Duisburg. Das Museum Küppersmühle in Duisburg zeigt eine Retrospektive des vor 20 Jahren verstorbenen Raimund Girke. Weiß war seine „Königin der Farben“.
Wohl kaum ein anderer Maler hat sich so mit Weiß auseinandergesetzt wie Raimund Girke. Wie intensiv er das malerische Potenzial der sogenannten Nichtfarbe, die für ihn „die Königin der Farben“ war, ausgelotet hat, zeigt zum 20. Todestag die Retrospektive „Klang der Stille“ im Museum Küppersmühle im Duisburger Innenhafen.
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Die mit 130 Werken sehr umfangreiche Ausstellung mit zahlreichen Leihgaben aus Museen und seiner Frau Karin Girke hat seine Tochter und Nachlassverwalterin Madeleine Girke zusammen mit MKM-Direktor Walter Smerling kuratiert. Sie rät, sich nicht gleich von den späten Bildern des 1930 bei Breslau geborenen und 2002 in Köln gestorbenen Raimund Girke in der großen Ausstellungshalle überwältigen zu lassen, sondern einen Besuch in den hinteren Kabinetten zu beginnen.
Dort zeigen Girkes Bilder aus den 50er Jahren, dass schon früh sein Interesse der Farbe galt, allerdings noch nicht der weißen. „Farben der Erde“ oder „Farbdickicht“ heißen die vergleichsweise kleinformatigen Bilder mit pastos aufgetragenen, zum Teil getropften Farbsträngen. Gegenständliches hat ihn da bereits nicht interessiert, gestisch-informell arbeitete Girke bereits, der in Hannover und Düsseldorf studiert hatte.
Drama „Kunst“: Ein weißes Bild bedroht die Freundschaft
„Mein Vater war immer ein Suchender“, sagt Madeleine Girke. Fragen von Textur und Struktur haben ihn bewegt. Ebenfalls zu den frühen Werken zählen die „Netzbilder“ in Grautönen mit ihren feineren Geflechten, aber auch mit dynamischem Duktus. Als Farbforscher hat er sich vor allem auf Erdtöne und Blau konzentriert, das von luftig bis intensiv reicht. Farben, die auch in fast allen späteren, weiß dominierten Bildern vorkommen. Denn die weißen Bilder sind eben nicht nur weiß.
Ein solches Girke-Bild hat übrigens die französische Dramatikerin Yasmina Reza zu ihrem 1994 uraufgeführten Stück „Kunst“ inspiriert, in dem drei Freunde in Streit geraten, weil sich einer für 200.000 Francs ein „weißes Bild mit weißen Streifen“ gekauft hat und die Freundschaft darüber zu zerbrechen droht. Bei der Uraufführung habe ein echter Girke auf der Bühne gestanden, sagt Tochter Madeleine, die das Stück sehr mag.
Die Rückkehr zur Geste
In den 60er Jahren verlässt er die Geste, verwendet die Spritzpistole und fordert mit dieser Zurücknahme die Wahrnehmung heraus. Ein ganzer Raum ist den nicht weiß dominierten Bildern Girkes gewidmet, hier experimentiert er mit der Uneindeutigkeit von Farben, was vor allem dann spannend wird, wenn man wechselweise in die nahezu monochromen Bilder eintaucht und sich die Farbwirkung dadurch verändert. Grau? Grün? Oder doch erdig? Ein konzentriertes Seherlebnis.
Doch schließlich kehrt der Maler zur Geste zurück – und wie. Mit dynamischem Duktus, von dem auch die Farbspritzer zeugen, fährt der breite Pinsel in „Aufsteigend stürzend“ über die Leinwand, lässt hinter dem leuchtenden Weiß die darunter liegenden Farbschichten fast verschwinden. Bis auf eine kleine Ecke, wo Girke „seine“ warmen Erdfarben sichtbar lässt. Und sie sogar herausstellt. „Weiß hilft den Farben strahlen“, sagt Madeleine Girke.
Was Weiß dem Maler bedeutet hat
Schließlich wird der „Klang der Stille“ anders, zumal die Dynamik des breiten Strichs große Energie vermittelt. Ein großer Raum voller großer Formate, kraftvoll und mindestens dreifarbig aufgetragen in Weiß, Blau- und Erdtönen bilden ein bewegtes Geflecht, das über die Grenzen der Leinwand hinaus weist. Wobei der groß gewachsene Girke aber nie über die Spannweite seiner Arme hinaus gegangen ist.
Was dem Maler Weiß bedeutet hat, beschrieb er so: „Weiß ist Ruhe und Bewegung, ist Aktivität und Passivität. Nicht Einengung und Starrheit, sondern Weite, Freiheit und Beweglichkeit.“ Empfindungen, die seine Bilder intensiv vermitteln.
>> DONNERSTAGS FREIER EINTRITT FÜR DUISBURGER
- Die Ausstellung bleibt bis zum 26. Juni im Museum Küppersmühle am Philosophenweg 55 im Innenhafen. Geöffnet mittwochs von 14 bis 18 Uhr, donnerstags von 11 bis 18 Uhr, an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr. Jeden Donnerstag freier Eintritt für Duisburger (gegen Vorlage des Personalausweises).
- Zur Ausstellung erscheint Ende April ein Katalog mit aktuellen Fotografien und einem Beitrag von „Zeit“-Herausgeber Florian Illies sowie einem Gespräch mit Kunstkritiker Peter Iden, geführt von Walter Smerling.