Duisburg. Die Mitarbeiter der Duisburger Firma „Born“ sind verzweifelt: Seit vier Monaten bekommen sie kein Geld mehr. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Die Mitarbeiter des alteingesessenen Betriebs „Born Kunststoffverarbeitung“ sind verzweifelt. Seit November haben die Beschäftigten keinen Lohn bekommen, Ansprechpartner seien für sie nicht zu erreichen gewesen. „Wir haben uns Geld bei der Familie geliehen. Wir müssen Miete zahlen, andere haben Kredite“, schildern Ender Kutlutas und Erdogan Öztürk. Einige von ihnen sind schon seit Jahrzehnten bei der Firma, die unter anderem die Kunststoffdeckel für einen namhaften Joghurt-Hersteller produzierte. Waren, muss man sagen, denn mittlerweile haben die meisten von ihnen gekündigt.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Beim Amtsgericht Duisburg wurde von zwei Beschäftigten einen Insolvenzantrag gestellt – auch eine Krankenversicherung hatte dem Amtsgericht bereits gemeldet, dass die Firma die Sozialversicherungsbeiträge für ihre Mitarbeiter nicht mehr abgeführt habe. Das Amtsgericht hat deshalb die Rechtsanwaltskanzlei Hammes beauftragt, ein Gutachten über die Lage des Unternehmens zu erstellen. Der zuständige Anwalt Mark Steh sagt auf Nachfrage unserer Zeitung: „Ich kümmere mich seit 20 Jahren um nichts anderes als Insolvenzen. Aber so etwas habe ich noch nicht erlebt.“

Einige Arbeitnehmer sind schon vor das Arbeitsgericht Duisburg gezogen

Er verschaffe sich derzeit einen Überblick über die Unterlagen. „Besonders tragisch ist, dass die Mitarbeiter so lange schon keinen Lohn erhalten haben.“ Einige Mitarbeiter hatten zudem Gütetermine beim Arbeitsgericht. Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt Sprecherin Sandra Krause: „Da für die beklagte Firma Born kein Vertreter zum Termin erschienen ist, ergeht ein sogenanntes ,Versäumnisurteil’.“ Dieses werde vom Gericht an die beklagte Firma zugestellt. Die Verantwortlichen haben dann eine Woche die Möglichkeit, Einspruch einzulegen. In diesem Fall würde das Verfahren weiter fortgesetzt.

Auch interessant

„Falls keiner Einspruch einlegt, ist das Versäumnisurteil bestandskräftig. Die Klägerseite hat sofort die Möglichkeit, mit dem von uns zugestellten Versäumnisurteil die Zwangsvollstreckung zu betreiben, also das Konto der Firma Born zu pfänden oder einen Gerichtsvollzieher zu beauftragen“, beschreibt Sandra Krause das Prozedere. Dafür müsste allerdings noch Geld vorhanden sein.

Investor und jetziger Geschäftsführer sagt: „Ich habe selbst 1,3 Millionen Euro verloren“

Im Impressum der Firmen-Internetseite ist noch Matthias Dehen als Geschäftsführer und Inhaber genannt. Für Nachfragen unserer Zeitung war dieser allerdings nicht erreichbar. Seit 15. Februar ist laut Amtsgericht Yurdaer Kök als Verantwortlicher im Handelsregister eingetragen. Dieser sagt: „Ich war im vergangenen Jahr nur Investor. Ich habe selbst 1,3 Millionen Euro mit der Firma Born verloren. Die Mitarbeiter sollen mal die Kirche im Dorf lassen. Eigentlich war der Betrieb schon im letzten Mai Pleite. Ich habe den Leuten ihren Lohn bar ausgezahlt“, berichtet Kök im Gespräch mit unserer Zeitung. „Das stimmt, ein Monatsgehalt haben wir bar bekommen“, bestätigen die Mitarbeiter.

Sie schildern allerdings auch, dass die Firma eigentlich genügend Aufträge habe und sie sofort weiter arbeiten könnten. Stattdessen stünden die Maschinen seit Wochen still. Yurdaer Kök widerspricht: „Mein Vorgänger hat Verträge abgeschlossen, bei denen die Firma bei jeder produzierten Kiste ein Minus gemacht hat.“ Auch seien die Rechnungen der Lieferanten nicht bezahlt worden. „Das habe ich alles nicht gewusst, als mich ein Bekannter als Investor zu dieser Firma gebracht hat.“ Er selbst stehe nun mit hohen Beträgen in der Kreide.

Auch interessant

Insolvenz-Spezialist Mark Steh wird dem Amtsgericht, nachdem er sein Gutachten erstellt hat, wohl empfehlen, das Insolvenzverfahren zu eröffnen. „Es war richtig, dass die Mitarbeiter gekündigt haben, damit sich für sie nicht noch mehr Rückstände anhäufen.“ Das Problem: Insolvenzgeld gibt es erst, wenn dem Arbeitsamt bekannt ist, dass eine Insolvenz droht. Bis dato galten die Mitarbeiter als normal beschäftigt. Mittlerweile sind aber einige Mitarbeiter beim Arbeitsamt vorstellig geworden. Das Insolvenzgeld wird allerdings nur für drei Monate rückwirkend ausgezahlt. Demnach hätten die Mitarbeiter in jedem Fall ein Monatsgehalt verloren, sollte bei dem Betrieb nichts mehr zu holen sein.

>> STAATSANWALTSCHAFT ERMITTELT

  • Inzwischen sind auch bei der Staatsanwaltschaft Duisburg Strafanzeigen in Zusammenhang mit der Firma Born eingegangen. „Diese begehren die Prüfung des Anfangsverdachts der Insolvenzverschleppung sowie des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt“, erklärt die Staatsanwältin Isabel Booz.
  • „Aufgabe der hiesigen Behörde ist es nunmehr zu prüfen, ob hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Begehung einer Straftat vorliegen.“