Duisburg. Duisburgs einziger Schutzraum liegt unter der Fußgängerzone. Wie Katastrophenschütze den Bunker nutzen und wie es in dem Lost Place aussieht.

Unter dem König-Heinrich-Platz befindet Duisburgs einziger öffentlicher Schutzraum: Ein 250 Meter langer, 20 Meter breiter und 19 Meter hoher Lost Place. Er sollte rund 4500 Duisburgern Schutz bieten, das entsprach vor 50 Jahren nicht mal einem Prozent der Bevölkerung.

Der Bunker wurde in der Hochphase des Kalten Krieges von 1970 bis 1974 geplant, aber erst 20 Jahre später für rund zwölf Millionen Mark fertiggestellt. Schuld daran waren ständige Verzögerungen beim Bau der U-Bahn und der Straßenbahnhaltestelle König-Heinrich-Platz.

Anfang der 90er Jahre hatte sich die weltpolitische Gesamtlage aber so weit entspannt, dass der Bedarf nicht mehr da war. Erst der Angriffskrieg gegen die Ukraine hat das Thema Zivilschutz wieder auf die Tagesordnung geholt.

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Schutzbau in Duisburg würde heute keinen Schutz mehr bieten

Der unterirdische Komplex reicht unter der Königstraße vom Gerichtsgebäude bis zum Lifesaver-Brunnen. Für den Ernstfall wurden damals Decken vorgehalten, Windeln, Kinderbekleidung und haltbare Lebensmittel. Ein Schiffsmotor hätte zur Not den Strom produziert, dazu hätte man einen Tank mit 35.000 Litern Diesel befüllen können. Eine Woche hätte es gebraucht, um den Schutzraum einsatzbereit zu machen.

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Ein Brunnen mit Pumpen sollte die Wasserversorgung sichern, ein Kurbel-Telefon die Kommunikation nach draußen aufrecht erhalten.

Zwei Notküchen und ein Krankenliegeraum

Zwei Notküchen hatten die damaligen Planer mit einberechnet, außerdem einen Krankenliegeraum mit 90 Plätzen. Der verfügbare Raum pro Person: 1,24 Quadratmeter. Küchengeräte oder ähnliche Ausrüstungsgegenstände seien nie geliefert worden, daher war der Bunker nie vollständig einsatzbereit, sagt Stadtsprecher Falko Firlus.

Die Duisburger, die einen Platz ergattert hätten, wären rund zwei Wochen in dem Bunker sicher gewesen. Herabfallende Trümmer, radioaktive Strahlung, Brände, biologische oder chemische Kampfmittel – all das sollte dem Schutzbau in seiner Ursprungsversion nichts anhaben können.

Technik im Bunker wird nicht mehr gewartet

Sämtliche technischen Anlagen und Einrichtungen wie beispielsweise Luftfilter, Notstromaggregate oder Wasserversorgung werden jedoch seit 20 Jahren nicht mehr gewartet und sind entsprechend kaum noch nutzbar, betont Firlus.

Die Kontrolle der Schutzräume beschränke sich auf die Wartung der Brandschutzeinrichtungen und den Austausch defekter Leuchtmittel. Die Kosten für den Betrieb und nötige Reparaturen in Höhe von 20.000 Euro jährlich trägt der Bund. Duisburgs Katastrophenschützer lagern hier vor allem Notbetten. Diese könnten zur Unterbringung weiterer Flüchtlinge aus der Ukraine genutzt werden.

Schutzschicht des Bunkers für Aufzugschächte durchstoßen

Die Zivilschutzanlage am König-Heinrich-Platz in Duisburg wird aktuell als Lager der Katastrophenschützer genutzt. Betriebsbereit war sie nie. Die Straßenbahnen 901 und 903 sowie die U79 fahren durch den Bunker. Das Foto zeigt eine der Schleusentüren.
Die Zivilschutzanlage am König-Heinrich-Platz in Duisburg wird aktuell als Lager der Katastrophenschützer genutzt. Betriebsbereit war sie nie. Die Straßenbahnen 901 und 903 sowie die U79 fahren durch den Bunker. Das Foto zeigt eine der Schleusentüren. © Stadt Duisburg

Im Prinzip fährt jeder Fahrgast der DVG mitten durch den Bunker, Haltestelle und Anlage sind untrennbar miteinander verbunden: Die Bahnsteige waren als Teil des Schutzraums eingeplant, hier hätte ein Großteil der Betten Platz gefunden.

