Duisburg. Die Diabetes-Selbsthilfegruppe Duisburg, die vor 52 Jahren gegründet wurde, sucht neue Mitglieder. Wie die Krankheit das Leben verändert.

Vor 52 Jahren wurde in Duisburg die Diabetes Selbsthilfegruppe gegründet. Eine der ersten überhaupt. Jetzt sucht die Gruppe, die sich immer am ersten Montag eines Monats im Café Museum im Kantpark trifft, neue Mitstreiter.

„In Spitzenzeiten waren wir mal über 40 Betroffene, die sich gegenseitig unterstützt und durch den regelmäßigen Erfahrungsaustausch Zuversicht und Hoffnung geschöpft haben“, erinnert sich Gruppengründer Jürgen Ohmann. Zurzeit sind es wegen der Corona-Beschränkungen gut 15 Diabetiker und Angehörige, die sich austauschen und mehr über Behandlungsmethoden, Therapien und neue Erkenntnisse wissen wollen, um besser mit der weit verbreiteten Krankheit umgehen zu können.

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Ohmann war seinerzeit Diabetes-Patient bei Prof. Dr. Platon Petrides im Bethesda-Krankenhaus. Der habe weit über die Grenzen des Stadt hinaus den Ruf eines „Diabetes-Papstes“ genossen, wie Ohmann sagt. Um nach der Diagnose und Behandlung nicht in ein mentales Loch zu fallen, riet Petrides seinem Patienten, eine Selbsthilfegruppe mit Gleichgesinnten ins Leben zu rufen.

Zunächst hatten Hausärzte in Duisburg Vorbehalte

Ohmann fand Unterstützung bei Ulla Gastes, die Mitarbeiterin von Petrides und Diabetikerin war. Gemeinsam machten sie sich daran, andere Leidensgenossen zur Hilfe durch Selbsthilfe zu ermuntern. Gastes hat sich zudem viele Jahre auf Bundesebene dafür eingesetzt. Damals, so blicken sie zurück, wurde die Gruppe nicht überall akzeptiert. Hausärzte hatten die Befürchtung, dass eine Selbsthilfegruppe den Anspruch habe, selbst die besseren Mediziner zu sein.

1970 gründete Jürgen Ohmann die Diabetes Selbsthilfegruppe, der in Spitzenzeiten über 40 Betroffene angehört haben.
1970 gründete Jürgen Ohmann die Diabetes Selbsthilfegruppe, der in Spitzenzeiten über 40 Betroffene angehört haben. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Diese Vorbehalte waren unbegründet. Im Gegenteil, das Miteinander in der Gruppe wurde geschätzt und heute arbeitet man Hand in Hand mit den Ärzten. Gerade Menschen, die mit zunehmendem Alter an Diabetes erkranken, bräuchten zusätzlich zur medizinischen Behandlung „Rückendeckung für Kopf, Geist und Seele“. Denn die Angst vor Folgekrankheiten wie Organversagen oder Amputationen sei groß.

Diabetiker müssen sich auf ein neues Leben einstellen

Wer an Diabetes erkranke, müsse faktisch von heute auf morgen das Leben umstellen, so Ulla Gastes. Das betreffe die Ernährung, die Kontrolle des Blutzuckerspiegels, den Umgang mit Medikamenten, Spritzen oder Insulinpumpen und vieles mehr. Beratungs- und Seminarangebote der Selbsthilfegruppe werden deshalb gerne in Anspruch genommen. Aber auch, sich „die Seele vom Leibe reden“ können sei wichtig.

Die Duisburger Gruppe ist kein eigener Verein, sondern dem Bezirksverband Niederrhein im Landesverband NRW der Deutschen Diabetes-Hilfe (DHH) angeschlossen. Es gibt für die Gruppe auch keinen Vorstand oder eine Geschäftsordnung. Ullas Gastes ist Sprecherin und Koordinatorin. Wer sich in der Gruppe informieren will, muss auch nicht zwangsläufig Mitglied der DHH sein, betont Georg Schmidt, der 2. Vorsitzender im Bezirksverband Niederrhein ist.

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Wenn sich die Corona-Lage nachhaltig entspannt, will die Gruppe auch wieder Ausflüge unternehmen, sich an Gesundheitsmessen beteiligen oder Informationsveranstaltungen anbieten. Auch deshalb hofft Ulla Gastes auf neue Mitglieder – unabhängig vom Alter. Sie gibt gerne nähere Auskünfte unter der Mülheimer Rufnummer 0208 59 38 00. Oder sie empfiehlt: „Einfach mal am ersten Montag eines Monats um 18 Uhr ins Café Museum kommen.“

>>ZWEI ARTEN VON DIABETES KOMMEN HÄUFIG VOR

  • Zwei Arten von Diabetes kommen häufig vor. Typ 1 tritt vor allem im Kindes- und Jugendalter auf und ist eine Autoimmunerkrankung: Die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse werden zerstört. Das führt zu einem starken Anstieg des Blutzuckers. Diabetiker mit Typ 1 benötigen eine lebenslange Therapie mit Insulin-Injektionen.
  • Die Ernährung sollte auf die Insulindosierung abgestimmt sein. Mithilfe von Broteinheiten (BE) können Betroffene errechnen, wie viel Insulin sie spritzen müssen, damit der Blutzucker bis zur nächsten Hauptmahlzeit wieder im angestrebten Bereich liegt.
  • Diabetes Typ 2 tritt meist nach dem 40. Lebensjahr auf. Die Bauchspeicheldrüse produziert zwar Insulin, aber die Körperzellen verlieren ihre Empfindlichkeit für das Hormon, was zu höherer Insulinproduktion führt. Häufig kann das mit einer Ernährungsumstellung oder Tabletten behandelt werden, bei fortschreitendem Krankheitsverlauf müssen Patienten ebenfalls Insulin spritzen.