Duisburg. Dank des Duisburger Vereins Riskid ist jetzt das Kinderschutzgesetz in NRW aktualisiert worden. So sollen Kinder vor Missbrauch geschützt werden.

Fünf Kinder starben nach schwersten Misshandlungen und schockten im Jahr 2005 Ärzte, Ermittler und ganz Duisburg. Der Verein Riskid wurde gegründet, um die Kleinsten besser schützen zu können vor Vernachlässigung oder Gewalt. 17 Jahre später kann der Duisburger Dr. Ralf Kownatzki zumindest für NRW einen Erfolg feiern:

Der Landtag verbessert mit einem Gesetz den Kinderschutz. Künftig können sich Ärzte austauschen, wenn Kindesverletzungen sie stutzig machen oder sie den Eindruck haben, dass durch gezieltes Ärzte-Hopping Misshandlungen verborgen werden sollen. Dafür musste die Schweigepflicht für Ärzte gelockert werden. Bislang hätten Erziehungsberechtigte den Austausch genehmigen müssen – also die mutmaßlichen Misshandler oder zumindest Mitwisser.

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Riskid: Innerärztlicher Austausch zum Kinderschutz als Pilotprojekt in Duisburg

Der Schutz der Kinder stand im Koalitionsvertrag, jetzt wurde kurz vor Ende der Legislaturperiode Wort gehalten, lobt der Kinderarzt. Die Verabschiedung des Gesetzes hat er gefeiert, er gesteht aber auch: „Wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt, weiß ich nicht, ob ich damit angefangen hätte.“ Riskid-Mitgründer, der Mordermittler Heinz Sprenger von der Polizei Duisburg, erlebt diesen Erfolg nicht mehr. Viel Zeit haben die ehrenamtlichen Mitstreiter investiert, um die gesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen. In Duisburg wurde als Teilerfolg der innerärztliche Informationsaustausch als Pilotprojekt etabliert.

Kinderarzt Dr. Ralf Kownatzki setzt sich seit Jahren dafür ein, dass Kinder besser vor Misshandlung geschützt werden.
Kinderarzt Dr. Ralf Kownatzki setzt sich seit Jahren dafür ein, dass Kinder besser vor Misshandlung geschützt werden. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

Für Kownatzki ist klar: „Wir Ärzte müssen uns austauschen können.“ Aus dem Bereich der Jugendhilfe hätten es manche aber als Kritik oder Einmischung empfunden, „die haben gemauert“, bedauert der pensionierte Kinderarzt. Hochkarätige Stellungnahmen auf Bundesebene hätten Politiker verunsichert. Darauf führt er zurück, dass es nicht zu einer Bundesratsempfehlung und damit zu einer deutschlandweiten Regelung kam. Aus der Jugendhilfe in NRW kamen jedoch zustimmende Äußerungen.

Kownatzki betont, dass seine Initiative auf Kooperation setzt, nicht auf Konfrontation: „Wir Ärzte stellen keine Kindeswohlgefährdung fest. Wir machen aber Diagnosen, die darauf hindeuten können.“ Welche Konsequenzen diese Beobachtungen haben, sei dann Aufgabe der Jugendämter, betont der 73-Jährige.

In Duisburg selbst sei der Austausch „perfekt“, über den kurzen Dienstweg hätten er und seine Kollegen so manches Kind in die Hände der Jugendhilfe geben können, lobt Kownatzki.

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Corona-Lockdowns: Zahl der tödlich verletzten Kinder stieg um 35 Prozent

Je früher in bedrohlichen Familiensituationen eingegriffen werde, desto größer seien die Überlebenschancen für Kinder, glaubt der Arzt. Die Corona-Pandemie mit ihren Lockdowns sei verhängnisvoll gewesen, weil gefährdete Kinder nicht in die Kitas und Schulen gingen und so nicht im Lichte der Öffentlichkeit standen. Laut Bundeskriminalamt stieg die Zahl der tödlich verletzten Kinder um 35 Prozent - von 112 im Jahr 2019 auf 152 im Jahr 2020.

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Die Zahl der zur Anzeige gebrachten Misshandlungen stieg parallel um zehn Prozent, berichtet Kownatzki, „aber das ist nur das Hellfeld.“ Zwei Drittel der getöteten Kinder sind zwischen 0 und 6 Jahren, ältere Kinder sind durch die allgemeine Schulpflicht etwas sicherer.

Sein nächstes Ziel ist nun, für eine engmaschigere Vorsorge-Untersuchung zu streiten. Nach der U9 im Alter von fünf Jahren seien die Lücken zu groß. „Es müsste alle zwei Jahre eine Vorsorge erfolgen.“

Riskid setzt auf eine umfangreiche Vernetzung der Ärzte

Die riskid-eigene Datenbank aus dem Pilotprojekt soll nun weiter vernetzt werden, „am besten von Flensburg bis Regensburg“. Langfristig sollte sie bei der Kassenärztlichen Vereinigung, der Ärztekammer oder ähnlichen Einrichtungen angedockt werden, schwebt ihm vor. Dazu sucht der Verein jetzt das Gespräch.

Auch sonst wird es dem Rentner nicht langweilig: NRW ist der Vorreiter „und wir müssen alle anderen animieren, den Regelungen zu folgen“, sagt Kownatzki. Aus Bayern habe es bereits eine Anfrage gegeben. Bis er die nächsten 15 Flaschen Sekt zum Feiern entkorken kann, dauert es entsprechend.

Weitere Infos zum Verein gibt es auf der Webseite: https://www.riskid.de/

>>NEUES KINDERSCHUTZGESETZ

  • Zum 1. Mai soll das Landeskinderschutzgesetz NRW in Kraft treten.
  • Darin geht es um Qualitätsberatung und Qualitätsentwicklung beim frühzeitigen Erkennen von Kindeswohlgefährdung sowie die Entwicklung fachlicher Standards.
  • Die Akteure sollen zur Zusammenarbeit in Netzwerken befähigt werden
  • Außerdem sollen Leitlinien für Kinderschutzkonzepte in Einrichtungen entwickelt werden.