Auf der Ebene des Eingangsbereichs der DVG sollten 2000 Menschen Platz finden, an der Haltestelle der Linien 903 und U79 wären 1250 Bürger untergebracht worden und auf Ebene 3, wo die Linie 901 hält, noch mal 1250 Menschen.

Die vier Personenschleusen sind auf Höhe von Karstadt, am Amtsgericht, bei Mühlensiepen und an der Königstraße platziert worden.

Die Planer setzten auf Synergie-Effekte: Neben 3300 Betten sollten insgesamt 16 Straßenbahnen als Sitz- oder Liegeplatz fungieren. Dafür sollten die Bahnsteige mit Gleistoren an den Tunneleinfahrten und Tunnelausfahrten verschlossen werden. Die acht Tore sind seit Baumaßnahmen an Gleisen und Oberleitungen aber nicht mehr zu bewegen, sagt Stadtsprecher Falko Firlus.

Und auch sonst könnte das Bauwerk nicht mehr schützen, Brandschutzmaßnahmen machten Umbauten erforderlich. Und für die Aufzüge zu den Gleisen wurde die eigentliche Schutzschicht des Bunkers durchstoßen.

>> SO SIEHT DER BUNKER VON INNEN AUS

■ 2016 durften wir zuletzt in Begleitung der Feuerwehr den Bunker besichtigen. Davon haben wir eine Fotostrecke mitgebracht:

Bunker unter dem Duisburger König-Heinrich-Platz

Außen U-Bahnstation, innen Schutzraum. Im Kriegsfall hätet der U-Bahnhof König-Heinrich-Platz 4500 Menschen Schutz geboten.
Außen U-Bahnstation, innen Schutzraum. Im Kriegsfall hätet der U-Bahnhof König-Heinrich-Platz 4500 Menschen Schutz geboten. © Lars Heidrich / Funke Foto Services
Marcel Becker ist Sachbearbeiter Zivilschutz bei der Duisburger Feuerwehr und der
Marcel Becker ist Sachbearbeiter Zivilschutz bei der Duisburger Feuerwehr und der "Bunkerwart". © Lars Heidrich / Funke Foto Services
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Die Krankenstation. © Lars Heidrich / Funke Foto Services
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■ Viel verändert sich nicht, das meiste sah auch schon so aus, als wir 2008 für eine Reportage unter dem König-Heinrich-Platz unterwegs waren:

