja machen, aber nicht auf Kosten unserer Kinder“, schimpft sie und fragt sich, wie man auf die Zahlen kommen kann. Dass das Ministerium auf die Berichterstattung so schnell reagiert, ihr Brief mit der Bitte um Hilfe aber seit anderthalb Monaten unbeantwortet ist, ärgert sie ebenfalls. „Wir fühlen uns total hilflos.“
Der SPD-Landtagsabgeordnete Frank Börner entrüstet sich über die vorgeblichen 9,4 Vollzeitstellen: „Dies ist mitnichten der Fall! Seit dem Besuch der Ministerin im November hat sich die Situation an der Schule nicht merkbar verändert.“ Selbst die schnellen Hilfen, die die Ministerin bei ihrem Besuch zur kurzfristigen Überbrückung versprochen hat, seien nicht umgesetzt worden.
„Das ist keine Schönfärberei, das ist ein Skandal“
Die Schule könne ihre Arbeit für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf mit nur 50 Prozent Stellenbesetzung nicht umsetzen, wie es nötig wäre „und wie es ihnen zusteht. Wenn hier die Ministerin nur mal auf einen lockeren Besuch vorbei kommt, Versprechungen macht und dann davon überhaupt nichts in die Tat umsetzt, ist das einfach nur schäbig und für die Lehrkräfte sowie Schüler*innen und Eltern ein Schlag ins Gesicht!“, so Frank Börner.
„Und wenn sie dann drei Tage vor der Landtagswahl wider besseren Wissens behauptet, die Schule hätte nun hinreichend Lehrer*innen, ist dies nicht nur Schönfärberei sondern faktisch die Unwahrheit und damit ein Skandal!“
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