Duisburg. Das Stück „Rose“ von Martin Sherman wurde bei den Duisburger Akzenten in der Brotfabrik in Beeck aufgeführt. Wie es zu einem Hörerlebnis wurde.

Eine Frau trauert um ein neunjähriges palästinensisches Mädchen. Sie kennt das Kind nicht und doch steht sie in einer engen Beziehung zu ihm. Rose heißt die Frau. Die Titelfigur von Martin Shermans Theaterstück „Rose“ blickt zurück auf ihr Leben und damit auch auf das 20. Jahrhundert.

Die Schauspielerin Esther Krause-Paulus und die Akkordeonistin Ute Völker haben daraus einen dichten Hörabend gemacht, der am Freitag im Rahmen der Duisburger Akzente in der alten Beecker „Brotfabrik Overbeck“ gemacht.

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Dass Krieg und Juden-Verfolgung kein abgeschlossenes Kapitel machte der SPD-Landtagsabgeordnete Frank Börner deutlich. In seiner Begrüßung berichtete er von der Verlegung eines Stolpersteins an der Dahlstraße, die an die jüdische Familie Meisel erinnert.

Die 80-jährige Rose blickt zurück auf ihr Leben

Die Shiv’a ist eine jüdische Form des Trauerns, eine Art der Totenwache, bei der man sieben Tage auf einer Bank sitzt. Rose ist achtzig Jahre alt und Jüdin. Sie blickt bei diesem Ritual auf ihr eigenes Leben zurück. Sie erzählt von Kindheit und Jugend in einem Kaff in der Ukraine, ihrer Zeit in Warschau mit ihrer großen Liebe und der gemeinsamen kleinen Tochter Esther.

Der Duisburger Künstler Cyrus Overbeck erklärt, wie die nationalsozialistische „Kunst“ einen Germanen- und Arierkult förderte.
Der Duisburger Künstler Cyrus Overbeck erklärt, wie die nationalsozialistische „Kunst“ einen Germanen- und Arierkult förderte. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Mann und Kind werden nach dem Einmarsch der deutschen Faschisten ermordet. Sie erinnert sich an ihre eigene Angst, ihre traumatische Gefühllosigkeit, aber auch an ihre Flucht und dem wirtschaftlichen Erfolg in den USA. Bei aller Emotionalität ist ihr Tonfall oft lakonisch, witzig und selbstironisch.

Regisseur Olaf Reifegerste hat aus dem Stück eine kompakte, gut einstündige Hörfassung gemacht. Esther Krause-Paulus liest den Text unaufdringlich und doch mit Gespür für die notwendigen Nuancen. Nur wenige Male geht sie zu einer Bank und spricht frei kurze Passagen, die wie Zwischenüberschriften wirken.

Das Akkordeon schafft mehr als Atmosphäre

Die „Shiv’a“ der atheistischen Rose, so wird deutlich, ist eben auch ein Trauerritual für das 20. Jahrhundert mit seinen Toten, aber auch mit den Glücksmomenten. Und sie blickt hilflos auf das Kind aus Palästina, das durch einen Schuss ihres in Israel lebenden Enkels getötet wurde.

Einen großen Anteil an der Dichte dieses Abends hat die Wuppertaler Akkordeonistin Ute Völker. Sie regt die Fantasie des Publikums an, indem sie auf ihrem Instrument Atem-, Maschinen- oder Eisenbahngeräusche anklingen lässt. Aber sie setzt mit kantigen Einwürfen auch eigene Akzente, die weit über das Atmosphärische hinaus gehen.

Der Gastgeber, Hausherr und Künstler Cyrus Overbeck hat das Hörerlebnis mit seiner aufwendigen Rauminstallation „The War“ eine bildhafte Ebene hinzugefügt. Seine Grafiken in schwarz, weiß und rot Thematisierung Krieg, Verfolgung und Widerstand. – Schade, dass der Abend nicht wiederholt wird.