Duisburg. Das Bäckerhandwerk sucht dringend Nachwuchs. In Duisburg drohen nun Konsequenzen: Verliert das einzige Berufskolleg den Bildungsgang zum Bäcker?
Dem Sophie-Scholl-Berufskolleg in Duisburg droht der Wegfall des Bildungsgangs der Bäcker und Bäckerinnen. Das geht aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage des SPD-Abgeordneten Frank Börner durch die Landesregierung hervor. Für das Bäckerhandwerk hätte dieser Schritt zur Folge, dass Auszubildende der Duisburger Backstuben zukünftig in Nachbarstädten beschult werden müssten.
„Ich werde den Bildungsgang nicht kampflos aufgeben“, sagt Detlef Zeich. Der Schulleiter fürchtet, dass durch die Maßnahme der Landesregierung die Attraktivität des Bäckerberufs in der Stadt an Rhein und Ruhr weiter sinkt, weil Lehrlinge längere Wege zur Berufsschule in Kauf nehmen müssten. „Wo sollen die Fachkräfte herkommen, wenn sie nicht ortsnah ausgebildet werden können?“, kritisiert Zeich.
Zu wenige Bäckerlehrlinge in Duisburg
Der Grund, warum die Genehmigung für den Bildungsgang zu erlöschen droht, ist die stark rückläufige Zahl der Schüler, die sich für den Beruf des Bäckers in Duisburg entscheiden. Seit 2019/20 und damit in drei Ausbildungsjahren in Folge wurde die von der Landesregierung geforderte Mindestfrequenz von 16 zu beschulenden Lehrlingen nicht erreicht. Ein Grenzwert, der laut Erlass für Bezirksfachklassen nicht unterschritten werden darf.
60 Jahre Bäckerei Bolten- Geschäft mit Brötchen im WandelAn der Bereitschaft der Betriebe, die Bäcker von morgen auszubilden, liegt diese Entwicklung wohl nicht. Vielmehr ist das Brot in Not, weil keiner mehr Brötchen backen möchte. „Es ist schwierig, an Personal zu kommen“, erklärt Tim Schenkel-Bolten, Mitgeschäftsführer bei der Bäckerei Bolten. Drei Lehrstellen zum Bäcker bietet der Traditionsbetrieb ab dem 1. August an – noch sind sie offen, werden intensiv auf der Internetseite der Bäckerei beworben. „Wir könnten auch mehr besetzen, aber man hat das Gefühl, keiner will mehr ein Handwerk lernen“, sagt Schenkel-Bolten.
Immer weniger Lehrlinge – wie wird der Beruf „Bäcker“ attraktiver?
Im Haus wird auch überlegt, wie die Attraktivität des Berufsfeldes gesteigert werden kann. „Wir schauen uns auch an, ob es Möglichkeiten für Tagschichten gibt“, sagt Schenkel-Bolten zu den für viele unattraktiven Arbeitszeiten. Um gute Ausbildungsbedingungen zu schaffen, sei es wichtig, so die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, dass die Ausbildungsvergütungen steigen. Im ersten Ausbildungsjahr verdient ein Lehrling nach Tarif 680 Euro monatlich brutto.
Die Situation ist schwierig: Laut dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks hat sich seit 2010 die Zahl der Lehrlinge zum Bäcker und zur Bäckerin mehr als halbiert. Hinzu kommt eine hohe Abbrecherquote, mit zuletzt und im Jahr 2020 rund 22 Prozent vorzeitig aufgelösten Verträgen. Schulleiter Zeich fürchtet, dass die Quote in Duisburg steigt, sobald Lehrlinge mit begrenzter Mobilität größere Distanzen zur Berufsschule in Kauf nehmen müssen. Der Beruf des Bäckers werde so „kaputtgespart“, urteilt Zeich.
Gespräch über die Zukunft des Bildungsganges geplant
Am kommenden Mittwoch, 4. Mai, soll es am Sophie-Scholl-Berufskolleg aber erst einmal um die Zukunft der Ausbildung in Duisburg gehen. Schulleiter Detlef Zeich wird sich zu einem Informationsaustausch mit zuständigen Dezernenten der Bezirks- und Landesregierung zusammenfinden. Mit dem Ziel, so die Formulierung der Landesregierung, „die rückläufigen Schülerzahlen, mögliche Maßnahmen zur Standortsicherung der Fachklassenbildung sowie die Auswirkungen auf den Schulstandort mit allen Beteiligten zu besprechen.“
>> Bildungsgang Bäcker: Profitiert Oberhausen vom Wegfall?
- In Duisburg ist der Bildungsgang Bäcker und Bäckerin im Berufsfeld Ernährung und Versorgung am Sophie-Scholl-Berufskolleg berufsfeldspezifisch eingebunden. Auch etwa Konditoren, Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk oder Köche werden dort unterrichtet.
- Ein Erlöschen der Genehmigung für den Bildungsgang Bäcker und Bäckerin hätte keinen Einfluss, so die Landesregierung, auf die Genehmigungssituation anderer Bildungsgänge im Lebensmittelhandwerk.
- Von dem Wegfall des Bildungsgangs in Duisburg könnte das Hans-Sachs-Berufskolleg in Oberhausen profitieren, an dem ansonsten rein technische Bildungsangebote vorhanden sind. Anders als in Duisburg liegt die Zahl der Schülerinnen und Schüler dort über dem Klassenfrequenzmindestwert.
- Der Bäcker-Innung Rhein Ruhr seien in der Entscheidung „die Hände gebunden“, da sich die Landesregierung bei der Entscheidung alleine an der „Auslastung orientiere“, so eine Mitarbeiterin.