Duisburg/Mülheim. . Beim Radfahren auf Mallorca erlag der ehemalige Polizist Heinz Sprenger einem Infarkt. Sein Herzensthema war Kampf gegen Kindesmisshandlungen.

Sein größter Fall war die Aufklärung der Mafia-Morde in Duisburg im Jahr 2007. Sein Herzensanliegen war der Kampf gegen den Missbrauch und die Misshandlung von Kindern. Nun ist Heinz Sprenger (66) gestorben. Der frühere Kriminalpolizist, Buchautor und Mitbegründer des Ärztenetzwerks „RisKids“ erlag beim Radfahren auf Mallorca einem Herzinfarkt.

Heinz Sprenger
Heinz Sprenger © Lars Heidrich

„Er war eine herausragende Gestalt unter den Kriminalisten“, schwärmt Holger Haufmann, der Sprenger lange als Vorgesetzter begleitete und heute die Direktion Kriminalität im Polizeipräsidium Recklinghausen leitet. „Nie aufgeben, immer neue Ideen haben – so hat Heinz Sprenger getickt“, erzählt Haufmann im Gespräch mit der Redaktion. Eine Episode aus den zweijährigen Ermittlungen zu den Mafia-Morden veranschaulicht das.

Die Ermittler werteten damals Sequenzen der insgesamt 84 Überwachungskameras aus dem näheren und etwas weiteren Umfeld des Tatorts aus. Eine Aufnahme zeigte nachts einen dunklen Kleinwagen, eine Nachbarstraße auf und ab fahren. „Nur, die Bildqualität war miserabel“, erinnert sich Haufmann. Der Fahrzeugtyp war nicht zu erkennen, das Kennzeichen schon gar nicht. Landes- und Bundeskriminalamt wurden um Hilfe angefragt. Doch auch die kamen mit ihren technischen Möglichkeiten nicht weiter.

Auto über Strohmann angemietet

Haufmann wollte die Spur schon zu den Akten legen, nicht so Sprenger: „Er hat gesagt, die Arbeit fängt doch jetzt erst an.“ Alle damals in etwa der Größe auf dem Markt befindlichen Kleinwagentypen habe Sprenger bei ähnlichen Lichtverhältnissen über besagte Straße fahren lassen, gefilmt von eben jener Kamera. Einen nach dem anderem.

Die Mafiamorde von Duisburg

Sechs Männer starben am 15. August 2007 gegen 2.20 Uhr im Kugelhagel vor der Pizzeria Da Bruno in Duisburg. Hintergrund war eine langjährige Fehde der Familien Strangio-Nirta und Pelle-Romeo, die beide zur kalabrischen Mafia ’Ndrangheta zählen.

Heinz Sprenger leitete eine in der Spitze über 90-köpfige Mordkommission. Die Ermittlungen erfolgten in enger Zusammenarbeit mit den Behörden vor allem in Italien, aber auch den Beneluxländern. Haupttäter Giovanni Strangio wurde im März 2009 bei Amsterdam verhaftet, später nach Italien ausgeliefert und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Der Kreis habe sich auf einen Alfa Romeo sowie den damals neuen Renault Clio verengt, und den Alfa habe man wegen mehrerer Merkmale auch noch ausschließen können. Haufmann: „Tatsächlich haben wir bei den weiteren Ermittlungen herausgefunden, dass der Hauptverdächtige Giovanni Strangio über einen Strohmann einen Clio angemietet hatte.“ Bingo! Das Tatfahrzeug - mit Schmauchspuren im Wagen - wurde später im belgischen Gent entdeckt.

Das Buch heißt „Der wahre Schimanski“

„Heinz Sprenger war ein Vorbild“, würdigte Sebastian Fiedler, NRW-Vorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter, gegenüber der Redaktion. „Sehr gradlinig“ sei der Mülheimer gewesen, „sehr konsequent“. Sprenger, vom Rang her ein Erster Kriminalhauptkommissar, habe sich vehement für Kollegen eingesetzt.

Seit einigen Jahren war Sprenger nun in Pension. Zuletzt hatte er Polizeinachwuchs an der Polizeifachhochschule mitausgebildet und war auch Mitglied der sogenannten Bosbach-Kommission, die für die Landesregierung Defizite der inneren Sicherheit aufarbeiten soll. Seine Erlebnisse als Kripobeamter fasste der Ermittler in einem Buch zusammen („Der wahre Schimanski“). Insgesamt 20 Jahre war Sprenger beim für Todesfallermittlungen zuständigen KK 11 in Duisburg.

Kindestötungen häuften sich

Schwer zu schaffen machten ihm in diesen Zeit Fälle von durch Misshandlungen gestorbener Kinder. Sprenger habe dabei durchaus „gelitten“, erinnert sich Holger Haufmann. „Bei aller Professionalität und aller fachlichen Kompetenz - er war ein Herzensmensch.“

Im Jahr 2005, in dem sich in Duisburg solche Fälle häuften, sei Sprenger zu der Erkenntnis gelangt, dass viele dieser Kinder noch leben könnten, wenn Ärzte das Wissen über ihre jungen Patienten weitergeben dürften (Datenschutz!). Angehörige versuchen immer wieder, Missbrauch und Misshandlungen zu vertuschen, indem sie mit ihren Kindern zu wechselnden Ärzten gehen.

Mit dem Kinder- und Jugendarzt Dr. Ralf Kownatzki gründete Sprenger daraufhin das Informationssystem „RisKids“, er schrieb Bücher zum Thema, zuletzt im vergangenen Jahr „KinderLos“.

Stets im Frühjahr flog er zum Radfahren nach Mallorca. Heinz Sprenger galt als topfit. Er hinterlässt eine Frau und zwei erwachsene Söhne, von denen einer selbst Polizist geworden ist.