Duisburg. Die Duisburger Bäckerei Bolten feiert 60-jähriges Jubiläum. 50.000 Brötchen werden täglich gebacken. So hat sich die Bäckerei-Branche verändert.
Seit 60 Jahren gibt es die Bäckerei Bolten in Duisburg. Am Sonntag öffnet der Betrieb für Interessierte die große Backstube in Großenbaum. Wie sich in all den Jahren die Bäckerei-Branche verändert hat, wo alles anfing und warum Kaffee so wichtig wie Backwaren geworden ist.
1959 eröffnen Bäckermeister Hans-August Bolten und seine Frau Birgitta die erste eigene Bäckerei in Neudorf an der Kammerstraße. „Mein Vater war in der Backstube und meine Mutter stand an der Verkaufstheke“, sagt Geschäftsführer Ralf Bolten.
Bäckerei Bolten hat in Duisburg und Umgebung 43 Filialen
Aus der Zweimannshow ist einer der größten Bäckerbetriebe in Duisburg gewachsen. Mittlerweile lenkt Sohn Ralf die Geschicke von 43 Filialen, 33 alleine in Duisburg. Längst bestimmt aber auch die dritte Generation die Marschrichtung des Familienunternehmens.
In der großen Backstube in Großenbaum, seit 1994 das Zuhause der Bäckerei, geht es nachts hektisch zu. „60 Mitarbeiter sind hier beschäftigt“, erklärt Backstubenleiter Thomas Wichert. Seit 30 Jahren gehört er zum Unternehmen, andere Mitarbeiter sind seit 40 Jahren dabei.
Omas Geheimrezepte
Der Teigmacher ist der erste, der um 21 Uhr mit der Arbeit beginnt. Der Teig, darauf legt die Familie Wert, bekommt genügend Zeit zum Ruhen. „Um vier Uhr wird zum ersten Mal ausgeliefert – um sieben Uhr das letzte Mal“, erklärt Wichert. Am Tag verlassen die Bäckerei rund 50.000 Brötchen. „4500 Brote gehen unter der Woche täglich raus, am Wochenende sind es mehr“, sagt Bolten. Hinzu kommen Puddingbrezel, Rosinenschnecken und viele Leckereien mehr. Manches nach traditionellen Rezepten. „Unser Hausbrot ist ein Rezept der Oma.“
„Wir haben den Anspruch, tagesfrische Ware anzubieten“, so Bolten. Alles, was am Tag nicht verkauft wird, gehe zurück in die Backstube nach Großenbaum. Das Unternehmen versuche, so wenig Backwaren wie möglich wegzuschmeißen. An die 100 Brote am Tag erhält der Verein Immersatt, ein Versorgungsnetzwerk gegen Kinderarmut in Duisburg.
Bäckerei: Eine ganze Branche im Umbruch
Am liebsten würde Ralf Bolten selbst noch in der Konditorei mehrstöckige Torten herstellen. Doch mittlerweile wurde Mehl gegen Tastatur und Backstube gegen den Schreibtisch getauscht. Die Bürokratisierung, „mit dem Wust an Dokumentationen und Verpflichtungen“, so der Geschäftsführer, lasse nichts anderes zu.
Die gesamte Bäcker-Branche steht im Umbruch. Der Brot- und Backwarenverbrauch ist zwar gleichbleibend hoch. Laut dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks verbraucht jeder Haushalt in Deutschland 56,5 Kilogram Brot und Backwaren. Jedes zweite gekaufte Brot ist ein Grau- oder Toastbrot. Und dennoch sinkt stetig die Zahl der Handwerksbäckereien. 1959 gab es 292 backende Betriebe in Duisburg – ohne das linksrheinische Gebiet rund um Rheinhausen, erklärt Ralf Bolten und ergänzt: „Heute sind es 14 backende Betriebe mit Backstube.“
Bäckerei Bolten passt Geschäftsmodell an
Einer der Gründe: Aus Kunden wurden Konkurrenten. „Brötchen gibt es jetzt an jeder Tankstelle“, sagt Ralf Bolten. Auch beim Discounter stehen Backautomaten – Brot und Brötchen kommen per Knopfdruck zum Kunden und wandern in den Einkaufswagen. Das ist bequem und günstig. Dazu die Konkurrenz durch SB-Bäckereien.
Das Familienunternehmen hat deshalb frühzeitig damit begonnen, das Geschäftsmodell zu verändern. Mit Snacks und einem umfangreichen Kaffeeangebot hat sich das Unternehmen zur Backgastronomie gewandelt. Große Filialen mit Café-Anschluss sind die Regel und laden zum Verzehr vor Ort ein.
„Wir haben einen hauseigenen Barista“, sagt Bolten. Die Mitarbeiter in den Filialen lernen etwa, wie Milch richtig aufgeschäumt wird. Kaffeebohnen werden nach den Wünschen des Unternehmens geröstet. Das Geschäft mit der braunen Bohne ist wichtig. Neben Brötchen sei Kaffee einer der Verkaufsschlager.
Weihnachtsgebäck ab September in der Herstellung
Immer mehr Trends beeinflussen das Bäckerhandwerk, sagt Schwiegersohn und Mitgeschäftsführer Tim Schenkel-Bolten. Gesundheitsbewusste Ernährung und Veganismus etwa. „Zukünftig wollen wir mehr vegane Produkte kennzeichnen“, erklärt Schenkel-Bolten.
Nach Weihnachtsgebäck riecht es in der großen Backstube in Großenbaum übrigens schon ab September. Die großen Supermarktketten machen es vor, die Bäcker müssen nachziehen – aber der Kunde verlangt auch danach, so Ralf Bolten. Er selbst kann dem frühen Start nichts abgewinnen: „25 Grad draußen und Spekulatius und Printen anbieten – das passt nicht.“ Doch der Kunde ist König und das seit 60 Jahren.
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Zum 60. Firmenjubiläum öffnet die Bäckerei Bolten am Sonntag, 10. November, von 11 bis 17 Uhr Am Handwerkshof 20 in Großenbaum die Türen der Backstube. Interessierte sind eingeladen, den Bäckern und Konditoren bei ihrer Arbeit über die Schulter zu schauen, das eigene Backtalent zu testen und Fragen zu stellen. Unter anderem gibt es an diesem Tag eine Kinder-Backstube.
Bereits 1989 übergab Hans-August Bolten den Betrieb mit acht Filialen an seine beiden Söhne Uwe und Ralf. Seit 2009 führt Ralf Bolten, ausgebildeter Konditor, das Unternehmen mit 450 Mitarbeitern alleine. Sein Bruder ist aufgrund einer Mehlallergie ausgeschieden. Stattdessen ist die Unterstützung durch die Familie gewachsen: Neben Frau Maria mischen die Töchter Maite und Melissa samt Schwiegersöhne und Sohn Sergio im Betrieb mit. Teilen sich etwa Aufgaben wie Marketing, Personalwesen oder Vertrieb.