Platz für 4500 Menschen

Eine U-Bahn-Haltestelle mit integrierter Schutzanlage: der König-Heinrich-Platz in Duisburg.
Eine U-Bahn-Haltestelle mit integrierter Schutzanlage: der König-Heinrich-Platz in Duisburg. © Andreas Mangen
Unter der Erde verbirgt sich der Schutzbau König-Heinrich-Platz.
Unter der Erde verbirgt sich der Schutzbau König-Heinrich-Platz. © Andreas Mangen
In einem Katastrophenfall böte der Bunker 4500 Menschen einen sicheren Ort.
In einem Katastrophenfall böte der Bunker 4500 Menschen einen sicheren Ort. © Andreas Mangen
Die Schleuse: An der wird genau gezählt, wer hinein kommt und wieviele Menschen schon drin sind.
Die Schleuse: An der wird genau gezählt, wer hinein kommt und wieviele Menschen schon drin sind. © Andreas Mangen
Erst in den 90er Jahren wurde der Schutzbau fertiggestellt.
Erst in den 90er Jahren wurde der Schutzbau fertiggestellt. © Andreas Mangen
Mit den Planungen wurde indes schon weit früher begonnen - bereits Anfang der 70er Jahre.
Mit den Planungen wurde indes schon weit früher begonnen - bereits Anfang der 70er Jahre. © Andreas Mangen
Zehn Millionen D-Mark hat einst nur der Rohbau verschlungen.
Zehn Millionen D-Mark hat einst nur der Rohbau verschlungen. © Andreas Mangen
Im Bunker gibt es eine eigene Wasserversorgung.
Im Bunker gibt es eine eigene Wasserversorgung. © Andreas Mangen
Auch für einen potentiellen Stromausfall wird vorgesorgt.
Auch für einen potentiellen Stromausfall wird vorgesorgt. © Andreas Mangen
250 Meter misst der Bau in der Länge.
250 Meter misst der Bau in der Länge. © Andreas Mangen
Dabei ist die Infrastruktur nach wie vor in Schuss.
Dabei ist die Infrastruktur nach wie vor in Schuss. © Andreas Mangen
450 Kinder könnten im Ernstfall neu eingekleidet werden.
450 Kinder könnten im Ernstfall neu eingekleidet werden. © Christoph Lubbe
An der Schleuse.
An der Schleuse. © Stefan Kober
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Blicke nach draußen in die Sicherheit.
Blicke nach draußen in die Sicherheit. © Stefan Kober
Nur für's Foto dreht Volker Roeber an den Rädern. Der Zivil- und Katastrophenschutzbeauftragte der Duisburger Feuerwehr ist quasi der
Nur für's Foto dreht Volker Roeber an den Rädern. Der Zivil- und Katastrophenschutzbeauftragte der Duisburger Feuerwehr ist quasi der "Bunkerwart". © Stefan Kober
In sehr seltenen Abständen führt Roeber Besucher durch den Bunker.
In sehr seltenen Abständen führt Roeber Besucher durch den Bunker. © Stefan Kober
Insgesamt stehen 3.300 Betten bereit.
Insgesamt stehen 3.300 Betten bereit. © Stefan Kober
Alarm.
Alarm. © Stefan Kober
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Roggenschrotbrot ist noch reichlich vorhanden. Einige Vorräte hat Roeber letztens wegwerfen müssen - sie waren abgelaufen.
Roggenschrotbrot ist noch reichlich vorhanden. Einige Vorräte hat Roeber letztens wegwerfen müssen - sie waren abgelaufen. © Stefan Kober
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In diese Waschbecken... © Stefan Kober
... fließt kein Trinkwasser.
... fließt kein Trinkwasser. © Stefan Kober
Ein Raum mit 100 Betten ist immer für spezielle Notfälle vorbereitet.
Ein Raum mit 100 Betten ist immer für spezielle Notfälle vorbereitet. © Stefan Kober
"Für ,Kyrill'" wäre das eine Option gewesen", sagt Roeber. © Stefan Kober
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Staatsdecken.
Staatsdecken. © Stefan Kober
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Ordnung herrscht auch bei den Bett-Vorhängen.
Ordnung herrscht auch bei den Bett-Vorhängen. © Stefan Kober
Mit diesen Steingewichten wären Durchgänge geschlossen worden.
Mit diesen Steingewichten wären Durchgänge geschlossen worden. © Stefan Kober
Der Schutzbau in Duisburg ist einer der größten Deutschlands.
Der Schutzbau in Duisburg ist einer der größten Deutschlands. © Stefan Kober
Und Duisburgs letzter noch betriebener.
Und Duisburgs letzter noch betriebener. © Stefan Kober
Ein Geheimnis ist der Bunker nicht, doch kaum einer der Passanten ahnt, was sich hinter den Stahltüren verbirgt.
Ein Geheimnis ist der Bunker nicht, doch kaum einer der Passanten ahnt, was sich hinter den Stahltüren verbirgt. © Stefan Kober
Von außen völlig unscheinbar. Die Lüftungsschächte auf der Königstraße.
Von außen völlig unscheinbar. Die Lüftungsschächte auf der Königstraße. © Christoph Lubbe
Wirklich gebraucht worden ist der Schutzbau nie. Volker Roeber schließt ab in der Hoffnung, dass das noch lange so bleibt.
Wirklich gebraucht worden ist der Schutzbau nie. Volker Roeber schließt ab in der Hoffnung, dass das noch lange so bleibt. © Stefan Kober
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